Im Kanton Bern wird der Lehrplan
21 definitiv
ab 1. August 2018 eingeführt - und zwar gestaffelt: Zunächst vom Kindergarten
bis zur 7. Klasse, bis 2020 auch in der 8. und 9. Klasse. An diesem Fahrplan
dürfte auch ein allfälliges Zustandekommen einer gegnerischen Volksinitiative
nichts ändern.
Ungeachtet des aufkommenden Widerstands wird am Fahrplan festgehalten, Bild: Valérie Chételat
Lehrplan gilt ab 1. August 2018, Bund, 18.3.
«Damit für alle
Beteiligten Klarheit herrscht», werde er die entsprechende Direktionsverordnung
zum gestaffelten Inkrafttreten des Lehrplans 21 noch vor den Sommerferien
unterschreiben, erklärte der bernische Erziehungsdirektor Bernhard Pulver am
Freitagmorgen vor den Medien.
Für die Lehrkräfte
dauert die Einführungsphase mit Weiterbildungen bis im Sommer 2022. Erst dann
wird von ihnen erwartet, dass sie vollumfänglich nach dem neuen Lehrplan
unterrichten. So soll sichergestellt werden, dass die Schulen für die Umsetzung
genügend Zeit haben.
Der neue Lehrplan stärkt
vor allem die Fachbereiche Deutsch und Mathematik sowie Medien und Informatik.
Die Lektionentafel sieht ab 2018 zwischen zwei und fünf zusätzliche Deutsch-
und Mathematiklektionen pro Woche vor. Neu wird an der Oberstufe eine Lektion
Medien und Informatik unterrichtet.
«Keine psychometrische
Vermessung»
Noch offen ist, wie die
Schulzeugnisse künftig aussehen sollen. Ein erster Entwurf, der in die Medien
gelangt war, hatte wegen der Bewertung von sozialen Kompetenzen für eine
Polemik gesorgt. Von einer «psychometrischen Vermessung», wie die Kritiker
behaupteten, könne keine Rede sein, betonte Pulver. «Wir werden keine
Charaktereigenschaften beurteilen lassen.»
Auch finde keine
Einschränkung der Methodenfreiheit statt. Diese werde im Lehrplan 21 im
Gegenteil explizit garantiert. Laut Pulver wird zum Beurteilungssystem bis im
Frühherbst noch eine Vernehmlassung durchgeführt.
Der grüne
Erziehungsdirektor betonte vor den Medien, dass der neue Lehrplan breit
abgestützt sei. Die Lektionentafel sei von mehr als 3000 Lehrpersonen,
Schulleitungen und Behördenmitgliedern diskutiert worden und insgesamt «auf
breite Akzeptanz» gestossen.
Initiative ohne Einfluss
auf Fahrplan
Der Grosse Rat
seinerseits habe in der Novembersession bei der Verabschiedung des Finanzplans
den Weg für die Einführung des Lehrplan 21 geebnet. Bereits 2014 hatte das
Kantonsparlament bekräftigt, dass die Kompetenz für die Einführung bei der
Regierung bleiben soll - und Vorstösse, die das ändern wollten, abgelehnt.
Nun wollen die
Lehrplankritiker, die von bürgerlich-konservativen Politikern unterstützt
werden, via eine Volksinitiative erreichen, dass der Grosse Rat und damit
letztlich das Volk über die Einführung von Lehrplänen befinden soll. Bis im
Juni will das Komitee die dafür nötigen 15'000 Unterschriften sammeln.
Falls
die Initiative zustande kommt, rechnet Pulver für den Sommer 2018 mit der
Volksabstimmung. Sagt das Volk Ja zur Initiative, müsste der Beschluss zum
Inkrafttreten des Lehrplans dem Kantonsparlament unterbreitetet werden.
Bei Ablehnung
«geordneter Ausstieg»
Gegen den
Grossratsbeschluss könnte wiederum ein Referendum ergriffen werden, was zur
Folge hätte, dass das Volk zirka 2020 über den Lehrplan 21 abstimmen würde.
Dass dieser zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren eingeführt sein wird,
sieht Pulver nicht als Problem. «Man hätte dann schon erste Erfahrungen damit»,
und die Stimmberechtigten könnten sich eine Meinung bilden.
Ein Volksnein zum
Lehrplan 21 würde aber aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zu einer
sofortigen oder gar rückwirkenden Ungültigkeitserklärung führen. In einem
solchen Fall würde es laut Pulver zu «einem geordneten Ausstieg» kommen.
Das Initiativkomitee
nahm am Freitag in einem Communiqué «zur Kenntnis», dass die
Erziehungsdirektion «ungeachtet des aufkommenden Widerstandes» die Einführung
des Lehrplans 21 vorantreibe. Die Initianten «lehnen jede Verantwortung dafür
ab», wenn es später heisse, jetzt sei schon so viel Geld investiert, dass eine
Ablehnung unverantwortlich sei.
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