Gegen die Schulreformen und die Uni, Basler Zeitung, 17.3. von Thomas Dähler
Der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland hat
gestern in Pratteln die Lancierung von zwei Volksinitiativen angekündigt, mit
denen Sparmassnahmen an den Volksschulen bekämpft werden sollen. Angestrebt
wird mit der einen Initiative, dass Sparmassnahmen künftig die teuren Reformen
und die Hochschulen treffen. Die andere Initiative will dem Regierungsrat, den
Gemeinden und dem Bildungsrat Kompetenzen im Bildungsbereich entziehen und
stattdessen Landratsentscheide mit Zwei-Drittel-Mehrheiten einführen. Die
formulierten Gesetzesinitiativen haben allerdings die Vorprüfung durch die
Landeskanzlei noch nicht bestanden.
Verlotterte Schulbauten
«Wir sind in grosser Sorge», erklärte Roger von Wartburg,
Präsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins, gestern vor den Medien. Der
Kanton Baselland könne für die Schulen eine adäquate Finanzierung nicht mehr
sicherstellen. Deshalb strebe der Lehrerverein ein Bekenntnis der
Stimmbevölkerung zu qualitativ guten Schulen an. «Die Schulen sind zu wichtig,
als dass sie durch Sparmassnahmen beschädigt werden dürfen», sagte von
Wartburg. Es gebe zu viele Schulhäuser in miserablem Zustand, zu viele
Provisorien, zu schlecht isolierte Bauten sowie Infrastrukturen, die den
heutigen Anforderungen, etwa im IT-Bereich, nicht genügten. Teilweise sei die
Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Scheiben fielen aus dem Rahmen, Mäuse
tummelten sich in Schulzimmern und es regne an mehreren Orten durchs Dach.
Der Kanton Baselland leiste sich dafür teure Hochschulen,
vernachlässige aber den Unterbau. «Die Verhältnismässigkeit ist nicht mehr
gewahrt», meinte der Lehrerpräsident und verwies auf die Neubauten der
Fachhochschule Nordwestschweiz und der Universität Basel. Während die
Universität ständig massiv teurer werde, spare der Kanton bei den Volksschulen,
indem er Angebote streiche, Klassen zusammenlege, Kosten auf die Eltern abwälze
und die Anstellungsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer verschlechtere. «Wir
müssen dort sparen, wo der Schaden am geringsten ist», erklärte Geschäftsführer
Michael Weiss die Stossrichtung der geplanten Initiativen. Der Kernartikel des
einen Volksbegehrens lautet: «Der Kanton und die Gemeinden stellen genügend
finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Qualität der Schulbildung nachhaltig
zu garantieren. Sie gewährleisten bedürfnisgerechte Schulbauten sowie lehrplan-
und lehrmittelgerechte Schuleinrichtungen.»
Die Initiative mit dem Titel «Unterrichtspraxis statt Dauerreform
und Bildungsbürokratie! Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das
Wesentliche einsetzen!» stellt in der Hauptsache Sparvorgaben auf. Sie richtet
sich gegen den Lehrplan 21, gegen die Früh-Fremdsprachen und gegen den
Universitätsvertrag, ohne diese im Initiativtext ausdrücklich zu erwähnen. Die
Regierung würde bei der Aushandlung eines neuen Univertrags und eines neuen
Leistungsvertrags eingeschränkt.
Gespart werden soll bei der Bildung durch den Verzicht auf «neue
überkantonale Bildungsprojekte», durch die Überprüfung der «Beteiligung an
laufenden überkantonalen Bildungsprojekten» sowie durch eine anteilmässige
Zuteilung der Sparbeträge an die einzelnen Bildungssparten, indem «nötigenfalls
interkantonale Verträge durch Neuverhandlungen» anzupassen sind.
Mit der zweiten Initiative «Bildungsqualität für alle sichern!
Stopp dem Raubbau an der Volksschule!» wird verlangt, dass in Teilen des
Bildungsbereichs Landratsentscheide zwingend werden und mit einem
qualifizierten Mehr von zwei Dritteln fallen müssen.
Verfassungskonform?
Konkret setzt die Initiative neue Hürden für Klassengrössen, für
Kostenbeiträge von Schülern, für Stundentafeln und für die Pflichtstunden der
Lehrkräfte. Das Begehren richtet sich damit gegen die gesetzlich verankerten
Kompetenzen der Gemeinden, der Regierung und des Bildungsrats. Ausgehebelt
würden über das Bildungsgesetz nicht etwa nur simple Gemeindeentscheide für
Elternbeiträge, sondern auch vom Landrat gemäss Verfassung verabschiedete
Gesetzesrevisionen zuhanden der Volksabstimmung.
Offen ist, ob die Initiativen verfassungskonform sind. Gemäss der
Baselbieter Verfassung sind «unmögliche oder offensichtlich rechtswidrige
Volksbegehren» für ungültig zu erklären.
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