Die
Zürcher Version des Lehrplans 21 geniesst die Unterstützung der schulischen
Verbände. Gerungen wird um Details – klugerweise in einem überblickbaren Kreis.
Umstritten ist die Stundentafel der Primarschüler, Bild: Christoph Ruckstuhl
Ohne die Lehrerschaft geht nichts, NZZ, 16.4. Kommentar von Walter Bernet
Nun liegt
er also vor, der an die Zürcher Verhältnisse leicht angepasste Lehrplan 21. Wie
viel ist doch in den letzten Jahren darüber geschrieben, wie laut von eher
wenigen geklagt worden! Und jetzt? Da sitzt die Zürcher Bildungsdirektorin
Silvia Steiner mit ihrer zuständigen Chefbeamtin vor den Medien, flankiert von
vier Vertreterinnen und einem Vertreter der wichtigsten schulischen Verbände,
und verkündet: «Ich bin von diesem Lehrplan total überzeugt.» Und niemand
widerspricht.
Es sind
nicht Zeichen und Wunder, die da geschehen, obwohl der Eklat vom März, als der
Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband sich aus den vorbereitenden
Arbeitsgruppen zurückzog, darauf hinweisen könnte. Der Konflikt, der sich vor
allem um die Ausgestaltung der nun beginnenden Vernehmlassung drehte, ist
erledigt. Was hinter der Einmütigkeit im Grundsätzlichen steht, ist nichts
anderes als eine realistische Sicht des Stellenwerts dieses Lehrplans. Die
Vorstellung, dass die Lehrerschaft ihre Lektionen mit dem Lehrplan auf den
Knien (oder dem Bildschirm) präpariert, ist absurd. Wirklich Einfluss auf den
Unterricht haben die Lehrmittel. Der Lehrplan 21 ist Grundlage für die
Erarbeitung der – zum grössten Teil bereits vorhandenen – Lehrmittel, sorgt für
die Verknüpfung der Fächer, schafft Orientierung und Transparenz für alle an
der Schule Interessierten und erleichtert die Mobilität zwischen den
Deutschschweizer Schulsystemen für Schüler und Lehrer. Mit Akzenten in den
Naturwissenschaften und der Informatik und mit der Kompetenzorientierung trägt
er Entwicklungen Rechnung, die wohl auch ohne Lehrplan in die Schulen Eingang
fänden.
Dass die
Lehrerschaft, die Schulleitungen und die Schulpräsidien sich hinter diese Ziele
stellen, ist allerdings eine zwingende Erfolgsbedingung. Ohne schulisches
Umfeld, das die Anliegen des Lehrplans mitträgt, geht gar nichts. Das zeigt
sich jetzt in den Differenzen um die Ausgestaltung der konkreten, die Fächer
gewichtenden Stundentafeln. Gerungen wird um Unspektakuläres: um etwas
Halbklassenunterricht mehr oder weniger, um die maximale Lektionenzahl für
Mittel- und Oberstufenschüler, um die Dotierung des Handarbeitsunterrichts.
Hier geht es um die Frage des Primats von pädagogischen Überlegungen oder von
finanzpolitischen Vorgaben. Sie ist eigentlich bereits entschieden: Am Prinzip
der Kostenneutralität wird kaum zu rütteln sein. So geht es in der
Vernehmlassung und der anschliessenden Anpassung der Stundentafeln vor allem
darum, einen tragbaren Ausgleich zu finden.
Auch wenn
zur Vernehmlassung unterschiedliche Organisationen und die politischen Parteien
eingeladen sind, kommt gerade bei diesen Feinjustierungen der Lehrerschaft eine
Schlüsselrolle zu. Sie weiss, worum es im Schulalltag geht. Die Rolle des
Widerparts dem politisch und gesellschaftlich austarierten Bildungsrat als
Expertengremium zu überlassen, ist angesichts des Vertrauen voraussetzenden
Prozesses sinnvoll. Bei aller Kritik der Lehrerverbände scheint dieser Weg
jetzt tatsächlich zum Ziel zu führen. Ob der Kantonsrat oder das Volk mitreden
sollen, wie es eine Initiative will, kann getrost später entschieden werden.
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