"Leistungsabbau verbaut den Jugendlichen die Zukunft, Bild: Chris Iseli
Eltern kämpfen für die Zusatz-Lektionen an der Schule, Aargauer Zeitung, 19.11. von Stefanie Suter
Der Kanton muss sparen. Das trifft auch
die Schulen. Beispielsweise jene in Menziken. Dagegen wehren sich jetzt die
Eltern. Mit einer Unterschriftensammlung wollen sie mobil machen gegen den
Bildungsabbau.
Konkret geht es um die Reduktion des
DaZ-Unterrichts (Deutsch als Zweitsprache) und der sogenannt ungebundenen
Lektionen, die nach Bedarf eingesetzt werden können. In Menziken werden sie vor
allem für Halbklassenunterricht in Mathe und den Sprachfächern verwendet.
«Diese Lektionen sind enorm wichtig für
die Schule», sagt Jeannette Bentele vom Elternrat. «Besonders für Menziken,
denn fast die Hälfte der Primarschüler und 63 Prozent der Kindergärtner haben
einen Migrationshintergrund.»
Der DaZ-Unterricht richtet sich an
Kinder, die frisch zugezogen sind und kaum Deutsch können. Diese Lektionen
werden im Kindergarten, in der Primarschule und der Oberstufe eingesetzt.
Würden sie reduziert, hätte dies grosse
Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler, ist Bentele überzeugt: «Können die
Kinder schlechter Deutsch, sind sie automatisch auch in anderen Fächer
schlechter.»
Beispielsweise in Mathe: «Die
Rechen-Aufgaben werden heute sprachlastig in mehreren Sätzen formuliert.
Schüler, die nicht gut Deutsch können, haben deshalb Mühe, die Aufgabe zu
lösen.»
Auch die ungebundenen Lektionen dürften
nicht wegfallen, sagt Jeannette Bentele. «Die einen Kinder lernen schneller,
andere langsamer», sagt sie. Die Lehrperson müsse aber allen Schülern den Stoff
so gut wie möglich vermitteln und individuell auf die Kinder eingehen können.
«Durch diese Zusatzlektionen ist dies
möglich.» Ohne sie könnten auch Deutsch und Fremdsprachen weniger in
Halbklassen unterrichtet werden. Dies bedeutet weniger Betreuungszeit und
weniger Sprechanteil für den einzelnen Schüler.
Bei der Bildung den Rotstift
anzusetzen, hält Bentele deshalb für den falschen Weg. «So könnte ein
Zwei-Klassen-System entstehen. Normalverdienende müssten sich in der Schule mit
einem Sparpaket zufriedengeben.»
Sparen ja, aber nicht bei Lektionen
Schulleiter Bruno Schaller findet, es
gäbe durchaus Sparpotenzial in der Schule – aber im betriebswirtschaftlichen
Bereich.
Dort hat das Departement Bildung,
Kultur und Sport (BKS) bereits reagiert und will Abläufe vereinfachen, die sie
nun in einem Pilotprojekt mit dem Titel «Ressourcierung der Volksschule»
austesten will: Die Schulen sollen nicht mehr jede Zusatzlektion wie
beispielsweise die Logopädie-, DaZ- oder Legasthenie-Stunde einzeln, sondern
als Gesamtkontingent bewilligt erhalten sowie flexibel und in Eigenregie nach
den Bedürfnissen der Schule vor Ort einsetzen können.
«Der bisherige, sinnlose riesige
Papier- und Administrationskram würde entfallen. Die Kostenersparnis wäre
bemerkenswert.»
Auf dem Buckel der Kinder zu sparen,
findet Schaller falsch. Dies wäre besonders für Menziken sehr schwierig. «Wir
haben über 700 Schüler aus 34 Nationen», sagt Schaller. Hätten nur schon fünf
Schüler in einer Klasse Probleme, mit dem Unterricht mitzuhalten, würde dies
das Niveau der gesamten Klasse negativ beeinflussen.
Schulleiter befürchtet massive Kosten
«Damit wir die Schüler optimal auf das
Berufsleben vorbereiten können, sind diese Zusatzlektionen extrem wichtig»,
sagt Schaller. Denn seien die Sprachkenntnisse ungenügend, hätten betroffene
Realschüler zum Beispiel kaum Chancen auf eine Lehrstelle – obwohl sie
ansonsten gut mithalten könnten.
«Gelingt der Übertritt nicht, würde
dies massive Folgeschäden verursachen, verbunden mit jahrelangen Zusatzkosten
für die Gemeinde. Der Übertritt von der Volksschule ins Erwerbsleben ist einer
der sensibelsten in einer Lebenskarriere.»
Auch Jeannette Bentele vom Elternrat
ist der Ansicht: «Dieser Leistungsabbau an der Schule verbaut den Kindern und
Jugendlichen die Zukunft.»
Deshalb sammelt sie zusammen mit elf
anderen Eltern Unterschriften gegen diese Sparmassnahmen: Am Mittwoch zwischen
10.10 und 11 Uhr auf den Pausenplätzen des Alten Schulhauses, Pavillon und
mittleren Schulhauses sowie vor der Migros und der Post.
Weitere Aktionen sind geplant. «Wir
wären sehr glücklich, wenn nur schon ein Drittel der Eltern unterschreiben
würden, deren Kinder hier zur Schule gehen», sagt Bentele.
Mit den Unterschriften wollen sie die
Grossräte von ihrem Anliegen überzeugen, nicht zulasten der Kinder zu sparen.
Am 24. November berät der Grosse Rat das nächste Mal über den Aufgaben- und
Finanzplan 2016-19.
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