20. Oktober 2015

Abwertung der Geschichte

Völlig zu Recht stellt Marc Tribelhorn in seinem Leitartikel (NZZ7. 10. 15) fest, dass das Fach Geschichte in der Schule systematisch abgewertet werde. An den meisten Primar- und Sekundarschulen ist Geschichte lediglich Bestandteil eines übergeordneten Fachbereichs namens «Mensch und Umwelt» (oder ähnlich). Eine gesicherte Stundenzahl hat Geschichte in der Regel nicht; ob sie überhaupt unterrichtet wird, wird kaum überprüft. Für alle jene, die in eine Berufslehre eintreten, ist damit der erhaltene oder eben nicht erhaltene Geschichtsunterricht auch schon vorbei. In den Mittelschulen ist Geschichte als Maturitätsfach in den Lehrplänen verankert; allerdings besteht vielerorts die Möglichkeit, das Fach im letzten Schuljahr abzuwählen.
Leserbrief, NZZ, 20.10. von Helmut Meyer


Der Schwund der Anzahl Geschichtsstunden hat zwei Ursachen. Einerseits werden zusätzliche Unterrichtsstunden für Fremdsprachen und Naturwissenschaften oder neue Fächer, von der Sexualkunde und Ernährungslehre bis zur interreligiösen Verständigung, gefordert. Diese Stunden müssen irgendwo kompensiert werden. Anderseits hat der Geschichtsunterricht keine Lobby. Von den politischen Parteien interessiert sich allein die SVP für die Geschichte; die übrigen melden sich nur, wenn sie mit deren Geschichtsbild nicht einverstanden sind.

Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass wohl vor allem die jüngeren Schweizerinnen und Schweizer der «Jubiläumsdiskussion» um Morgarten oder Marignano gar nicht folgen, geschweige denn diese kritisch beurteilen können. Ihr Verhältnis zur schweizerischen Geschichte ist nicht, wie Marc Tribelhorn schreibt, «gestört». Es ist gar nicht vorhanden.

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