21. Januar 2016

Schulpflegepräsident kontert Kritik an SOL

In der von 52 Personen unterzeichneten, dreiseitigen Beschwerdeschrift werden das Schulsystem und die Behörde der Sekundarschule Niederhasli-Niederglatt- Hofstetten (Niniho) heftig kritisiert. Schulpflegepräsident Philippe Chappuis nimmt nun zu den Vorwürfen Stellung.
Schulpflegepräsident kontert Angriff auf das Schulsystem, Zürcher Unterländer, 21.1. von Barbara Gasser


Die Liste der Vorwürfe ist lang (ZU vom 15. Dezember). Was Eltern und Sympathisanten an der Niederhasler Sekundarschule Seehalde bemängeln, die 2013 das System des selbst organisierten Lernens (SOL) eingeführt hat, reicht von «kein Frontalunterricht» über «schlechte Resultate bei Stellwerktests» bis «unbrauchbare Arbeitsunterlagen». Schulpflegepräsident Philippe Chappuis nimmt Stellung und sagt: «Wir nehmen konkrete Hinweise gern entgegen, denn wir wollen eine gute Schule sein.»
Auslöser für die Aufsichtsbeschwerde war die Schulgemeindeversammlung der Kreisgemeinden vom 9. Dezember letzten Jahres. Die Stimmberechtigten haben das vorgelegte Budget abgewiesen. Die Löhne für Lehrpersonen und Mitglieder der Schulleitung wurden als viel zu hoch angeprangert. Unter der Federführung von Thomas Baer und Beat Kappeler sind anschliessend an die Versammlung 22 Beschwerdepunkte zusammengetragen worden. Die von 52 Personen unterschriebene Aufsichtsbeschwerde ging an die Schulpflege. Gemäss Philippe Chappuis hat die Behörde sie an den Bezirksrat und ans Volksschulamt (VSA) weitergeleitet. Da es sich um eine rein schulische Angelegenheit handle, gehöre diese Beschwerde in den alleinigen Zuständigkeitsbereich des Volksschulamts, war von Statthalter Daniel Widmer zu erfahren. Beim VSA wiederum beruft man sich auf das hängige Verfahren, weshalb weder zu den nächsten Schritten noch über den Zeitplan für die Bearbeitung Auskunft erteilt wird. Der stellvertretende Amtschef Urs Meier bestätigte lediglich den Eingang der Aufsichtsbeschwerde.

Spielraum für Interpretationen
Gegenwärtig besuchen rund 230 Schülerinnen und Schüler den Unterricht in der Seehalde. Von den Eltern dieser Schüler haben neun die Beschwerde mitunterzeichnet, wie die Schulpflege ermittelt hat. Mehrere Punkte befassen sich mit mangelnder Betreuung durch Lehrpersonen und mit Unterrichtsmethoden, die den Jugendlichen nicht gerecht würden. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, der Frontalunterricht sei «eine der effektivsten und effizientesten Unterrichtsformen», und finden es fragwürdig, dass ein solcher Unterricht nicht mehr stattfindet. Dem hält Philippe Chappuis entgegen, es würde sehr wohl «klassisch», das heisst von einer Lehrperson direkt geführt unterrichtet. «Von den 32 bis 36 Lektionen pro Woche entfallen lediglich 8 bis 10 auf das selbst gesteuerte Lernen.»
Zum schlechten Abschneiden bei den Stellwerktests, sofern die Schüler mangels Aufsicht durch genügend anwesende Lerncoaches nicht mogeln, wie es in der Beschwerde heisst, äussert sich der Schulpflegepräsident wie folgt: «Mogeln ist bei diesen Tests gar nicht möglich. Jeder Lernende erhält seiner Leistung gemäss für ihn aufbereitete Fragen.» Er räumt zwar ein, dass nicht immer Lehrkräfte anwesend seien, auf jeden Fall aber immer Klassenassistentinnen. Er zitiert eine Statistik, wonach die Schüler aus der Seehalde 2015 um 10 Prozent bessere Resultate erzielt hätten als früher – ausser in Französisch, wo das Ergebnis um 5 Prozent schlechter ausgefallen sei.

