Der Thurgau
will das Frühfranzösisch abschaffen. Gleichzeitig wählen immer mehr Studenten
der Pädagogischen Hochschule das Fach Französisch ab, denn auch sie überlegen
sich, ob diese Kompetenz eines Primarlehrers überhaupt noch gefragt ist.
Wird der Bund eingreifen und dem Thurgau Primarfranz aufzwingen? Bild: Mareycke Frehner
Studenten lernen lieber Englisch, St. Galler Tagblatt, 8.1. von Michèle Vaterlaus
Haben die Studentinnen und Studenten der Pädagogischen Hochschule
Thurgau (PHTG) die Wahl, dann setzen sie auf Englisch. Französisch wählen sie
ab. «Seit 2009 zeigt sich diese Tendenz zu Gunsten des Englischunterrichts»,
sagt Matthias Begemann, Prorektor der PHTG. Hätten in den Jahren 2006 bis 2008
noch 60 Prozent der Studenten das Fach Englisch und 60 Prozent Französisch
belegt – manche besuchen auch beide Fächer – sind es heute nur noch rund 30
Prozent, die Französisch belegen. Regierungsrätin Monika Knill vermutet, dass
ein Zusammenhang mit der geplanten Abschaffung des Frühfranzösisch im Kanton
Thurgau besteht. «Es besteht diesbezüglich eine gewisse Unsicherheit. Das
beeinflusst die Studenten bestimmt», sagt sie. Einen Zusammenhang schliesst
auch Begemann nicht aus. «Es ist logisch, dass sich die Studierenden überlegen,
welche Kompetenzen im Schulfeld gefragt sind», sagt er. Werde das
Frühfranzösisch abgeschafft, sei mindestens im Thurgau das Französisch als
Unterrichtsfach für eine Primarlehrer nicht von Nutzen.
Über den Thurgau hinaus
Begemann betont aber auch: «Unsere Studierenden werden nach ihrer
Ausbildung auch in anderen Kantonen unterrichten können. Der Abschluss, den sie
machen, ist in der ganzen Schweiz gültig.» Deshalb dürfe nicht einfach darauf
geschlossen werden, dass die Studenten wegen der geplanten Abschaffung des
Frühfranzösisch das Fach abwählen. «Zumal es schon immer möglich war, eine
Fremdsprache, also Englisch oder Französisch, abzuwählen.»
Vielleicht interveniert der Bund
Geplant ist, dass im Thurgau ab 2017, also zeitgleich mit der Einführung
des Lehrplanes 21, auch das Französisch vom Stundenplan der Primarschule
verschwindet. Ob das Frühfranzösisch tatsächlich abgeschafft werden kann, ist
noch offen. Es könnte nämlich sein, dass der Bund interveniert. Dies, weil die
Bundesverfassung eine gewisse Harmonisierung der Bildung– Schuleintrittsalter,
Dauer und Ziele der Bildungsstufe, deren Übergänge, Anerkennung der Abschlüsse
– vorschreibt. Der Thurgau würde das Gebot ab dem 1. August 2017 nicht mehr
erfüllen. Monika Knill geht davon aus, dass bald Klarheit herrschen wird, ob
der Bund interveniert oder nicht. «Bundesrat Alain Berset wird sich mit der
Erziehungsdirektorenkonferenz austauschen.»
Darf der Thurgau das Frühfranzösisch nicht abschaffen, befürchten weder
Knill noch Begemann einen Mangel an Lehrern, die Französisch in der
Primarschule unterrichten können. Offen sei eher, ob es, wenn das
Frühfranzösisch tatsächlich abgeschafft wird, genügend Lehrer gibt, die
Französisch auf der Sekundarstufe unterrichten. Denn dann werde dort der
Französischunterricht intensiver, das brauche mehr Lehrer. Denn nach Abschluss
der Schule müssen die Thurgauer auch beim Französisch auf dem selben Stand
sein, wie alle anderen Deutschschweizer Schüler.
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