Die Kantone entlang der deutsch-französischen
Sprachgrenze gehen ihren Weg unbeirrt weiter. «Wir stehen voll und ganz hinter
unserer Strategie», betont der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver.
Gleiches gilt für seinen Stadtbasler Kollegen Christoph Eymann. Der Präsident
der Erziehungsdirektorenkonferenz spricht von einer mutigen und visionären
Idee.
Der Glaubenskrieg ums richtige Lehrmittel, Basellandschaftliche Zeitung, 24.6. von Daniel Ballmer
Das Fremdsprachenprojekt «Passepartout» strebt etwa
an, dass die Schüler Fremdsprachen spielerischer erlernen und sie ohne Angst
vor grammatikalischen Unkorrektheiten gebrauchen. Ab der dritten Klasse starten
sie mit Frühfranzösisch, ab der fünften Klasse kommt Frühenglisch dazu.
Seit einem Jahr wird in den sechs Kantonen Bern,
Solothurn, Freiburg, Wallis und den beiden Basel nun auch an der Oberstufe mit
neuen Lehrmitteln Französisch und Englisch unterrichtet. Dies nutzten die
beteiligten Regierungen gestern vor den Medien in Bern für eine Zwischenbilanz
und einen Ausblick. Fazit: Sie wollen vor allem bei den französischen
Lehrmitteln nachbessern.
«Das Projekt ist gescheitert»
Das hat seinen Grund: Die Kritik wird immer lauter.
Besonders in den beiden Basel ist der Widerstand gross. In Baselland wurden
Ende April gleich zwei Initiativen eingereicht für den Projektausstieg sowie
für das Verschieben der zweiten Fremdsprache auf die Sekundarstufe.
Den Schülern werde kein praxistauglicher Wortschatz beigebracht, kritisiert Initiant Jürg Wiedemann. Lehrer dürften bei falscher Schreibweise oder Aussprache nicht korrigieren. Die Lernstrategien überforderten die Kinder und verunmöglichten das Erreichen der Lernziele. «Die neuen Lehrmittel sind unbrauchbar, das Projekt gescheitert», bilanziert Wiedemann.
Den Schülern werde kein praxistauglicher Wortschatz beigebracht, kritisiert Initiant Jürg Wiedemann. Lehrer dürften bei falscher Schreibweise oder Aussprache nicht korrigieren. Die Lernstrategien überforderten die Kinder und verunmöglichten das Erreichen der Lernziele. «Die neuen Lehrmittel sind unbrauchbar, das Projekt gescheitert», bilanziert Wiedemann.
Auch in Basel-Stadt wird die Kritik lauter, wie
Regierungsrat Eymann diese Woche bei einer Orientierung am eigenen Leib
erfahren musste. Lehrpersonen und Eltern zeigen sich zunehmend besorgt. Ohne
fehlende Intensität des Unterrichts seien die Lernziele nicht zu erreichen.
Eymann dagegen verteidigte das Lehrmittel: Viele Eltern würden die neue
Methodik nicht verstehen, weil sie Fremdsprachen anders gelernt hätten.
Mittlerweile kritisieren auch Politiker eine mangelnde Einsicht der Regierung
und fordern, den eingeschlagenen Weg neu zu prüfen.
Regierungen bitten um Geduld
So weit wollen die sechs Erziehungsdirektoren nicht
gehen. Sie seien aber zu Korrekturen bereit, sagte der Solothurner Remo Ankli.
«Es braucht nun Ruhe, Geduld und Ausdauer», ergänzte die Baselbieter
Regierungsrätin Monica Gschwind. «Wir bieten dort Hand, wo es Verbesserungen
braucht.» Bereits fürs kommende Schuljahr wurden erste Ergänzungen erarbeitet.
Verstärkt wird etwa die Vermittlung grammatikalischer Kenntnisse.
Den Kritikern aber reicht das nicht: Es brauche
mehr als einzelne Nachbesserungen, sagt Wiedemann, der im Kanton Baselland
selber als Sekundarlehrer unterrichtet. «Das Problem ist systemisch. Es braucht
einen Übungsabbruch.» Freiwillig aber würden die Regierungen sicher nicht
soweit gehen. «Für sie wäre das der Super-GAU», sagt Wiedemann. Die
Erziehungsdirektoren müssten dann nämlich zugeben, «dass sie einen Riesenbock
geschossen und viele Millionen in den Sand gesteckt haben. Sie können nicht
mehr zurück.»
Erziehungsdirektor Pulver sieht das natürlich
anders: Die Nachbesserungen seien keine Bastelei an einem unausgereiften
Lehrmittel. Es werde gerade eben auf Kritik reagiert und das Lehrmittel
weiterentwickelt. Zudem ist bis 2018 eine Evaluation in Auftrag gegeben worden,
die den Erfolg der Methode überprüfen soll. Dann kommt der erste Jahrgang von
Schülern, die mit den neuen Lehrmitteln unterrichtet werden, aus der Schule.
«Wir wollen wissen, ob die Kinder unsere Ziele erreichen können», sagt
Gschwind.
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