Deutsche Lehrer wollen die Zahl der Fremdsprachigen pro Klasse begrenzen - auch im Interesse der Migranten selbst. Bild: Gian Ehrenzeller
Lehrer wollen weniger Migranten in Schulklassen, 20 Minuten, 16.10.
In
Deutschland sollen Schulklassen nur noch einen gewissen Anteil von
Migrantenkindern aufweisen dürfen. Mit seiner Forderung nach einer
Quotenregelung will der deutsche Philologenverband die Integration fördern und
einen Leistungsabbau an Schulen verhindern. «Schon wenn der Anteil von Kindern
nicht deutscher Muttersprache bei 30 Prozent liegt, setzt ein Leistungsabfall
ein. Dieser wird ab 50 Prozent dramatisch», sagte Verbandschef Heinz-Peter
Meidinger zur «Neuen Osnabrücker Zeitung». Migranten selbst hätten den Wunsch nach
gemischten Klassen geäussert, weil dies unter anderem den Spracherwerb fördere.
Deutschland
wäre nicht das einzige Land in Europa mit einer entsprechenden Quote. 2010
entschied die italienische Regierung, dass in jeder Pflichtschulklasse nur noch
maximal 30 Prozent der Schüler Ausländer sein dürfen.
In der
Schweiz steigt der Anteil fremdsprachiger Schüler seit Jahren an. Laut Zahlen
des Bundesamts für Statistik beträgt er gesamtschweizerisch knapp 30 Prozent,
in der Region Zürich gar 40 Prozent. 2013 schrieb der «Tagesanzeiger», dass es
an 80 der insgesamt 93 Schulen im Kanton Zürich Klassen mit mehr als 70 Prozent
Fremdsprachigen gibt.
«Leistung
ist unabhängig von Migrantenanteil»
Schweizer
Bildungsexperten sind sich über die Einführung einer Ausländerregelung uneins.
Stefan Wolter, Professor für Bildungsökonomie an der Uni Bern, würde eine Quote
für Migranten, «die bei der Einschulung die Sprache nicht beherrschen»,
begrüssen. Der Bildungsökonom verweist auf eine eigene Studie, die zeige, dass
die Leistung von fremdsprachigen Kindern bereits bei einem Migrantenanteil von
20 Prozent pro Klasse abnehme. «Eine Quote käme also vor allem den
Fremdsprachigen zu Gute.» Ergebnisse der Pisa-Studie stützen die Aussage.
Demnach gibt es keine Hinweise darauf, dass gute Schülerinnen und Schüler durch
Migrantenkinder in ihrer Leistung behindert werden.
Erziehungswissenschaftler
Jürgen Oelkers hält die Quoten-Forderung darum für sinnlos. «Die Leistung einer
Schulklasse hängt nicht allein vom Anteil der Migranten ab, sondern davon, wie
bildungsnah respektive -fern die Kinder und deren Familien sind und wie stark
sie zu Hause effektiv gefördert werden.» Auch Lehrer-Präsident Beat W. Zemp ist
der Meinung, dass Migrantenkinder und auch Klassen, in die sie integriert
werden, zu verschieden sind, um die Durchmischung mit einer starren Quote
regeln zu können. «Ein junges Flüchtlingskind aus einer gut ausgebildeten
Familie, die keine Kriegstraumata verarbeiten muss, kommt schneller in einer
Schweizer Regelklasse zurecht als ein allein geflüchteter Teenager, der erleben
musste, wie seine Eltern erschossen wurden und dann monatelang unterwegs war»,
so Zemp. Zweifel äussert er auch hinsichtlich der Umsetzung. «Das würde
bedeuten, dass man Kinder mit Schulbussen in weit entfernte Schulhäuser fahren
müsste, damit die Quote eingehalten werden könnte.»
Dass dies
vor allem in der Agglomeration zum Problem werden könnte, gibt auch Stefan
Wolter zu bedenken. Es sei sicher nicht sinnvoll, wenn Schüler aus ihrem
gewohnten Umfeld herausgerissen werden müssten. Dennoch ist er überzeugt: «In
den Ballungsgebieten der Schweiz würden man die Schüler in einem Umkreis von
ein bis zwei Kilometern in anderen Schulen unterbringen können.»
In Basel
stand die Forderung nach einer Mindestquote für deutschsprechende Schüler schon
einmal zur Debatte. Nur sehr knapp lehnte das Basler Parlament es vor zwei
Jahren ab, den Ausländeranteil in Schulklassen zu beschränken.
Warum hält man sich bei uns nicht an das Volkschulgesetz? Dort ist alles gut geregelt: Es sieht zum Beispiel Aufnahmeklassen für Fremdsprachige vor. Diese Klassen sind nun aber offenbar der Ideologie der Total-Integration zum Opfer gefallen. Dies ist doch eigentlich ein Verstoss gegen das Volksschulgesetz und müsste von den Eltern benachteiligter Kinder eingeklagt werden können?
AntwortenLöschenZürcher Volksschulgesetz (VSG)
(vom 7. Februar 2005)
§33 5 Besondere Klassen sind ausserhalb der Regelklassen geführte Lerngruppen. Zulässig sind Einschulungsklassen, Aufnahmeklassen für Fremdsprachige sowie Kleinklassen für Schülerinnen und Schüler mit besonders hohem Förderbedarf.