5. November 2015

Gschwind rügt Massenmails

Die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind rügt die SP und die Starke Schule wegen deren Massenmails an die Lehrkräfte. "Wir brauchen Ruhe in den Schulen", sagt sie.













Die SP empfindet die regierungsrätliche Rüge als Affront, Bild: Kenneth Nars
Gschwind rüffelt SP und Starke Schule: keine politischen Mails an Lehrer, Basellandschaftliche Zeitung, 5.11. von Michael Nittnaus


Die Stimmung an den Baselbieter Schulen ist an einem Tiefpunkt angelangt. Viele Lehrer sind frustriert über die Sparmassnahmen, die die Regierung im Bildungsbereich angekündigt hat (die bz berichtete mehrfach). Besonders zwei politische Akteure haben es sich auf die Fahne geschrieben, hierbei die Interessen der Lehrerschaft zu vertreten: die Sozialdemokraten und das Komitee «Starke Schule Baselland».
Einer Meinung sind sie deshalb noch lange nicht. Ganz im Gegenteil: In den letzten Wochen trugen sie eine regelrechte Schlammschlacht aus. Die Starke Schule macht alt SP-Bildungsdirektor Urs Wüthrich für die Sparmassnahmen und umstrittenen Bildungsreformen verantwortlich, die SP wiederum die «rechtskonservative Regierung» um Wüthrichs Amtsnachfolgerin Monica Gschwind von der FDP, die bei den Wahlen von der Starken Schule unterstützt wurde.
Problematisch wird dieses politische Hickhack nun, weil beide Akteure sich im Oktober per Massenmails direkt an die Baselbieter Lehrerschaft gewandt haben, um für ihre Position zu weibeln. Zuerst die Starke Schule und kürzlich als Reaktion darauf die SP. Das wiederum stiess Gschwind sauer auf.
In einem Brief an die beiden vom 2. November, welcher der bz vorliegt, wirft die Regierungsrätin ihnen vor, Schulleiter und Lehrer «ungefragt» zu kontaktieren und in die Politik einzubeziehen. Dies sei aber nicht «das dafür vorgesehene Parkett». Die Schreiben hätten zu «Unruhe, Irritationen und auch zu Ärger geführt». Dies zeigten Rückmeldungen aus den Schulen. Und dann wird Gschwind deutlich: «Die Bildung ist zu wichtig, um sie zu destabilisieren, die Fachkräfte gegeneinander aufzureiben und politische Exponenten für eigene Interessen ins Spiel zu bringen.»
SP empfindet Rüge als Affront
Gschwind zeigt sich in ihrem Brief überzeugt, auch für die Schulleitungen und Lehrer zu sprechen, dass man «in dieser Form keine Politik in der Schule» wünsche. «Wir brauchen Ruhe in den Schulen», betont sie und verweist auf die von ihr ins Leben gerufene Arbeitsgruppe «Marschhalt», die an Lösungen arbeite und in welche die Lehrerschaft einbezogen sei. Gschwinds abschliessender Appell ist unmissverständlich: «Ich bitte Sie, weitere Schreiben an die Lehrpersonen unseres Kantons zu unterlassen.»
Für die SP ist dies ein absoluter Affront. «Was hat Frau Gschwind für ein Demokratie-Verständnis?», fragt sich SP-Co-Präsident Adil Koller. Kontaktaufnahme zu Personengruppen, die man unterstütze, müsse in einem demokratischen System möglich sein und dürfe keinesfalls nur der Regierung vorbehalten sein. Koller verweist darauf, dass die SP lediglich öffentlich zugängliche Mailadressen verwendet habe, wie sie auf vielen Websites der Schulen stehen. Insgesamt habe man so 900 Lehrer der Sekundarstufe angeschrieben. Ausserdem hätten sich die Lehrer mit einem Klick für die Zukunft aus dem Verteiler löschen können. Davon hätten bis gestern bloss sieben Personen Gebrauch gemacht.
Sollen Adressen öffentlich sein?
Was Koller besonders aufregt: «Für uns war das Schreiben eine einmalige Sache als direkte Replik zur Starken Schule, doch das Komitee macht das seit Jahren und nie intervenierte Gschwind.» Die Bildungsdirektorin konnte auf Anfrage der bz gestern nicht fristgerecht antworten, versprach aber, dies nachzuholen. Unterstützung erhält sie aber bereits vom Lehrerverein Baselland (LVB). Präsident Roger von Wartburg: «Die früheren Mails der Starken Schule waren vor allem Umfragen zu Bildungsthemen, jetzt aber ist es ein direkter politischer Schlagabtausch, der den Lehrern ungefragt geschickt wurde. Das sorgte für viel mehr Unmut.» Der LVB selbst habe Dutzende Mails von verunsicherten Lehrern erhalten, die sich fragten, ob sie nun ständig Mails von politischen Gruppierungen erhielten.
Von Wartburg glaubt nicht, dass Gschwind die alleinige Informationshoheit innehaben möchte. «Damit wären wir sicher nicht einverstanden.» Für den LVB stellt sich eher eine andere Frage: «Vielleicht muss man nun diskutieren, inwieweit Schulmailadressen öffentlich zugänglich sein sollen.» Dies wird aktuell unterschiedlich gehandhabt. An von Wartburgs Schule etwa, der Sek Frenkendorf, sind die persönlichen Adressen der Lehrer nicht online zu finden.


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