8. Januar 2016

Standesinitiative zu Fremdsprachen geplant

Die zweite Fremdsprache soll wieder an die Oberstufe verschoben werden. Dies möchte Jürg Wiedemann, Vorstandsmitglied des Komitees "Starke Schule Baselland", mit einer Standesinitiative erreichen.














Die Frühfremdsprachen sind seit Jahren im Gespräch, Bild: Walter Schwager
Bund soll über Fremdsprachen in der Primarschule richten, Basellandschaftliche Zeitung, 8.1. von Michael Nittnaus


Eine Volksinitiative für Baselland gibt es schon. Doch das genügt Jürg Wiedemann nicht. Der Landrat der Grünen-Unabhängigen und Vorstandsmitglied des Komitees «Starke Schule Baselland» möchte die erst 2014 eingeführte zweite Fremdsprache auf der Primarstufe parallel in der ganzen Schweiz wieder in die Sekundarschule verbannen. Dies möchte er mittels Standesinitiative erreichen. Damit hat jeder Kanton die Möglichkeit, der Bundesversammlung ein Anliegen zur Beratung vorzulegen. Wiedemann wird die Motion, mit der er die Baselbieter Regierung auffordert, die entsprechende Standesinitiative auszuarbeiten, noch im Januar im Landrat einreichen.

Welche Fremdsprache zuerst?

Noch wurde aber noch nicht einmal die Volksinitiative, die vergangenen Oktober vorgestellt wurde, eingereicht. Abstimmen wird das Baselbieter Stimmvolk darüber nicht vor 2017. «Die Kritik, bereits auf der Primarstufe zwei Fremdsprachen zu unterrichten, ist nahezu gesamtschweizerisch. Vorstösse oder Volksinitiativen, die nur eine Fremdsprache fordern, wurden auch in zahlreichen anderen Kantonen angekündigt oder eingereicht – etwa in Zürich, Bern, Schaffhausen, Solothurn, Graubünden, Luzern und Nidwalden», heisst es in der Motion. Daher sei eine Standesinitiative sinnvoll.

Gegenüber der bz präzisiert Wiedemann: «Bei den Fremdsprachen befürworte ich eine echte Harmonisierung in der Schweiz. Ohne eine Standesinitiative werden immer Differenzen bestehen.» Anders als die Volksinitiative schreibt die Motion nicht vor, dass Französisch die einzige Fremdsprache in der Primarschule sein soll. «Ich persönlich favorisiere Französisch», sagt Wiedemann, «doch da diese Frage unter den Kantonen sehr umstritten ist, sollte Bundesbern entscheiden.» Folgte man aber der Sprachenstrategie des Bundes, so könne nur eine Landessprache die erste Fremdsprache sein.

Im Baselbiet wurde 2012 Frühfranzösisch in der dritten Primar eingeführt, 2014 erhielten diese Schüler erstmals in der fünften Klasse Englisch-Unterricht. Zwei Fremdsprachen auf Primarstufe sind eine Bedingung des Harmos-Konkordates, dem Baselland angehört. In der Motion steht ausdrücklich, dass «bestehende interkantonale Bestimmungen und Vereinbarungen (...) – oder Teile davon – sowie Staatsverträge und Konkordate – oder Teile davon – und weiteres geltendes Recht, welches diesem Begehren widerspricht, sollen aufgehoben werden». Doch Wiedemann – der mit der Starken Schule in einer anderen Initiative den Ausstieg Basellands aus dem Harmos-Konkordat fordert – betont: «Das Konkordat müsste deswegen nicht aufgehoben werden. Eine Anpassung würde genügen.»

Lehrer-Landräte nicht einig

Unter Lehrern, die in ihrem Berufsalltag mit der neuen Abfolge konfrontiert werden, gehen die Meinungen weit auseinander. Dies zeigen die Landräte und Lehrer Paul Wenger (SVP, Berufsschule), Andrea Heger (EVP, Primar Niederdorf), Thomas Bühler (SP, Primar Lausen) und Florence Brenzikofer (Grüne, Sek Liestal): Wenger etwa unterstützt die Volksinitiative aktiv. Doch in einer ersten Reaktion zeigt er sich bei der Standesinitiative skeptisch: «Der Nutzen dieses Instruments hält sich oft in Grenzen, da das Begehren ewig in Bern liegenbleibt.» Sollte sie aber die Hürden im nationalen Parlament nehmen, sei die Harmonisierung zu begrüssen.

Interessant sind Hegers Erfahrungen aus ihrem Schul- und Elternalltag, denn sie ist auch Mutter von zwei Töchtern, von denen die 14-Jährige noch im alten System ist und die 12-Jährige im neuen. «Für gewisse Kinder sind die zwei Fremdsprachen tatsächlich schwierig, teils zu schwierig. Ich könnte mir vorstellen, dass es besser wäre, Englisch erst ab der sechsten Primar zu unterrichten.» Allerdings sei sie dagegen, bereits jetzt alles wieder rückgängig zu machen. Erst sollten ein bis zwei Schülerjahrgänge alles durchlaufen haben und alles sauber evaluiert werden. Bühler hingegen sieht bei seinen Sechstklässlern kaum Probleme. «Ich stelle keine generelle Überforderung fest. Schwache Schüler hat es immer gegeben.» Und Brenzikofer nahm just gestern einen Augenschein in einer 6. Französischklasse: «Es ist eine andere Art Sprachunterricht als früher. Ich sehe es aber als grosse Chance und warne davor, es jetzt schon abzubrechen. Das wäre Zwängerei.»
«Ich weiss, dass das Thema polarisiert», sagt Wiedemann, und verweist auf Primarlehrerin Marianne Lander aus Therwil, die bereits bei der Präsentation der Volksinitiative klar gegen die zweite Fremdsprache Stellung bezogen hatte (die bz berichtete). Mittlerweile zeichnet sich zudem ab, dass Baselland mit einer Standesinitiative nicht alleine dastehen würde. Wiedemann steht in Kontakt mit Parlamentariern anderer Kantone und verrät: «In Bern plant bereits eine SVP-Grossrätin dasselbe und nimmt die Motion als Grundlage.»



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