6. Oktober 2015

Fachausbildung an der Universität

Während die PH Zürich sich vermehrt wissenschaftlich ausrichten möchte und sogar Promotionen ermöglichen will, erscheint gleichentags ein Artikel, der die Aufgabe der PH völlig anders sieht: als Vermittlerin von Praxistauglichkeit. Die beiden Artikel belegen die grosse Spannbreite der Lehrerausbildung in der Schweiz. (uk)
Uni-Vertrag und Lehrerausbildung, Basler Zeitung, 6.10. von André Vanoncini


Die Sparbemühungen von Regierung und Parlamentsmehrheit des Kantons Baselland stellen den bestehenden Universitätsvertrag mit dem Stadtkanton auf eine Zerreissprobe. In diesem Zusammenhang muss auch die Organisation der Lehrpersonenausbildung in unserer Region hinterfragt werden.
Einig sind sich im Grundsatz alle, dass ein Lehramtsstudium qualitativ hochstehend sowie kostenmässig effizient sein soll. So verlangen es auch die Leistungsaufträge der Universität Basel und der Pädagogischen Hochschule (PH) der FHNW. Die eine vermittelt fachwissenschaftliche ­Kompetenzen für angehende Lehrkräfte der Stufen Sek I und Sek II, ­während die andere deren Praxistauglichkeit sicherzustellen hat.
Ein Blick auf die Realität ergibt leider ein anderes Bild. Die PH betreibt nämlich im sogenannten «integrierten Studiengang für Lehrkräfte der Stufe Sek I» sowohl die fachliche als auch die berufspraktische Ausbildung. Sie betätigt sich also parallel zur ­Universität in einem Aufgabenfeld, für das sie wenig geeignet ist. Um ihre inhärente Schwäche auf diesem Gebiet zu verhüllen, hat sie den fachlichen Anteil an der Ausbildung auf ein ­Minimum beschränkt, zugunsten von theorie­lastiger Didaktik und Erziehungs­wissenschaft.
In den beiden Basel, wo die weitaus grösste Zahl zukünftiger Lehramts­kandidaten aller Stufen anfällt, ist es bezeichnenderweise die Universität, die die minimale Fachausbildung der Sek-I-Studierenden mit von der PH finanzierten Lehraufträgen zu erbringen hat. Warum diese Doppelspurigkeiten und Ungleichgewichte? Der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass man sich einst eine Ausweitung der Uni-Trägerschaft auf Aargau und Solothurn erhofft hatte. Als vermeintliches Gegengeschäft übergab man die FHNW- und die PH-Direktion nach Brugg. Wir alle wissen, dass die beiden Basel weder den Aargau noch Solothurn ins Uni-Boot holen konnten und auch in Zukunft nicht gewinnen werden. Trotzdem beteiligen sie sich aber weiterhin brav an der PH unter Brugger Leitung.
Eine Qualitätsverbesserung und Effizienzsteigerung der Lehrpersonenausbildung ohne Rücksicht auf obsolete und kostspielige Bildungsraumprojekte ist darum ein Gebot der Stunde. Dabei ist der Universität als Fachausbildnerin zukünftiger Sekundarlehrpersonen, die alleinige Verantwortung zu übertragen. Die dafür gebundenen Mittel der PH, vor allem im Bereich Professuren/Overhead, können teilweise eingespart werden, da die Universität über die entsprechenden Kapazitäten in den Schulfächern verfügt. Eine Rück­dimensionierung auf das Modell PH beider Basel (es existierte bis 2009) ist dabei ins Auge zu fassen.
Diese Lösung würde es auch erlauben, den erziehungswissenschaftlichen Bereich der PH an der Universität anzusiedeln – so wie das in Bern, Freiburg und Zürich der Fall ist – und das bisher eher bescheiden aufgestellte Institut für Bildungswissenschaften aufzuwerten. Gleichzeitig könnte die PH ihren Kernauftrag der berufspraktischen Lehrpersonenausbildung ohne ständiges Schielen auf universitäre Theorie- und Forschungsansprüche wahrnehmen. Schliesslich wäre auch die Integration der PH in die Uni gemäss Genfer Modell zu erwägen. Vielleicht käme so Baselland zu seiner ersehnten Universitätsabteilung.

André Vanoncini, ist ehem. Dozent für französische Literaturwissenschaft an der Universität Basel.

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