Interview mit Hanspeter Amstutz über die Zürcher Fremdsprachen-Initiative
"Jetzt müssen wir die Übung abbrechen", Tages Anzeiger, 27.2. von Daniel Schneebeli
Vor 10
Jahren hat das Volk die Abschaffung der zweiten Fremdsprache in der
Primarschule abgelehnt. Jetzt kommen Sie wieder damit. Warum diese Zwängerei?
Wir haben
schon damals gesagt, dass dieses Kurzfutterkonzept mit zwei Lektionen pro Woche
nicht funktioniert. Nun sind die versprochenen Erfolge ausgeblieben. Zudem
haben zwei neue Studien gezeigt, dass Jugendliche auf der Oberstufe eine
Fremdsprache schneller lernen als in der Primarschule. Für uns ist das heutige
Sprachenkonzept gescheitert. Die zweite Fremdsprache gehört an die Oberstufe.
Dass die
Kinder überfordert seien, haben Sie schon damals gesagt. Haben Sie auch neue
Argumente?
Nur hat
es damals niemand geglaubt, das ist heute anders. Die Schule muss schwächeren
Kindern vor allem Nachhilfe in den Fremdsprachen erteilen, was oft aufreibende
Sisyphusarbeit ist. Manche Eltern beklagen sich, dass ihre Kinder zu Hause nur
noch Fremdsprachen büffeln.
Wie
erklären Sie den Eltern der nicht überforderten Kinder, dass eine Sprache
gestrichen wird?
Es gibt
viele Bereiche, in denen man begabte Kinder genauso fördern sollte wie in den
Fremdsprachen, etwa in den Naturwissenschaften. Man kann ihnen sagen, dass die
Kinder die Fremdsprachen in den Niveauklassen der Oberstufe schneller lernen,
weil sie dort nicht von den Schwächeren gebremst werden.
Der
Kanton Zürich hat viele Millionen in die Ausbildung von Lehrern und in neue
Lehrmittel investiert. Wie erklären Sie den Stimmbürgern den Ausfall dieser
grossen Investitionen?
Für diese
Sprachenzwängerei sind einige damalige Bildungspolitiker verantwortlich. Jetzt
müssen wir die Übung abbrechen. Wenn ein Primarlehrer für zwei Wochenlektionen
fast so viel Ausbildungszeit wie eine Sprachlehrerin der Oberstufe investieren
muss, kommen andere wichtige Bereiche zu kurz.
Sie sind
Mitglied im Verein Schule mit Zukunft. Mit der Abschaffung der zweiten
Fremdsprache würden wir zurückkehren in die Schule der 80er-Jahre. Worin sehen
Sie die Zukunft dieses Schulmodells?
Die
Schule wird nicht zurückkehren in die 80er-Jahre, weil wir andere Aufgaben
anpacken müssen, zum Beispiel Medienkunde und Informatik.
Medienkunde
und Informatik ist vorgesehen mit Lehrplan 21, aber da sind Sie ja auch
dagegen.
Das hat
mit Lehrplan 21 nichts zu tun. Man muss in der Schule so oder so ein Gefäss für
Medienkunde schaffen.
Hanspeter
Amstutz Ehemaliger Seklehrer, EVP-Kantonsrat und Zürcher Bildungsrat.
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