5. Juni 2016

Lehrerverein Baselland überarbeitet Initiative

Zurzeit wird das Baselbiet mit Initiativen zum Bildungswesen regelrecht überflutet. Doch nicht jede der Initiativen ist über alle Zweifel erhaben. Selbst der Lehrerverein erkennt ein Problem seiner Initiative – ein anderes bleibt aber bestehen.
Lehrer müssen ihre Initiative anpassen, bz Basel, 4.6. von Michael Nittnaus


Im Gegensatz zu jenen drei Initiativen zum Bildungswesen, die am morgigen Sonntag zur Abstimmung kommen, ist aber noch nicht bei allen klar, ob sie den Schritt an die Urne wirklich schaffen. So etwa bei der Initiative «Bildungsqualität für alle sichern! Stopp dem Raubbau an der Volksschule!», die der Lehrerverein Baselland (LVB) Mitte März lanciert hat. Die bz deckte vor zwei Monaten auf, dass starke Zweifel bestünden, dass die Initiative verfassungskonform ist. Der LVB musste am Ende zugeben, dass er sich selbst noch nicht sicher sei. Geschäftsführer Michael Weiss kündigte damals an, sie nochmals detailliert juristisch zu überprüfen.
Diese Überprüfung hat nun stattgefunden, wie Weiss auf Anfrage sagt. Und siehe da: Der LVB legt seinen Delegierten eine überarbeitete Version zur Genehmigung vor. «Die Initiative wurde von den Experten, die wir angefragt haben, unterschiedlich beurteilt», so Weiss. Deshalb habe man «einige Umformulierungen» vorgenommen.
Höhere Hürde für Bildungsfragen
Zur Erinnerung: Die Initiative fordert, dass der Landrat künftig nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit Änderungen an vier genau definierten Bildungsbereichen vornehmen darf: Bei den Richt- und Höchstzahlen für Klassen, den Kosten des Schulbetriebs, die auf die Erziehungsberechtigten übertragen werden dürfen, der Anzahl Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer sowie bei den Pflichtstundenzahlen und individuellen Vor- und Nachbearbeitungszeiten der Lehrer. Dies soll im Bildungsgesetz festgeschrieben werden. Betroffen wären alle Entscheide dieser Bereiche, egal ob sie auf Gesetzes-, Dekrets-, Verordnungsstufe oder auf Beschluss einer der Regierung untergeordneten Instanz anstehen.
Unter anderem der Baselbieter Rechtsprofessor Markus Schefer mahnte in der bz, dass ein neues Quorum wie das Zweidrittelmehr wenn, dann auf Verfassungsstufe festgeschrieben werden müsste. Zudem sei das Quorum «systemfremd», da die vier Bereiche kein Alleinstellungsmerkmal aufwiesen, das diese Sonderstellung rechtfertigte. Als problematisch taxierte Schefer ausserdem, dass der Landrat so über Verordnungen entscheiden würde. Diese sind eigentlich Regierungssache.
Rechtsprofessor bleibt kritisch
Genau dieses letzte Problem hat der LVB nun auch erkannt: «Die Vermischung der gesetzgeberischen Ebenen könnte rechtlich unzulässig sein und sollte daher vermieden werden», schreibt Weiss in der Erklärung zur neuen Fassung. Die Lösung: Jene zwei der vier Bereiche, die zurzeit noch in der Kompetenz der Regierung oder des Bildungsrates liegen, sollen neu auf Dekretsebene verankert werden. Denn dafür ist der Landrat zuständig. Dies betrifft die Anzahl Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer sowie die Pflichtstundenzahlen und individuellen Vor- und Nachbearbeitungszeiten der Lehrer.
Nicht rütteln möchte der LVB dagegen an der Forderung eines Zweidrittelmehrs. Dies sei laut ihrer Abklärung unbedenklich und für die Initiative «von zentraler Bedeutung». Nur so könne ein effektiver Schutz der vier definierten Bereiche gewährleistet werden. Von der bz auf die Änderungen angesprochen, zeigt sich Schefer weiterhin kritisch: «Das Problem bei der Gewaltentrennung würde mit der Verschiebung ins Dekret zwar tatsächlich behoben», sagt er, «doch wird das ganze Konstrukt dadurch noch widersprüchlicher.» Schliesslich würden in Dekreten explizit Regelungen festgehalten, die zu wenig wichtig oder zu detailliert fürs Gesetz oder gar die Verfassung seien. Schefers Schlussfolgerung: «Wenn also etwas extra im Dekret geregelt werden soll, dann rechtfertigt das erst recht kein spezielles Quorum bei den Landratsabstimmungen.» Wie schon bei seiner letzten Einschätzung kommt für Schefer nur infrage, alles auf Verfassungsstufe zu regeln. Aber: «Es wäre natürlich absurd, Lektionenzahlen in die Verfassung zu schreiben.»
Landeskanzlei stützt Lehrerverein
Weiss vom LVB gibt sich dennoch zuversichtlich, dass der kantonale Rechtsdienst die Initiative für rechtsgültig erklärt, sobald die nötigen Unterschriften gesammelt sind und die Initiative offiziell eingereicht ist. «Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es natürlich nie, aber wir haben alle nötigen Schritte dafür unternommen, dass es klappt.» Unter anderem habe man auch die Landeskanzlei um eine unverbindliche Einschätzung gebeten. Dieser sei das Quorum unproblematisch erschienen. Weiss sagt aber auch: «Das Problem der verschiedenen Ebenen wird immer auf Kritik stossen. Eine optimale Lösung gibt es nicht.»
Der LVB weiss, dass die Initiative sehr weit geht: «Durch die Ergänzungen wächst die Gefahr, dass sie als überrissen angesehen wird», so Weiss. Deshalb werden zwei Dinge abgeschwächt: Erstens soll nur noch die Gesamtzahl der Lektionen der kreativen Fächer durchs Quorum geschützt sein, was Verschiebungen innerhalb ermöglicht. Und zweitens wird nicht mehr die Anzahl Pflichtlektionen, sondern nur noch die Vor- und Nachbereitungszeit der Lehrer geschützt. Weiss: «Damit zeigen wir, dass es uns nicht bloss um die Eigeninteressen der Lehrer geht.»


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen