15. Februar 2016

Intelligenz nicht bestrafen

Die Freiwillige Schulsynode (FSS) setzt sich mit dieser Abstimmungsvorlage zur freien Wahl der Wahlpflichtfächer für eine Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler in Basel-Stadt ein. Es geht darum, einen offensicht­lichen Systemfehler zu verhindern, bei dem ausgerechnet die Jugendlichen im leistungsstarken P-Zug krass benach­teiligt werden.
Um die Leistungen der kantonalen Schulabgänger tatsächlich zu stärken, braucht es deswegen am 28. Februar ein deutliches Ja zur freien Wahl der Wahlpflichtfächer.
Ja zur Initiative "für freie Wahl der Wahlpflichtfächer", Basler Zeitung, 15.2. von Jean-Michel Héritier, Präsident der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt


Stellen Sie sich vor, Ihr Kind besucht die Sekundarschule in Basel-Stadt. 30 Lektionen pro Woche sind im Stundenplan fest vorgeschrieben (Mathematik, Sprachen, Natur und Technik, Sport und Weiteres). Für die rest­lichen vier Wochenlektionen müssen die Jugend­lichen auswählen («Wahlpflicht»): Aus einem spannenden Angebot von insgesamt sieben Fächern dürfen sie dabei aber nur deren zwei belegen.

Anders als im Nachbarkanton Basel-Landschaft geniessen hier die städtischen Schülerinnen und Schüler im A-Zug und im E-Zug die volle Wahl­freiheit. So können sie beispielsweise Naturwissenschaften (Mint) und Sprachen (Lingua) als Wahlpflicht­fächer auswählen, wenn sie dies wollen. Als Alternative stehen ihnen gestalterische Fächer und Musik offen. Bei der zu treffenden Auswahl werden sie von ihren Lehrerpersonen im Sinne der sinnvollen beruflichen Orientierung allesamt persönlich beraten.

Doch ausgerechnet im P-Zug, dem leistungsstärksten aller drei Sekundarschulniveaus, werden die Schülerinnen und Schüler in diesem wegweisenden Prozess behindert. Hier ist die ­Auswahl zusätzlich reguliert und somit eingeschränkt, was zu abstrusen Situationen für die betroffenen Jugendlichen führen kann. Dazu drei haarsträubende Beispiele, welche den von der FSS bekämpften Systemfehler verdeut­lichen:

Sara ist eine ausgesprochen motivierte Schülerin. Sie möchte später gerne Sprachen studieren und sich zur Dolmetscherin ausbilden lassen. Von den angebotenen Wahlpflichtfächern interessieren sie «Lingua Latein» und «Lingua Italienisch» mit Abstand am meisten. Doch ihre Vorfreude auf diese beiden attraktiven Lernfelder ist leider vergeblich, weil sie laut Vorschrift im P-Zug nur eines davon auswählen darf.

Für Joël war es schon als kleiner Junge ein klarer Fall: Wie seine Eltern möchte auch er später einmal Arzt werden. Als beste Vorbereitung auf das angestrebte Medizinstudium hat er für sich die Wahlpflichtfächer «Mint» und «Lingua Latein» ausgewählt. Doch auch er wird ausgebremst, denn diese Kombination ist auch nicht erlaubt. Stattdessen muss er ausgerechnet «Gestalten» oder «Musik» anwählen, welche ihm persönlich noch nie sonderlich behagt haben.

Laura hat sich schon früh für alles interessiert, was mit Mode und Design zu tun hat. Daher erklärt sie ein Studium an der gleichnamigen Hochschule zu ihrem Berufsziel. Ohne zu zögern, wählt sie dafür die Wahlpflichtfächer «Bildnerisches Gestalten» und «Textiles Gestalten» aus, was ihr im P-Zug ebenfalls untersagt ist. Sie überlegt sich nun einen Wechsel ins E-Niveau der Sekundarschule, obschon dies aufgrund ihrer schulischen Leistungen völlig unangebracht ist.

Begabteste haben Nachsehen
Das Gegnerkomitee der Initiative «für eine freie Wahl aller Wahlpflicht­fächer in der Sekundarschule» gibt vor, sich gegen eine Senkung des Leistungsniveaus in den Basler Schulen zu engagieren. Doch mit diesem Vorgehen wird genau das Gegenteil davon erreicht: Wenn den leistungsstärksten Schülerinnen und Schülern verboten wird, sowohl Naturwissenschaften als auch Sprachen anzuwählen, werden ausgerechnet die begabtesten Jugendlichen in ihrer Bildung und beruflichen Orientierung behindert. Intelligenz darf doch nicht bestraft werden! Für eine Stärkung des Ausbildungsplatzes Basel braucht es deswegen keine neuen, unnötigen Regulierungen, sondern faire Spielregeln für alle Schülerinnen und Schüler in der Sekundarschule.


Liebe Leserin, lieber Leser: Bitte tragen Sie dazu bei, dass unsere Jugendlichen weiterhin gerne zur Schule gehen, weil sie in ihren Interessen und Fähigkeiten ernst genommen werden und so zu verantwortungsbewussten Mitgliedern der Gesellschaft heranwachsen können. Stimmen Sie darum am 28. Februar Ja zur freien Wahl der Wahlpflichtfächer, vielen Dank!

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