9. Mai 2016

Informatikraum hat ausgedient

Erwin Sommer, Vorsteher des Amtes für Kindergarten und Volkshochschule, spricht über die Empfehlungen der Erziehungs­direktion an die Gemeinden in Sachen Computerinfrastruktur.













Erwin Sommer ist Vorsteher des Amtes für Kindergarten und Volksschule, Bild: Olaf Nörrenberg
"Ein starrer Informatikraum ist nicht mehr zeitgemäss", Langenthaler Tagblatt, 9.5. von Christoph Buchs


Weshalb müssen heutzutage bereits Grundschüler mit Laptops ausgerüstet werden?
Erwin Sommer: 
Ein «starrer» Informatikraum mit einer Reihe von fixen PC-Arbeitsplätzen ist nicht mehr zeitgemäss. Deshalb empfehlen wir von der Erziehungsdirektion den Gemeinden, dass sie an ihren Schulen eher in einen Wireless-Internetzugang investieren sollen.

Weshalb ist ein Informatikraum nicht mehr zeitgemäss?
Für gewisse Arbeiten – gerade was die Informatikausbildung angeht – mag ein solcher Raum durchaus noch immer seinen Zweck erfüllen. Aber um sich zu informieren und zu lernen, für die Recherche und als Vorbereitung beispielsweise von Vorträgen soll der Schüler nicht jedes Mal in den Informatikraum rennen müssen. Dasselbe gilt für die Lehrpersonen. Notebooks und Tablets sind nun mal beweglicher und machen einen flexibler.

Die Erziehungsdirektion gibt also bloss eine Empfehlung ab, aber keine obligatorisch umzusetzende Vorgabe?
Genau. Im Kanton Bern übernimmt der Kanton 70 Prozent der Löhne für das Lehrpersonal, die Gemeinden die restlichen 30. Dafür sind die Gemeinden für die Infrastruktur zuständig. Da gehören die Lehrmittel dazu.

Was sagen Sie zum neuen ICT-Konzept der Schule Ringgenberg?
Diese Gemeinde ist gut unterwegs. Sie hat unsere Idee umgesetzt, dass die Kinder mit einem eigenen Gerät arbeiten können. Ausserdem kommt bei diesem Beispiel ein grosser Teil des in die Infrastruktur investierten Geldes direkt den Kindern zu – auch dies ist ein Ziel der Erziehungsdirektion.

Welche Gemeinden können Sie weiter als gute Beispiele in Sachen ICT-Konzept erwähnen?
Das Oberstufenzentrum Worbboden in Worb hat professionelle und voneinander getrennte Netzwerke für Schüler, Lehrer und Gäste eingerichtet. Ebenfalls fortschrittlich ist Huttwil mit seinen Google-Chromebooks. Auch diese Geräte werden den Kindern persönlich abgegeben. Sigriswil hat seine Schüler mit Samsung-Tablets ausgerüstet. Diverse weitere Schulen sind, wie Ringgenberg, eine Partnerschaft mit HP eingegangen. Wohin dieser Weg führt und wie viele Gemeinden diesen Beispielen folgen, wissen wir noch nicht. Wir streben aber an, dass der Erziehungsdirektor Bernhard Pulver noch in diesem Sommer die neuen offiziellen Empfehlungen abgeben kann.

Mit dem Lehrplan 21, der schrittweise ab Sommer 2018 eingeführt werden soll, kommt das neue Fach «Medien und Informatik» auf den Stundenplan. Wie würden Sie dieses Fach näher beschreiben?
Den Schülern soll ein umfassender Umgang mit den sozialen Medien, aber auch mit der Programmierung sowie dem Aufbau und der Funktionsweise von informationsverarbeitenden Systemen vermittelt werden. Zudem lernen die Schüler in mehreren Fächern – unter anderem Deutsch und Mathematik –, wie sie Programme beispielsweise für Lebensläufe oder Vorträge nutzen können. Für dieses Fach werden auch die Lehrpersonen an der Pädagogischen Hochschule Bern intensiv geschult.

Stichwort Programmierung – werden nun aus allen Schülern also kleine Informatiker?
Nein, nein. Aber das Fach soll die Welt der Computer zeigen und den Kindern eine Ahnung geben. Wichtig sind auch Chancen und Risiken der Mediennutzung: Was heisst es beispielsweise, wenn ich für meine 100 Facebook-Freunde sichtbar ein verfängliches Bild poste und all meine Freunde das gleiche Bild jetzt ihren jeweiligen 100 Freunden zeigen? Der Datenschutz ist ein zunehmend wichtiger Faktor.


Neben diesem neuen Fach kommen die Geräte aber auch im «gewöhnlichen» Unterricht zum Einsatz.
Man soll diese Möglichkeiten nützen. Ausschliesslich digitaler Unterricht wäre hingegen nicht optimal. Originale Begegnungen von Mensch zu Mensch braucht es weiterhin.

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