19. November 2015

Eltern kämpfen für DaZ-Lektionen

Der Menziker Elternrat (AG) wehrt sich mit einer Unterschriften-Aktion gegen die kantonalen Sparmassnahmen an der Schule. Konkret geht es um die Reduktion des DaZ-Unterrichts und der sogenannt ungebundenen Lektionen.













"Leistungsabbau verbaut den Jugendlichen die Zukunft, Bild: Chris Iseli
Eltern kämpfen für die Zusatz-Lektionen an der Schule, Aargauer Zeitung, 19.11. von Stefanie Suter


Der Kanton muss sparen. Das trifft auch die Schulen. Beispielsweise jene in Menziken. Dagegen wehren sich jetzt die Eltern. Mit einer Unterschriftensammlung wollen sie mobil machen gegen den Bildungsabbau.
Konkret geht es um die Reduktion des DaZ-Unterrichts (Deutsch als Zweitsprache) und der sogenannt ungebundenen Lektionen, die nach Bedarf eingesetzt werden können. In Menziken werden sie vor allem für Halbklassenunterricht in Mathe und den Sprachfächern verwendet.
«Diese Lektionen sind enorm wichtig für die Schule», sagt Jeannette Bentele vom Elternrat. «Besonders für Menziken, denn fast die Hälfte der Primarschüler und 63 Prozent der Kindergärtner haben einen Migrationshintergrund.»
Der DaZ-Unterricht richtet sich an Kinder, die frisch zugezogen sind und kaum Deutsch können. Diese Lektionen werden im Kindergarten, in der Primarschule und der Oberstufe eingesetzt.
Würden sie reduziert, hätte dies grosse Auswirkungen auf die Leistungen der Schüler, ist Bentele überzeugt: «Können die Kinder schlechter Deutsch, sind sie automatisch auch in anderen Fächer schlechter.»
Beispielsweise in Mathe: «Die Rechen-Aufgaben werden heute sprachlastig in mehreren Sätzen formuliert. Schüler, die nicht gut Deutsch können, haben deshalb Mühe, die Aufgabe zu lösen.»
Auch die ungebundenen Lektionen dürften nicht wegfallen, sagt Jeannette Bentele. «Die einen Kinder lernen schneller, andere langsamer», sagt sie. Die Lehrperson müsse aber allen Schülern den Stoff so gut wie möglich vermitteln und individuell auf die Kinder eingehen können.
«Durch diese Zusatzlektionen ist dies möglich.» Ohne sie könnten auch Deutsch und Fremdsprachen weniger in Halbklassen unterrichtet werden. Dies bedeutet weniger Betreuungszeit und weniger Sprechanteil für den einzelnen Schüler.
Bei der Bildung den Rotstift anzusetzen, hält Bentele deshalb für den falschen Weg. «So könnte ein Zwei-Klassen-System entstehen. Normalverdienende müssten sich in der Schule mit einem Sparpaket zufriedengeben.»
Sparen ja, aber nicht bei Lektionen
Schulleiter Bruno Schaller findet, es gäbe durchaus Sparpotenzial in der Schule – aber im betriebswirtschaftlichen Bereich.
Dort hat das Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) bereits reagiert und will Abläufe vereinfachen, die sie nun in einem Pilotprojekt mit dem Titel «Ressourcierung der Volksschule» austesten will: Die Schulen sollen nicht mehr jede Zusatzlektion wie beispielsweise die Logopädie-, DaZ- oder Legasthenie-Stunde einzeln, sondern als Gesamtkontingent bewilligt erhalten sowie flexibel und in Eigenregie nach den Bedürfnissen der Schule vor Ort einsetzen können.

«Der bisherige, sinnlose riesige Papier- und Administrationskram würde entfallen. Die Kostenersparnis wäre bemerkenswert.»
Auf dem Buckel der Kinder zu sparen, findet Schaller falsch. Dies wäre besonders für Menziken sehr schwierig. «Wir haben über 700 Schüler aus 34 Nationen», sagt Schaller. Hätten nur schon fünf Schüler in einer Klasse Probleme, mit dem Unterricht mitzuhalten, würde dies das Niveau der gesamten Klasse negativ beeinflussen.
Schulleiter befürchtet massive Kosten
«Damit wir die Schüler optimal auf das Berufsleben vorbereiten können, sind diese Zusatzlektionen extrem wichtig», sagt Schaller. Denn seien die Sprachkenntnisse ungenügend, hätten betroffene Realschüler zum Beispiel kaum Chancen auf eine Lehrstelle – obwohl sie ansonsten gut mithalten könnten.
«Gelingt der Übertritt nicht, würde dies massive Folgeschäden verursachen, verbunden mit jahrelangen Zusatzkosten für die Gemeinde. Der Übertritt von der Volksschule ins Erwerbsleben ist einer der sensibelsten in einer Lebenskarriere.»
Auch Jeannette Bentele vom Elternrat ist der Ansicht: «Dieser Leistungsabbau an der Schule verbaut den Kindern und Jugendlichen die Zukunft.»
Deshalb sammelt sie zusammen mit elf anderen Eltern Unterschriften gegen diese Sparmassnahmen: Am Mittwoch zwischen 10.10 und 11 Uhr auf den Pausenplätzen des Alten Schulhauses, Pavillon und mittleren Schulhauses sowie vor der Migros und der Post.
Weitere Aktionen sind geplant. «Wir wären sehr glücklich, wenn nur schon ein Drittel der Eltern unterschreiben würden, deren Kinder hier zur Schule gehen», sagt Bentele.
Mit den Unterschriften wollen sie die Grossräte von ihrem Anliegen überzeugen, nicht zulasten der Kinder zu sparen. Am 24. November berät der Grosse Rat das nächste Mal über den Aufgaben- und Finanzplan 2016-19.


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