17. März 2016

Baselbieter LVB-Initiativen verfassungskonform?

In seiner Berichterstattung stellt Thomas Dähler die Frage, ob die beiden lancierten LVB-Initiativen verfassungskonform seien.
Gegen die Schulreformen und die Uni, Basler Zeitung, 17.3. von Thomas Dähler



Der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland hat gestern in Pratteln die Lancierung von zwei Volksinitiativen angekündigt, mit denen Sparmassnahmen an den Volksschulen bekämpft werden sollen. Angestrebt wird mit der einen Initiative, dass Sparmassnahmen künftig die teuren Reformen und die Hochschulen treffen. Die andere Initiative will dem Regierungsrat, den Gemeinden und dem Bildungsrat Kompetenzen im Bildungsbereich entziehen und stattdessen Landratsentscheide mit Zwei-Drittel-Mehrheiten einführen. Die formulierten Gesetzesinitiativen haben allerdings die Vorprüfung durch die Landeskanzlei noch nicht bestanden.
Verlotterte Schulbauten
«Wir sind in grosser Sorge», erklärte Roger von Wartburg, Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins, gestern vor den Medien. Der Kanton Baselland könne für die Schulen eine adäquate Finanzierung nicht mehr sicherstellen. Deshalb strebe der Lehrerverein ein Bekenntnis der Stimmbevölkerung zu qualitativ guten Schulen an. «Die Schulen sind zu wichtig, als dass sie durch Sparmassnahmen beschädigt werden dürfen», sagte von Wartburg. Es gebe zu viele Schulhäuser in miserablem Zustand, zu viele Provisorien, zu schlecht isolierte Bauten sowie Infrastrukturen, die den heutigen Anforderungen, etwa im IT-Bereich, nicht genügten. Teilweise sei die Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Scheiben fielen aus dem Rahmen, Mäuse tummelten sich in Schulzimmern und es regne an mehreren Orten durchs Dach.
Der Kanton Baselland leiste sich dafür teure Hochschulen, vernachlässige aber den Unterbau. «Die Verhältnismässigkeit ist nicht mehr gewahrt», meinte der Lehrerpräsident und verwies auf die Neubauten der Fachhochschule Nordwestschweiz und der Universität Basel. Während die Universität ständig massiv teurer werde, spare der Kanton bei den Volksschulen, indem er Angebote streiche, Klassen zusammenlege, Kosten auf die Eltern abwälze und die Anstellungsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer verschlechtere. «Wir müssen dort sparen, wo der Schaden am geringsten ist», erklärte Geschäftsführer Michael Weiss die Stossrichtung der geplanten Initiativen. Der Kernartikel des einen Volksbegehrens lautet: «Der Kanton und die Gemeinden stellen genügend finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Qualität der Schulbildung nachhaltig zu garantieren. Sie gewährleisten bedürfnisgerechte Schulbauten sowie lehrplan- und lehrmittelgerechte Schuleinrichtungen.»
Die Initiative mit dem Titel «Unterrichtspraxis statt Dauerreform und Bildungsbürokratie! Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen!» stellt in der Hauptsache Sparvorgaben auf. Sie richtet sich gegen den Lehrplan 21, gegen die Früh-Fremdsprachen und gegen den Universitätsvertrag, ohne diese im Initiativtext ausdrücklich zu erwähnen. Die Regierung würde bei der Aushandlung eines neuen Univertrags und eines neuen Leistungsvertrags eingeschränkt.
Gespart werden soll bei der Bildung durch den Verzicht auf «neue überkantonale Bildungsprojekte», durch die Überprüfung der «Beteiligung an laufenden überkantonalen Bildungsprojekten» sowie durch eine anteilmässige Zuteilung der Sparbeträge an die einzelnen Bildungssparten, indem «nötigenfalls interkantonale Verträge durch Neuverhandlungen» anzupassen sind.
Mit der zweiten Initiative «Bildungsqualität für alle sichern! Stopp dem Raubbau an der Volksschule!» wird verlangt, dass in Teilen des Bildungsbereichs Landratsentscheide zwingend werden und mit einem qualifizierten Mehr von zwei Dritteln fallen müssen.
Verfassungskonform?
Konkret setzt die Initiative neue Hürden für Klassengrössen, für Kostenbeiträge von Schülern, für Stundentafeln und für die Pflichtstunden der Lehrkräfte. Das Begehren richtet sich damit gegen die gesetzlich verankerten Kompetenzen der Gemeinden, der Regierung und des Bildungsrats. Ausgehebelt würden über das Bildungsgesetz nicht etwa nur simple Gemeindeentscheide für Elternbeiträge, sondern auch vom Landrat gemäss Verfassung verabschiedete Gesetzesrevisionen zuhanden der Volksabstimmung.
Offen ist, ob die Initiativen verfassungskonform sind. Gemäss der Baselbieter Verfassung sind «unmögliche oder offensichtlich rechtswidrige Volksbegehren» für ungültig zu erklären.


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