24. Mai 2016

Geheimkabinett EDK

In der politischen Landschaft der Schweiz haben sich seit vielen Jahrzehnten die sogenannten Direktoren-Konferenzen etabliert. Innerhalb dieser Konferenzen nahm die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) in den letzten Jahren zunehmend eine herausragende Rolle ein. Basierend auf dem Schulkonkordat von 1970, welches die rechtliche Grundlage für die EDK bildet, bemühen sich die für Bildung, Kultur und Sport verantwortlichen Regierungsrätinnen und -räte um die Harmonisierung im nationalen Bildungswesen. Seit der Abstimmung vom 21. Mai 2006 zum Bundesbeschluss über die Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung sieht sich die EDK in ihrer Rolle bestärkt, einen zentralen Einfluss zu nehmen auf das schweizerische Bildungswesen. 
Interpellation Peter Brotschi (CVP, Grenchen) Kantonsrat Solothurn, 18.05.2016) 

Grundsätzlich ist dem nichts entgegenzuhalten. Es muss allerdings klar festgehalten werden, dass die EDK in keiner Verfassung verankert ist. Ihre Mitglieder sind zwar vom jeweiligen Souverän gewählt und in den einzelnen Kantonen ihrem Parlament Rechenschaft schuldig. Aber in ihrer Gesamtheit, als „Gremium EDK“, sind die Bildungsdirektorinnen und -direktoren keiner demokratischen Kontrolle unterzogen. Die Konferenz ist weder gegen „oben“ (Eidg. Parlament) noch gegen „unten“ (kantonale Parlamente) zu irgendwelcher Rechenschaft verpflichtet. Die kantonalen Parlamente sind einzig für die Gutheissung der Finanzen zuständig, welche der EDK überhaupt die Arbeit ermöglichen. Auf der Gegenseite sind aber die Protokolle von niemandem einsehbar, obwohl die Konferenz in den Bildungsfragen sehr mächtig geworden ist. Nicht selten hört man ja in den kantonalen Parlamenten das Argument, dass man in den Kantonen keine grosse Wahl mehr habe zu einer Vorlage, da sie im Grundsatz von der EDK gutgeheissen worden war. Diesbezüglich prominentes Beispiel ist der Beschluss der EDK zu den Frühfremdsprachen aus dem Jahr 2004. Der Erstunterzeichner dieser Interpellation gelangte per Mail an das Generalsekretariat der EDK mit der Bitte, ihm den Protokollauszug jener Sitzung der D-EDK zuzustellen, als sie den Lehrplan 21 genehmigte. Der Geschäftsleiter der EDK verweigerte dies mit dem Hinweis, dass weder die Verhandlungen noch die Protokolle öffentlich seien. Auch beim Nachhaken weigerte sich der Geschäftsleiter, Einsicht in das Protokoll zu gewähren. Der Interpellant wurde darauf verwiesen, dass er sich mit den im Internet publizierten Medienmitteilungen der EDK begnügen müsse. Da bleibt die Feststellung, dass die EDK richtiggehend ein Geheimkabinett ist. Der Lehrplan 21 ist nur einer von vielen Beschlüssen, bei denen wegen fehlender Einsicht in die Protokolle keine Rückverfolgung der politischen Diskussionen möglich ist. Aber der LP 21 wird – sollte er in den Kantonen eingeführt werden, wie es ja der Wille der EDK ist – in den nächsten Jahrzehnten Hunderttausende Kinder und Zehntausende Lehrerinnen und Lehrer „beschäftigen“ und letztlich auch gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Auswirkungen auf die Schweizerische Eidgenossenschaft haben. Vor diesem Hintergrund ist es von allgemeinem öffentlichem Interesse, wie die in der D-EDK vertretenen Regierungsrätinnen und –räte im Entscheidungsfindungsprozess über den Lehrplan 21 diskutiert haben. Aber auch ganz generell, unabhängig von der aktuellen Vorlage des LP 21, sollte die politischen Diskussionen in der EDK viel transparenter werden. In den Medienmitteilungen wird nur kommuniziert, was die EDK beschlossen hatte. Von grossem demokratischem Interesse ist aber, wie ein Beschluss zustande gekommen ist. Ein weiterer Sachverhalt, der nicht zu den Spielregeln und Gepflogenheiten unseres demo- kratischen Systems passt, ist der Umgang der EDK mit ihren Finanzen. Sie publiziert jedes Jahr einen Jahresbericht und mit diesem die Jahresrechnung. Aber nie einen Voranschlag für das folgende Jahr. Dazu kommt, dass die EDK jedes Jahr ein stattliches Plus macht. Für das Jahr 2014 waren es 2.5 Millionen Franken. Das Gesamtvermögen der EDK beläuft sich per Ende 2014 auf über 10 Millionen Franken. Und es gibt kein Reglement, in dem festgelegt wird, wie die EDK ihre Überschüsse zu verwenden hat. Deshalb gelange ich mit der höflichen Bitte an den Regierungsrat um Beantwortung der folgenden Fragen: 1. Wie bewertet der Regierungsrat die Tatsache, dass die Protokolle der EDK für die Kantonsparlamente nicht einsehbar sind? 2. Ist der Regierungsrat bereit, die Protokolle der EDK im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Genehmigung des Lehrplans 21 zumindest der Bildungs- und Kulturkommission vorzulegen? 3. Ist der Regierungsrat bereit, sich in der Plenarversammlung als oberstes Gremium der EDK dafür einzusetzen, dass die Protokolle der EDK künftig von den Bildungskommissionen der kantonalen Parlamente eingesehen werden können? 4. Wie bewertet der Regierungsrat die Tatsache, dass die EDK keinen Voranschlag publiziert und inzwischen über 10 Mio. Franken angehäuft hat, für die es keinen definierten Verwendungszweck gibt? Gibt es hier aus Sicht des Regierungsrat Handlungsbedarf und wenn ja, welchen? 5. Ist der Regierungsrat bereit, sich in den entsprechenden Gremien dafür einzusetzen, dass die EDK ihre Reserven in einer Zeit knapper Kantonsfinanzen massiv reduzieren muss? Begründung 18.05.2016: Im Vorstosstext enthalten. Unterschriften: 1. Peter Brotschi, 2. René Steiner, 3. Peter M. Linz, Philippe Arnet, Beat Blaser, Roberto Conti, Jacqueline Ehrsam, Claudia Fluri, Walter Gurtner, Rudolf Hafner, Nicole Hirt, Beat Künzli, Fritz Lehmann, Hans Marti, Michael Ochsenbein, Leonz Walker (16)

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