6. Oktober 2015

PHZH wünscht sich Promotionsrecht

Am 1. Januar dieses Jahres ist das neue Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz (HFKG) in Kraft getreten. Der Name fasst die Absicht kurz und bündig zusammen: Förderung bei gleichzeitiger Koordination des Hochschulraums Schweiz. In diesem Gesetz wird unter anderem festgelegt, dass vom Bund «mehrjährige projektgebundene Beiträge für Aufgaben von gesamtschweizerischer hochschulpolitischer Bedeutung ausgerichtet werden» können.
Auf Vorschlag der pädagogischen Hochschulen soll mit diesen Förderbeiträgen die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Fachdidaktik vorangebracht werden.
Darauf hat die Lehrerinnen- und Lehrerbildung schon seit langem hingewiesen: Forschungsbasierte Fachdidaktik ist für die Tätigkeit von Lehrerinnen und Lehrern und für die Professionalisierung des Lehrpersonals von grosser Bedeutung. Fachdidaktik in der Ausbildung von Lehrpersonen umfasst Fragenkomplexe wie: Wie lernen Schülerinnen und Schüler in einer Fachdisziplin, welche Vorstellungen und Alltagskonzepte prägen ihre bisherige Sicht, welche Lehrmodelle und -beispiele sind für welchen Unterrichtsinhalt und für welche fachlichen Zielsetzungen besonders erfolgversprechend?
Kreative Lösungen für die Lehrerausbildung, NZZ, 6.10. von Walter Bircher und Peter Tremp

Die Fachdidaktiken haben sich - mit disziplinären Bezügen zu ihrer Fachdisziplin, zur Erziehungswissenschaft, zur Psychologie oder zur Soziologie - als eigenständige wissenschaftliche Disziplinen etabliert. Dennoch wurde in der Schweizer Hochschullandschaft die Entwicklung der Fachdidaktiken bis zur Gründung der pädagogischen Hochschulen kaum abgebildet - was nicht zuletzt mit der geringen Bedeutung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung an den Universitäten zusammenhing.
Die HFKG-Fördergelder unterstreichen nun die Bedeutung der Fachdidaktiken als wissenschaftliche Disziplinen - und ihre Bedeutung für die Unterrichtsentwicklung. Dies ist erfreulich. Die anspruchsvolle Aufgabe besteht nun darin, diese Fördermittel so zu verteilen, dass bei den gegebenen institutionellen Strukturen eine möglichst grosse Wirkung erzielt werden kann.
Die pädagogischen Hochschulen sind vor einem guten Jahrzehnt durch Fusionen von Vorgängereinrichtungen entstanden, sie sind mit wenigen Ausnahmen aber weiterhin stark an kantonalen Regelungen orientiert. Für die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Fachdidaktik in der Schweiz ist diese kantonale Orientierung allerdings unpassend. Notwendig ist eine souveräne Zusammenarbeit der Hochschulen, um die gesetzten Ziele tatsächlich zu erreichen.
Aus Sicht der Pädagogischen Hochschule Zürich heisst dies vor allem: Es braucht eine Klärung zur Strukturierung der Fachdidaktiken. Sind diese an Schulfächern, wissenschaftlichen Disziplinen oder transversalen Bildungsanliegen orientiert? Unseres Erachtens ermöglicht nur die Orientierung an Fachdisziplinen den erwünschten Anschluss an die internationale Fachdidaktik. Gleichzeitig ist damit aber auch die Strukturierung der universitären Hochschulen berücksichtigt, was gerade im Zusammenhang mit kooperativen Promotionsprojekten von Bedeutung ist.
Die Weiterentwicklung der Fachdidaktiken gelingt nur, wenn die besten Fachpersonen zusammenspannen. Notwendig ist, dass sich die Expertinnen und Experten über die Grenzen der eigenen Hochschulen hinweg zusammenfinden und in netzwerkartigen Strukturen die Zusammenarbeit pflegen - zugunsten der fachdidaktischen Forschung und des Aufbaus des fachdidaktischen Nachwuchses. Dies muss auch bei der Zuweisung der Fördergelder berücksichtigt werden.

Die pädagogischen Hochschulen bieten bereits jetzt einige Master-Studiengänge in verschiedenen Fachdidaktiken an. Allein damit ist die Weiterentwicklung der Fachdidaktiken und die Sicherstellung des akademischen Nachwuchses in diesem Bereich aber nicht gewährleistet. Ergänzend dazu braucht es Doktoratsangebote. Hier kommt den pädagogischen Hochschulen das fehlende Promotionsrecht in die Quere. Eine Zusammenarbeit mit den universitären Hochschulen ist also notwendig, wobei die fachdidaktische Expertise in der Verantwortung der pädagogischen Hochschulen liegen muss. 
Am Beispiel der Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Fachdidaktik wird zudem deutlich, was auch für andere Entwicklungsfelder gilt: Die Überwindung der Fokussierung auf die Kantone zugunsten einer «Regionalisierung» der Lehrerinnen- und Lehrerbildung wird zum zentralen Thema der nächsten Jahre werden müssen. Und hierfür sind kreative Lösungen gefragt, welche den verschiedenen Ansprüchen einer Lehrerinnen- und Lehrerbildung und Bildungsforschung in der Schweiz Rechnung trägt.


Walter Bircher ist Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich, Peter Tremp leitet die Abteilung Forschung und Entwicklung der PH Zürich.

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