3. Oktober 2015

Lehrerverbände fordern Vorbereitungen auf Flüchtlinge

Angesichts der Flüchtlingsströme in Europa müssen sich die Kantone darauf einstellen, dass die Zahl der Asylsuchenden auch in der Schweiz deutlich ansteigt. Weil darunter auch viele Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sein dürften, sei auch die Schule von dieser Entwicklung stark betroffen, schreibt der Berner Lehrerverband in einer Mitteilung von Ende September.






Unter den Asylsuchenden sind auch viele schulpflichtige Kinder, Bild: EPA
Flüchtlingswelle stellt Lehrer vor Herausforderungen, Berner Zeitung, 3.10. von Philipp Hufschmid

Für den Verband ist klar, dass es nicht Sache der Schule sein könne, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Er stellt deshalb eine Reihe von Forderungen. So sei etwa flächendeckender Deutschunterricht nötig, bevor die Flüchtlingskinder in Regelklassen integriert werden könnten. Die Schule brauche aber auch Unterstützung von Fachpersonen, die sich um die Sozialisierung der Kinder und Jugendlichen kümmerten.
Flüchtlingskinder seien teilweise noch nie zur Schule gegangen, hätten traumatische Erlebnisse hinter sich und würden die Kultur und die geltenden Regeln nicht kennen. Der Berner Lehrerverband warnt davor, dass gerade junge Lehrpersonen von der Situation überfordert werden könnten.
Dachverband zieht nach
Beat W.Zemp, Präsident des Lehrerdachverbands LCH, unterstützt die Position des Berner Lehrerverbands vorbehaltlos. Der LCH sei daran, zusammen mit der Westschweizer Lehrergewerkschaft SER eine gesamtschweizerische Position zu den Flüchtlingskindern zu erarbeiten.
Dabei orientiere man sich an der Stellungnahme aus den 90er-Jahren, in der sich die Erziehungsdirektorenkonferenz zur Einschulung aller Flüchtlingskinder aus dem Balkan bekannten. Das Problem mit den gegenwärtigen Migrationsströmen sei aber, dass vermehrt unbegleitete Teenager darunter seien, warnt Zemp. Diese seien viel schwieriger einzuschulen als Kinder, die mit ihren Familienangehörigen geflüchtet seien. Möglicherweise brauche es dafür separate Schulen.
Die Erziehungsdirektion des Kantons Bern hat bisher kaum Vorkehrungen getroffen für den Fall, dass die Zahl der schulpflichtigen Flüchtlingskinder deutlich zunehme. Die Erziehungsdirektion stelle bei Bedarf zusätzliche Lektionen für die Förderung der Sprache und der Integration zu Verfügung, erklärt Johannes Kipfer vom Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung.
Für die Einschulung von Flüchtlingskindern, das Lehrpersonal und die Infrastruktur seien die Gemeinden zuständig. Deutschunterricht als erste Integrationsmassnahme vor der Eingliederung von Flüchtlingskindern in Regelklassen sei bereits seit 4 bis 5 Jahren gängige Praxis, behauptet Kipfer. Je nach Anzahl Kinder werde Deutsch in separaten Intensivkursen oder zusätzlich zum Regelunterricht gelehrt.
Kanton Zürich wartet ab
«Die aktuelle Situation ist schwierig, aber nicht dramatisch», sagt Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamts. Sollte die Zahl der Flüchtlingskinder im Kanton Zürich steigen, würden für sie weitere sogenannte Aufnahmeklassen in den kantonalen Durchgangszentren eingerichtet.

Dort erhielten sie Deutschunterricht und könnten sich in die schweizerische Schulwelt einleben. Zur Betreuung von «Kindern mit besonderen Bedürfnissen» können laut Wendelspiess bereits in den Durchgangszentren heilpädagogische Fachpersonen oder interkulturelle Dolmetscher beigezogen werden. 

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