Angesichts
der Flüchtlingsströme in Europa müssen sich die Kantone darauf einstellen, dass
die Zahl der Asylsuchenden auch in der Schweiz deutlich ansteigt. Weil darunter
auch viele Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter sein dürften, sei
auch die Schule von dieser Entwicklung stark betroffen, schreibt der Berner
Lehrerverband in einer Mitteilung von Ende September.
Unter den Asylsuchenden sind auch viele schulpflichtige Kinder, Bild: EPA
Flüchtlingswelle stellt Lehrer vor Herausforderungen, Berner Zeitung, 3.10. von Philipp Hufschmid
Für
den Verband ist klar, dass es nicht Sache der Schule sein könne, die
notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Er stellt deshalb eine Reihe von
Forderungen. So sei etwa flächendeckender Deutschunterricht nötig, bevor die
Flüchtlingskinder in Regelklassen integriert werden könnten. Die Schule brauche
aber auch Unterstützung von Fachpersonen, die sich um die Sozialisierung der
Kinder und Jugendlichen kümmerten.
Flüchtlingskinder
seien teilweise noch nie zur Schule gegangen, hätten traumatische Erlebnisse
hinter sich und würden die Kultur und die geltenden Regeln nicht kennen. Der
Berner Lehrerverband warnt davor, dass gerade junge Lehrpersonen von der
Situation überfordert werden könnten.
Dachverband zieht nach
Beat
W.Zemp, Präsident des Lehrerdachverbands LCH, unterstützt die Position des
Berner Lehrerverbands vorbehaltlos. Der LCH sei daran, zusammen mit der
Westschweizer Lehrergewerkschaft SER eine gesamtschweizerische Position zu den
Flüchtlingskindern zu erarbeiten.
Dabei
orientiere man sich an der Stellungnahme aus den 90er-Jahren, in der sich die
Erziehungsdirektorenkonferenz zur Einschulung aller Flüchtlingskinder aus dem
Balkan bekannten. Das Problem mit den gegenwärtigen Migrationsströmen sei aber,
dass vermehrt unbegleitete Teenager darunter seien, warnt Zemp. Diese seien
viel schwieriger einzuschulen als Kinder, die mit ihren Familienangehörigen
geflüchtet seien. Möglicherweise brauche es dafür separate Schulen.
Die
Erziehungsdirektion des Kantons Bern hat bisher kaum Vorkehrungen getroffen für
den Fall, dass die Zahl der schulpflichtigen Flüchtlingskinder deutlich
zunehme. Die Erziehungsdirektion stelle bei Bedarf zusätzliche Lektionen für
die Förderung der Sprache und der Integration zu Verfügung, erklärt Johannes
Kipfer vom Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung.
Für
die Einschulung von Flüchtlingskindern, das Lehrpersonal und die Infrastruktur
seien die Gemeinden zuständig. Deutschunterricht als erste
Integrationsmassnahme vor der Eingliederung von Flüchtlingskindern in
Regelklassen sei bereits seit 4 bis 5 Jahren gängige Praxis, behauptet Kipfer.
Je nach Anzahl Kinder werde Deutsch in separaten Intensivkursen oder zusätzlich
zum Regelunterricht gelehrt.
Kanton Zürich wartet ab
«Die
aktuelle Situation ist schwierig, aber nicht dramatisch», sagt Martin
Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamts. Sollte die Zahl der
Flüchtlingskinder im Kanton Zürich steigen, würden für sie weitere sogenannte
Aufnahmeklassen in den kantonalen Durchgangszentren eingerichtet.
Dort
erhielten sie Deutschunterricht und könnten sich in die schweizerische
Schulwelt einleben. Zur Betreuung von «Kindern mit besonderen Bedürfnissen»
können laut Wendelspiess bereits in den Durchgangszentren heilpädagogische
Fachpersonen oder interkulturelle Dolmetscher beigezogen werden.
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