Die SP empfindet die regierungsrätliche Rüge als Affront, Bild: Kenneth Nars
Gschwind rüffelt SP und Starke Schule: keine politischen Mails an Lehrer, Basellandschaftliche Zeitung, 5.11. von Michael Nittnaus
Die Stimmung an den Baselbieter Schulen
ist an einem Tiefpunkt angelangt. Viele Lehrer sind frustriert über die
Sparmassnahmen, die die Regierung im Bildungsbereich angekündigt hat (die bz
berichtete mehrfach). Besonders zwei politische Akteure haben es sich auf die
Fahne geschrieben, hierbei die Interessen der Lehrerschaft zu vertreten: die
Sozialdemokraten und das Komitee «Starke Schule Baselland».
Einer Meinung sind sie deshalb noch
lange nicht. Ganz im Gegenteil: In den letzten Wochen trugen sie eine
regelrechte Schlammschlacht aus. Die Starke Schule macht alt
SP-Bildungsdirektor Urs Wüthrich für die Sparmassnahmen und umstrittenen
Bildungsreformen verantwortlich, die SP wiederum die «rechtskonservative
Regierung» um Wüthrichs Amtsnachfolgerin Monica Gschwind von der FDP, die bei den
Wahlen von der Starken Schule unterstützt wurde.
Problematisch wird dieses politische
Hickhack nun, weil beide Akteure sich im Oktober per Massenmails direkt an die
Baselbieter Lehrerschaft gewandt haben, um für ihre Position zu weibeln. Zuerst
die Starke Schule und kürzlich als Reaktion darauf die SP. Das wiederum stiess
Gschwind sauer auf.
In einem Brief an die beiden vom
2. November, welcher der bz vorliegt, wirft die Regierungsrätin ihnen vor,
Schulleiter und Lehrer «ungefragt» zu kontaktieren und in die Politik
einzubeziehen. Dies sei aber nicht «das dafür vorgesehene Parkett». Die
Schreiben hätten zu «Unruhe, Irritationen und auch zu Ärger geführt». Dies
zeigten Rückmeldungen aus den Schulen. Und dann wird Gschwind deutlich: «Die
Bildung ist zu wichtig, um sie zu destabilisieren, die Fachkräfte gegeneinander
aufzureiben und politische Exponenten für eigene Interessen ins Spiel zu
bringen.»
SP empfindet Rüge als Affront
Gschwind zeigt sich in ihrem Brief
überzeugt, auch für die Schulleitungen und Lehrer zu sprechen, dass man «in
dieser Form keine Politik in der Schule» wünsche. «Wir brauchen Ruhe in den
Schulen», betont sie und verweist auf die von ihr ins Leben gerufene
Arbeitsgruppe «Marschhalt», die an Lösungen arbeite und in welche die
Lehrerschaft einbezogen sei. Gschwinds abschliessender Appell ist
unmissverständlich: «Ich bitte Sie, weitere Schreiben an die Lehrpersonen
unseres Kantons zu unterlassen.»
Für die SP ist dies ein absoluter
Affront. «Was hat Frau Gschwind für ein Demokratie-Verständnis?», fragt sich
SP-Co-Präsident Adil Koller. Kontaktaufnahme zu Personengruppen, die man
unterstütze, müsse in einem demokratischen System möglich sein und dürfe
keinesfalls nur der Regierung vorbehalten sein. Koller verweist darauf, dass
die SP lediglich öffentlich zugängliche Mailadressen verwendet habe, wie sie
auf vielen Websites der Schulen stehen. Insgesamt habe man so 900 Lehrer der
Sekundarstufe angeschrieben. Ausserdem hätten sich die Lehrer mit einem Klick
für die Zukunft aus dem Verteiler löschen können. Davon hätten bis gestern
bloss sieben Personen Gebrauch gemacht.
Sollen Adressen öffentlich sein?
Was Koller besonders aufregt: «Für uns
war das Schreiben eine einmalige Sache als direkte Replik zur Starken Schule,
doch das Komitee macht das seit Jahren und nie intervenierte Gschwind.» Die
Bildungsdirektorin konnte auf Anfrage der bz gestern nicht fristgerecht
antworten, versprach aber, dies nachzuholen. Unterstützung erhält sie aber
bereits vom Lehrerverein Baselland (LVB). Präsident Roger von Wartburg: «Die
früheren Mails der Starken Schule waren vor allem Umfragen zu Bildungsthemen,
jetzt aber ist es ein direkter politischer Schlagabtausch, der den Lehrern
ungefragt geschickt wurde. Das sorgte für viel mehr Unmut.» Der LVB selbst habe
Dutzende Mails von verunsicherten Lehrern erhalten, die sich fragten, ob sie
nun ständig Mails von politischen Gruppierungen erhielten.
Von Wartburg glaubt nicht, dass
Gschwind die alleinige Informationshoheit innehaben möchte. «Damit wären wir
sicher nicht einverstanden.» Für den LVB stellt sich eher eine andere Frage:
«Vielleicht muss man nun diskutieren, inwieweit Schulmailadressen öffentlich
zugänglich sein sollen.» Dies wird aktuell unterschiedlich gehandhabt. An von
Wartburgs Schule etwa, der Sek Frenkendorf, sind die persönlichen Adressen der
Lehrer nicht online zu finden.
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