23. Dezember 2015

Von Edelweiss und Political Correctness

Ein Edelweiss-Sträusslein gilt als Liebesbekenntnis. In der Naturmedizin helfen Edelweisstinkturen freie Radikale zu neutralisieren und verhindern die Verstärkung von Superoxiden, die zum Alterungsprozess der Haut beitragen.













Ein stolzer, patriotischer Schweizerknabe, Bild: Südostschweiz

Hemden mit Edelweissen sind rassistisch, findet Fräulein Rottenmeier, Blog Südostschweiz, 23.12. von Fritz Tschudi


Doch schauen Sie genau hin: Wie abscheulich wirken junge Menschen in Hemden, die mit Edelweissen verunstaltet sind! Und stellen Sie sich vor, die stünden zu zehnt vor der Berghütte vom Alpöhi. Welches Grauen, welche Beleidigung! Selbst der Adler (kein doppelter) über dem Falknis würde stracks das Weite suchen. Heiii-di, Heiii-di, deine Welt sind die Be-herge… Ade heile Welt. Fräulein Rottenmeier stürmt an!

Es ist kein Witz. Schweizer Online-Medien berichteten kürzlich über eine Sekundarlehrerin im Kanton Zürich, welche ihren Schülern das Tragen sogenannter Edelweiss-Hemden strikte verbot und damit begründete, dass diese Kleidung rassistisch sei. Der Schulleiter meinte, er habe die Jugendlichen aber darauf hingewiesen, dass man «eine Botschaft aussendet, wenn zehn Schüler in Edelweisshemden auf dem Pausenhof stehen». – Die Schüler fühlten sich unverstanden und zu Unrecht in die Extremisten-Ecke gestellt. Sie erklärten, dass sie mit den Shirts lediglich zeigen wollten, dass sie «stolze Schweizer und patriotisch» seien. Mit einem Aufschrei von gegen 1000 Kommentaren im «Tagi» (online) wurde der Eklat medial «gehypt».

Ich erlaube mir vorab die Frage, ob Lehrperson und Schulleiter sich der Besonderheiten männlicher Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter bewusst waren, als sie die Provokationen zwischen Schweizern und Albanern werteten. Mich interessiert auch, welche rassistische Botschaft die Hemden beziehungsweise die Doppeladler- Shirts der albanischen Schülergruppe konkret aussenden. Ob Gewaltbereitschaft signalisiert, ob ernste Auseinandersetzungen entstanden und ob diese eskalierten.

So oder so, Kleiderverbote oder Schuluniformen wären da mit Sicherheit keine Lösung. Nach den Geboten jeglicher Vernunft (nicht nur der pädagogischen) ist die Einbindung der Problematik in den Unterricht notwendig, denn das ist die einzige wirklich erfolgversprechende Massnahme.

In einer vom bildungspolitischen Zeitgeist dominierten Schule ist es zunehmend schwierig, Farbe zu bekennen. Political Correctness kann leicht zum Nährboden für Nationalismus werden, weil den Jungen verboten wird, das auszusprechen, was sie denken. Wir erziehen eine Generation, die einer Herde Schafe gleicht. Die blinde Übernahme fremdverordneten Denkens und Handelns durch mündige Menschen kann ich als Bürger eines demokratischen Staates nicht nachvollziehen. Die Eingewanderten haben sich den Gesetzen und Gepflogenheiten des öffentlichen Lebens und der Institutionen des Gastlandes anzupassen und nicht umgekehrt. Die Einheimischen haben umgekehrt die kulturellen Eigenarten der Migranten ganz klar zu respektieren.

Problematisch wirds dann, wenn der Staat mir verbietet, meine Tradition weiter zu leben. Etwa durch ein Verbot von roten T-Shirts mit weissem Kreuz drauf, Verbot von Hemden mit Edelweissen etc. – Warum darf ich als Schweizer nicht stolz auf mein Land sein und das – im eigenen Land notabene – auch kundtun? Der Schleichweg zum «Gutmenschentum für alle» endet schliesslich im totalitären Staat, den wir alle nicht wollen!

Die Grundzüge des professionellen Denkens und Handelns der Lehrerinnen und Lehrer ist durch die moderne Lehreraus- und Weiterbildung weitgehend fremdbestimmt. Darum bin ich der Meinung, dass die überrissene Reaktion der Lehrerin der extensiv betriebenen politisch korrekten Steuerung des Lehrerverhaltens anzulasten ist.

Ängstliche Lehrpersonen – zufriedene Bildungsbürokraten
Auf diese Weise erfüllt sich der Wunsch der Lehrerausbildner: Das eigenständige Denken und Handeln soll den ungehinderten Fluss der Top-Down-Steuerung von Schule und Unterricht nicht stören. Die Lehrperson hat in zunehmendem Mass auf viel berufliche Autonomie zu verzichten. Damit schwindet andererseits auch ein Teil der Eigenverantwortung der Lehrperson. Wer aber kompensiert dieses gewollte Manko? Wer trägt dafür die Verantwortung und löst diese öffentlich ein?

Nur wenige Lehrpersonen verfügen über die Kraft und den Mut, ihre Überzeugungen gegen die Befunde der «Personalführung» respektive der Evaluation erfolgreich ins Licht zu rücken. Mit geschickten Strategien gelingt es den Bildungsbürokraten, grosse Teile der Lehrerschaft bis hin zur vollständigen beruflichen Manipulierbarkeit zu konditionieren.

Dem Lehrplan 21 (LP21) fehlt das Überzeugungspotenzial
So bleibt dem «Jahrhundertwerk» und dem damit im Zusammenhang stehenden Unterrichtsprinzip des «Selbstorganisierten Lernens» (SOL) einzig die erzwungene Umsetzung durch flächendeckende Denkgebote und -verbote. Die damit einhergehende Entmündigung der Lehrpersonen ist durchaus gewollt.

Als Brutstätte der geschilderten Gesinnungswirren steht neben der «Lehrerbildung» an den Pädagogischen Hochschulen (PH) die grassierende Weiterbildungswut im Hinblick auf die Umsetzung des neuen Lehrplans. Die Inhaber der Deutungshoheit wissen genau um die Vorteile einer guten mentalen Vorbereitung ihrer Klientel: Je verunsicherter und gefügiger sich eine passive Lehrerschaft verhält, desto erfolgreicher werden die Direktiven umgesetzt. Der Geist des widerspruchlosen Gehorsams und der Kontrollkultur des LP21 unterminiert tendenziell unsere Demokratie, mindert das politische Selbstbewusstsein der künftigen Generation und begünstigt systematisch die Verabsolutierung des Ökonomismus im Unterricht.

Ich wünsche meinen Enkeln Lehrpersonen, die ihren Selbstwert wieder entdecken, ihre Unterrichtsarbeit in Eigenverantwortung wahrnehmen und den Anspruch auf berufliche Autonomie im Unterricht mit aller Bestimmtheit einfordern. 

Das Schlusswort überlasse ich einem Berner PH-Studenten, welcher in einem Interview mit Alain Pichard (Mai 2015) den miesen Zustand der heutigen Lehrerbildung ungewollt entlarvt, indem er mit Enthusiasmus verkündet:


«Ich verstehe ihre Ablehnung des Lehrplans 21 nicht. Ich werde bald Physik unterrichten. Wenn ich eine Stunde vorbereiten muss, kann ich an den Computer gehen, das Thema eingeben, und zack, kommt eine vorbereitete und gepräpte Lektion heraus mit Arbeitsblättern und allem. Sogar der Test ist dabei!» (Zitat aus der Broschüre "Einspruch")

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