Übungsblatt aus dem Französisch-Lehrmittel 'Mille feuilles', Bild: profil-online.ch
Initiative fordert Ausstieg aus dem Fremdsprachen-Projekt "Passepartout", Basellandschaftliche Zeitung, 15.10. von Julia Gohl
Seit Jahren erhalten die Schüler von Marianne Lander im Lager dasselbe
Aufgabenblatt mit französischen Fragen. «Obwohl meine derzeitige Klasse bereits
seit mehr als zwei Jahren Französisch lernt, also ein Jahr länger als meine
bisherigen Klassen, waren die Schüler erstmals nicht in der Lage, die Wörter
‹pain›, ‹beurre› und ‹lait› richtig zu interpretieren und zu übersetzen»,
erzählte die Lehrerin einer 5. Primarklasse gestern an einer Medienkonferenz
des Komitees «Starke Schule Baselland». Dort unterstützte sie den Verein gegen
einen gemeinsamen Feind, den sie als Grund für das schlechte Abschneiden ihrer
Klasse vermutet: das «Passepartout»-Projekt.
Die «Starke Schule» möchte, dass der Kanton Baselland bei diesem Projekt
nicht mehr mitmacht und lancierte gestern deshalb die Initiative «Stopp dem
Verheizen von Schüler/-innen: Ausstieg aus dem gescheiterten
Passepartout-Fremdsprachenprojekt».
«Passepartout» wurde von sechs Kantonen gemeinsam erarbeitet, darunter
die beiden Basel. Es sieht vor, dass alle Schüler bereits in der Primarschule
zwei Fremdsprachen lernen, zuerst Französisch, dann Englisch. Der Unterricht
basiert auf Sachtexten aus der Alltagswelt statt mit extra konstruierten
Standardsätzen und Dialogen. Das Erlernen von Grammatik steht dabei nicht im
Zentrum, sondern wird erst auf der Sekundarstufe zum Thema.
Unbrauchbare Lehrmittel
Die «Starke Schule» ist überhaupt nicht von diesem seit 2012 im
Baselbiet laufenden Projekt überzeugt. «Seit mehreren Monaten erhalten wir
zunehmend Mitteilungen von besorgten Primarlehrpersonen und Eltern, die heftige
Kritik äussern», erläuterte Saskia Olsson. Die Geschäftsleiterin des Komitees
kritisiert unter anderem, dass den Schülern kein praxistauglicher Wortschatz
beigebracht werde und dass die Lehrer dazu angehalten werden, ihre Schüler bei
falscher Schreibweise oder Aussprache nicht zu korrigieren. Die Lernstrategien
würden die Kinder überfordern und das Erreichen traditioneller Sprachlernziele
verunmöglichen. Für sie ist klar: Die neuen Lehrmittel sind unbrauchbar, das
Projekt gescheitert.
Mit einer zweiten gestern lancierten Initiative doppelt die «Starke
Schule» nach: «Stopp der Überforderung von Schüler/-innen: Eine Fremdsprache
auf der Primarstufe genügt». Denn nicht nur die Didaktik bereitet dem Verein
sorgen. «Die aus dem Kanton Zürich vorliegenden Erfahrungen mit zwei
Fremdsprachen in der Primarschule zeigen, dass mindestens ein Drittel der
Schüler auch die minimalsten Lernziele in den beiden Fremdsprachen nicht
erreichen konnte», sagte Jürg Wiedemann vor den Medien. Das Vorstandsmitglied
der «Starken Schule» führte ausserdem eine Studie von Uni-Zürich-Professorin
Simone Pfenninger an, in der sie zum Schluss kommt, dass Jugendliche im
Fremdsprachenunterricht schneller lernen als Kinder.
Mit den beiden gestern lancierten Initiativen möchte die «Starke Schule»
wieder zum früheren Standard zurückkehren: In der Primarschule soll nur
Französisch unterrichtet werden, Englisch folgt in der Sekundarstufe, wie es
bis 2014 der Fall war. Ausserdem sollen im Fremdsprachenunterricht neben dem
Mündlichen auch Grammatik, Grundwortschatz und Orthografie wieder im Zentrum
stehen.
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