Nicht angemessene Unterlagen
Der Vorwurf, die Arbeitsunterlagen für die Schüler fehlten oder seien ungenügend, wird unter verschiedenen Punkten thematisiert. So seien etwa Kopien aus den obligatorischen Lehrmitteln («Envol» für Französischunterricht) teilweise komplett unleserlich gewesen. Chappuis findet einen solchen Vorfall bedauerlich und verspricht, der Sache nachzugehen.
Was die Beanstandungen im Zusammenhang mit dem iPad als Arbeitsgerät betrifft, relativiert der Schulpflegepräsident: «Es ist vorgekommen, dass Jugendliche auf ihren Geräten gespielt haben. Seit vergangenem Sommer sind reguläre Installationen von Spielen auf dem iPad unterbunden worden.» Seit der Einführung im Januar 2014 hätten die Schülerinnen und Schüler immer auch über entsprechende Bücher und Arbeitshefte verfügt.
In der Aufsichtsbeschwerde wird weiter angeprangert, dass gewisse Fächer nicht oder nur ungenügend vermittelt würden. Zu diesem Thema beruft sich Phi­lippe Chappuis auf den kantonalen Lehrplan und versichert, dieser werde eingehalten. Und er fasst noch einmal zusammen, wie das selbst organisierte Lernen im Schulhaus Seehalde praktiziert wird: «Es handelt sich um eine Unterrichtsform, bei der die Schülerinnen und Schüler während rund 30 Prozent der Unterrichtszeit das zuvor im Unterricht Gelernte selber vertiefen. Dabei stehen ihnen jederzeit Lehrpersonen zur Unterstützung zur Verfügung», sagt der Schulpflegepräsident.

1 Kommentar:

  1. Hier ist der Vorgängerartikel, auf den im Text Bezug genommen wird:
    Zürcher Unterländer; 15. Dezember 2015

    Beschwerde gegen Schule eingereicht
    Niniho In der Auseinandersetzung um das System des selbst organisierten Lernens (SOL) in Niederhasli haben 52 Leute der Sekundarschulpflege eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Darin sind 22 Kritikpunkte aufgeführt.
    Vergangene Woche hat die Versammlung der Sekundarschulgemeinde Niederhasli-Niederglatt-Hofstetten (Niniho) den Voranschlag 2016 abgelehnt. In der Diskussion hatten Stimmberechtigte den mangelnden Sparwillen der Schulbehörde und das Schulmodell des selbst organisierten Lernens kritisiert.
    Schon seit Monaten üben unzufriedene Eltern von SOL-Schülerinnen und -Schülern Kritik am Unterrichtssystem im Schulhaus Seehalde und an dem ihrer Meinung nach inakzeptablen Verhalten von Schulleitung, Schulpflege und Elternrat (der ZU hat wiederholt dar¬über berichtet). Gestern hat nun die Niniho-Sekundarschulpflege eine von 52 Eltern und Sympathisanten eingereichte Aufsichtsbeschwerde erhalten. Dies teilt Thomas Baer, Primarlehrer und Lerncoach, im Namen der Mitunterzeichner mit.
    In der Beschwerde wird auf drei Seiten und in 22 Kritikpunkten nicht nur das Schulsystem an sich, sondern auch die Dialogbereitschaft der Schulverantwortlichen aufs Schärfste bemängelt. Da die Lehrer zu Lerncoaches degradiert würden und die Schüler sich selbst überlassen seien, sei der Lernfortschritt absolut ungenügend. Zudem würden unles¬bare Unterlagen verwendet und gewisse Fächer würden gar nicht unterrichtet oder dann mit grossem Verzug.
    Die Schulpflege bestätigte gestern den Eingang der Beschwerde. Diese sei von 17 Eltern und 35 weiteren Leuten unterzeichnet worden, sagte Schulpräsident Philippe Chappuis – und: «Wir haben die Beschwerde besprochen und werden sie umgehend an das Volksschulamt und an den Bezirksrat weiterleiten.»

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