15. März 2016

Strategien für die Bildungsdebatte

Die Schweizer Bildungsdebatte krankt. Die verantwortlichen Bildungspolitiker und deren Instanzen betrachten Kritik an ihren Projekten nicht als willkommene Rückmeldungen, die eine inhaltliche Debatte zum Wohle der Schule befeuern könnte, sondern als Einmischung. Wie anders ist es zu erklären, dass sich Lehrer nicht mehr getrauen, Stellung zu umstrittenen Projekten zu nehmen. Fritz Tschudi richtet sich nun direkt an die Akteure des Bildungswesens und ruft ihnen ihre eigentliche Aufgabe in Erinnerung. (uk)
Strategien für die Bildungsdebatte, 13.3. von Fritz Tschudi



Für die unbedingte, freiheitlich-offene Bildungsdebatte in unserem föderalen, direktdemokratischen Staatswesen drängen sich folgende Strategien auf:

  • Den Lehrerverbänden muss ihre statutarische Verantwortung in Erinnerung gerufen werden: Sie sind nach bestem Wissen und Gewissen Interessenvertretungen der Schule (Kinder) und der Lehrpersonen.
  • Reformprojekte sind erfahrungsgemäss nie problemlos, sondern kontrovers. Darum hat der Lehrerverband die Debatte in der Lehrerschaft vorrangig zu fördern und die Information in ausgewogener Berücksichtigung aller relevanten Sichtweisen vorzunehmen bzw. zu unterstützen.
  • In diesem Sinne sind die Pädagogischen Hochschulen daran zu erinnern, ihrer fundamentalen Verpflichtung zur wissenschaftlich gesicherten Lehre nachzukommen. Widersprüchliches, aber auch ideologisch begründete Lehrinhalte, sind offenzulegen und die Fachdebatte (in- und ausserhalb der Institution) zu fördern.
  • Sowohl Lehrerverbände  wie auch PH sollten deutlich machen, dass sie nicht per se den Ansprüchen der Bildungsbürokratie bzw. jenen der aktuellen Stossrichtung der Bildungspolitik verpflichtet sind. Es ist darum nicht zu akzeptieren, wenn sich diese Institutionen diskussionslos den Erwartungen der Hierarchie beugen. Es widerspricht der Grundausrichtung dieser Institutionen, wenn sich diese dem Anspruch auf offene Kommunikation und auf Debatten in Lehrerschaft und Öffentlichkeit respektlos verweigern.
  • Von den politisch und fachlich Verantwortlichen müssten (frühzeitig) klare, der Öffentlichkeit leicht zugängliche Statements vorliegen, welche das Reformvorhaben (aktuell der Lehrplan 21) überprüfbar und transparent begründen, bzw. problematisieren oder widerlegen
  • Den praktizierenden Lehrpersonen ist in Erinnerung zu rufen, dass auch ihnen das verfassungsmässige Grundrecht auf freie Meinungsäusserung zusteht. Öffentliche Interventionen, welche von der offiziellen Linie abweichende Meinungsäusserungen beinhalten, dürfen in keiner Weise (auch nicht versteckt oder subtil) sanktioniert werden. (Zu beachten ist das Loyalitätsprinzip.)

  • Die unerlässliche Notwendigkeit des kritischen und konstruktiven Mitdenkens in bildungspolitischen Fragen und speziell in der Schulpolitik ist der Lehrerschaft nachhaltig bewusst zu machen. Es muss jeder mündigen Lehrperson klar sein, dass unbequeme Debatten und geistige Teilhabe an Reformprojekten für die Qualität von Schule und Lehrerschaft essenziell sind. Das sind keine lästigen Ruhestörungen, die es zu vermeiden gilt!

1 Kommentar:

  1. Die Bildungspolitiker wollen mit dem Lehrplan 21 den angeblich autoritären Unterricht und damit die Lehrer abschaffen. Ihr Vorgehen trägt dabei selber höchst autoritäre, dogmatische und vorallem undemokratische Züge. Ihre "neue Lernkultur" würde die autoritäre neoliberale Schule bringen. Ein solches Verbrechen an der Zukunft unserer Kinder muss verhindert werden.

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