25. Mai 2016

Zuger Komitee will Bildungsrat entmachten

Ein Komitee sammelt Unterschriften für die Anpassung des Schulgesetzes. Damit wird auch eine Hintertür für eine Volksabstimmung über den Lehrplan 21 geöffnet.
Komitee will Bildungsrat entmachten, Zuger Zeitung, 25.5. von Samantha Taylor

Dass sich gegen den Lehrplan 21 Widerstand regt, ist seit einiger Zeit bekannt. So formierte sich im September ein Komitee, das sich gegen eine allfällige Umstellung auf den Lehrplan 21 wehren will. Unter dem Titel «Gute Schule Zug» haben sich rund 12 Personen zusammengefunden, um «die Einführung des sozialromantischen, realitätsfernen Bildungsexperimentes Lehrplan 21 auch im Kanton Zug nachhaltig zu verhindern», heisst es auf der Homepage. Geleitet wird das Komitee von Willi Vollenweider. Der Zuger sitzt für die SVP im Grossen Gemeinderat der Stadt Zug und als Fraktionsloser im Kantonsrat. Das Komitee will nun Nägel mit Köpfen machen. Mit dem Titel «Ja zu guten Schulen Zug – Lehrplan 21 vors Volk» lanciert es eine Volksinitiative. «Alles ist vorbereitet, und wir werden wohl in rund zwei Wochen mit dem Sammeln von Unterschriften beginnen», sagt Willi Vollenweider.

Kantonsrat soll entscheiden
Das Ziel der Volksinitiative ist in erster Linie nicht – anders als es der Titel verspricht –, eine Abstimmung über den Lehrplan 21 zu erreichen, sondern das Komitee will das Bildungsgesetz anpassen. Dies dahingehend, dass die Gestaltung von Lehrplänen «grundsätzlich demokratisiert» werde, wie Vollenweider ausführt. Der Kernpunkt der Initiative liegt denn auch in zwei Ergänzungen zum heutigen Gesetz. So verlangt das Komitee, dass «der Regierungsrat oder eine von ihm beauftragte Kommission die Lehrpläne und Stundentafeln erstellt». Diese seien dann jeweils vom Kantonsrat zu genehmigen und unterstehen dem fakultativen Referendum. Ausserdem sollen Struktur- und Modelländerungen im Schulsystem ebenfalls vom Kantonsrat genehmigt werden, womit auch sie dem fakultativen Referendum unterliegen.

Gemäss heutigem Gesetz gestaltet und bestimmt der Bildungsrat über Lehrpläne und Stundentafeln. Das Gremium besteht aus sieben Mitgliedern, die vom Regierungsrat für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt werden. Der Bildungsdirektor ist von Amtes wegen Präsident des Bildungsrates.

«Hinter verschlossenen Türen»
«Die Entscheidungen des Bildungsrates sind heute nicht anfechtbar. Der Entscheidungsprozess läuft hinter verschlossenen Türen ab», kritisiert Willi Vollenweider und ergänzt: «Der Bildungsrat agiert in der Dunkelkammer.» Aus diesem Grund wolle man den Kantonsrat mit den Entscheidungskompetenzen ausstatten. Das würde auch in anderen Kantonen so angestrebt. Mit dieser Kompetenzverschiebung würde das allgemeine Mitspracherecht bei Anpassungen in der Bildung erhöht. «Vor allem entsteht so die Möglichkeit, das Volk vermehrt einzubinden. Denn gegen einen Kantonsratsbeschluss kann das fakultative oder das Behördenreferendum ergriffen werden», führt Vollenweider weiter aus.

Änderung rückwirkend
Genau darauf will das Komitee hinaus. Mit der Initiative soll nämlich der Weg für eine Volksabstimmung über den Lehrplan 21 bereitet werden. Das Komitee will die Gesetzesänderung rückwirkend auf den 1. Januar 2015 einführen. Kommt die Initiative zu Stande und wird sie vom Volk angenommen, dann müsste voraussichtlich der Kantonsrat über den Lehrplan 21 befinden beziehungsweise diesen überarbeiten. «Je nachdem, was dabei herauskommt, könnte dann das Referendum ergriffen werden», so Vollenweider.
Neben der Kompetenzenverlagerung wollen die Initianten auch die Kantonshoheit stärken, wie sie ausführen. So soll im Schulgesetz neu festgehalten werden, dass die Jahrgangsziele aufeinander abzustimmen seien und nach Möglichkeit interkantonal koordiniert werden sollen. Interkantonale Vereinbarungen seien jedoch auch vom Kantonsrat zu genehmigen. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine interkantonale Harmonisierung. Aber wir wollen nicht, dass uns von Bern aus die Lehrpläne diktiert werden. Die Bildungshoheit muss im Kanton verbleiben», so Vollenweider.

«Wenig sinnvoll»
Das Vorhaben des Komitees ruft bereits Kritiker auf den Plan. So stellt sich etwa die Schulpräsidenten-Konferenz des Kantons Zug (SPKZ) gegen die Initiative. Vor allem die Kompetenzverschiebung vom Bildungsrat zum Regierungs- und Kantonsrat erachtet die SPKZ als wenig sinnvoll, wie er in einem Papier festhält. Die Erstellung von Lehrplänen sei eine komplexe Arbeit, welche von Fachpersonen sorgfältig und breit abgestützt ausgeführt werden müsse. «Eine politische Behörde mit der Erarbeitung eines anspruchsvollen Fachdokuments zu beauftragen, würde die Zuständigkeiten auf den Kopf stellen. Es wäre vergleichbar mit dem Auftrag an den Regierungsrat, ein Reglement für die Erstellung einer Betonmischung für die optimale Statik von Autobahnbrücken zu erstellen und dieses dann durch den Kantonsrat genehmigen zu lassen», führt die SPKZ weiter aus. Sollte es so weit kommen, dass der Kanton durch die Absetzung des Lehrplans 21 einen eigenen kantonalen Lehrplan erarbeiten müsste, würde das zudem zu hohen Kosten führen. Die SPKZ geht von zweistelligen Millionenbeträgen aus. Bezüglich der Modell- und Strukturänderungen, über die neu auch der Kantonsrat befinden soll, bringt die SPKZ an, dass diese Forderung obsolet sei, da das Parlament schon heute über das Schulgesetz entscheide. Darin würden die Strukturen und Modelle festgelegt.


Bildungsdirektor Stephan Schleiss sieht der Initiative gelassen entgegen. «Sie wird die Gelegenheit bieten, den Lehrplan 21 im Kanton zu diskutieren. Eine gute Debatte ist ein wichtiger Beitrag zu einer guten Lösung, besonders im Schulwesen», so Schleiss. Der Bildungsdirektor betont zudem, dass der Regierungsrat zum Lehrplan 21 «Ja, aber» gesagt habe. Schleiss: «Eigenheiten müssen möglich bleiben. Die geplante Einführung auf das Schuljahr 2019/20 ermöglicht ein behutsames Vorgehen unter Einbezug der Erfahrungen anderer Kantone.» 

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