Die Frühfremdsprachen sind seit Jahren im Gespräch, Bild: Walter Schwager
Bund soll über Fremdsprachen in der Primarschule richten, Basellandschaftliche Zeitung, 8.1. von Michael Nittnaus
Eine Volksinitiative für
Baselland gibt es schon. Doch das genügt Jürg Wiedemann nicht. Der Landrat der
Grünen-Unabhängigen und Vorstandsmitglied des Komitees «Starke Schule
Baselland» möchte die erst 2014 eingeführte zweite Fremdsprache auf der
Primarstufe parallel in der ganzen Schweiz wieder in die Sekundarschule
verbannen. Dies möchte er mittels Standesinitiative erreichen. Damit hat jeder
Kanton die Möglichkeit, der Bundesversammlung ein Anliegen zur Beratung
vorzulegen. Wiedemann wird die Motion, mit der er die Baselbieter Regierung
auffordert, die entsprechende Standesinitiative auszuarbeiten, noch im Januar
im Landrat einreichen.
Welche
Fremdsprache zuerst?
Noch wurde aber noch nicht
einmal die Volksinitiative, die vergangenen Oktober vorgestellt wurde,
eingereicht. Abstimmen wird das Baselbieter Stimmvolk darüber nicht vor 2017.
«Die Kritik, bereits auf der Primarstufe zwei Fremdsprachen zu unterrichten,
ist nahezu gesamtschweizerisch. Vorstösse oder Volksinitiativen, die nur eine
Fremdsprache fordern, wurden auch in zahlreichen anderen Kantonen angekündigt
oder eingereicht – etwa in Zürich, Bern, Schaffhausen, Solothurn, Graubünden,
Luzern und Nidwalden», heisst es in der Motion. Daher sei eine
Standesinitiative sinnvoll.
Gegenüber der bz
präzisiert Wiedemann: «Bei den Fremdsprachen befürworte ich eine echte
Harmonisierung in der Schweiz. Ohne eine Standesinitiative werden immer
Differenzen bestehen.» Anders als die Volksinitiative schreibt die Motion nicht
vor, dass Französisch die einzige Fremdsprache in der Primarschule sein soll.
«Ich persönlich favorisiere Französisch», sagt Wiedemann, «doch da diese Frage
unter den Kantonen sehr umstritten ist, sollte Bundesbern entscheiden.» Folgte
man aber der Sprachenstrategie des Bundes, so könne nur eine Landessprache die
erste Fremdsprache sein.
Im Baselbiet wurde 2012
Frühfranzösisch in der dritten Primar eingeführt, 2014 erhielten diese Schüler
erstmals in der fünften Klasse Englisch-Unterricht. Zwei Fremdsprachen auf
Primarstufe sind eine Bedingung des Harmos-Konkordates, dem Baselland angehört.
In der Motion steht ausdrücklich, dass «bestehende interkantonale Bestimmungen
und Vereinbarungen (...) – oder Teile davon – sowie Staatsverträge und
Konkordate – oder Teile davon – und weiteres geltendes Recht, welches diesem
Begehren widerspricht, sollen aufgehoben werden». Doch Wiedemann – der mit der
Starken Schule in einer anderen Initiative den Ausstieg Basellands aus dem
Harmos-Konkordat fordert – betont: «Das Konkordat müsste deswegen nicht
aufgehoben werden. Eine Anpassung würde genügen.»
Lehrer-Landräte
nicht einig
Unter Lehrern, die in
ihrem Berufsalltag mit der neuen Abfolge konfrontiert werden, gehen die
Meinungen weit auseinander. Dies zeigen die Landräte und Lehrer Paul Wenger
(SVP, Berufsschule), Andrea Heger (EVP, Primar Niederdorf), Thomas Bühler (SP,
Primar Lausen) und Florence Brenzikofer (Grüne, Sek Liestal): Wenger etwa
unterstützt die Volksinitiative aktiv. Doch in einer ersten Reaktion zeigt er
sich bei der Standesinitiative skeptisch: «Der Nutzen dieses Instruments hält
sich oft in Grenzen, da das Begehren ewig in Bern liegenbleibt.» Sollte sie
aber die Hürden im nationalen Parlament nehmen, sei die Harmonisierung zu
begrüssen.
Interessant sind Hegers
Erfahrungen aus ihrem Schul- und Elternalltag, denn sie ist auch Mutter von
zwei Töchtern, von denen die 14-Jährige noch im alten System ist und die
12-Jährige im neuen. «Für gewisse Kinder sind die zwei Fremdsprachen
tatsächlich schwierig, teils zu schwierig. Ich könnte mir vorstellen, dass es besser
wäre, Englisch erst ab der sechsten Primar zu unterrichten.» Allerdings sei sie
dagegen, bereits jetzt alles wieder rückgängig zu machen. Erst sollten ein bis
zwei Schülerjahrgänge alles durchlaufen haben und alles sauber evaluiert
werden. Bühler hingegen sieht bei seinen Sechstklässlern kaum Probleme. «Ich
stelle keine generelle Überforderung fest. Schwache Schüler hat es immer
gegeben.» Und Brenzikofer nahm just gestern einen Augenschein in einer 6.
Französischklasse: «Es ist eine andere Art Sprachunterricht als früher. Ich
sehe es aber als grosse Chance und warne davor, es jetzt schon abzubrechen. Das
wäre Zwängerei.»
«Ich weiss, dass das Thema
polarisiert», sagt Wiedemann, und verweist auf Primarlehrerin Marianne Lander
aus Therwil, die bereits bei der Präsentation der Volksinitiative klar gegen
die zweite Fremdsprache Stellung bezogen hatte (die bz berichtete).
Mittlerweile zeichnet sich zudem ab, dass Baselland mit einer Standesinitiative
nicht alleine dastehen würde. Wiedemann steht in Kontakt mit Parlamentariern
anderer Kantone und verrät: «In Bern plant bereits eine SVP-Grossrätin dasselbe
und nimmt die Motion als Grundlage.»
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