Das Initiativkomitee
der Volksinitiative „Gute Schule Graubünden – Mitsprache des Volkes bei
Lehrplänen!“ hat am Donnerstag, 1.Oktober 2015 den Initiativtext zur Änderung
der Artikel 29 und 103 des Bündner Schulgesetzes vorgestellt und erläutert. Die
Gesetzesänderungen sind notwendig, um ein Kernziel der Initiative, die breitere
demokratische Legitimierung von Lehrplänen sicherzustellen. Dies geschieht
durch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Grossen Rat. Damit
entfällt der bisherige Status der Lehrpläne als autonomer Regierungserlass. Die
Mitsprache des Volkes ist durch das fakultative Referendum gewährleistet.
Informationen über die Initiative sind greifbar unter www.guteschule-gr.ch
Initiativkomitee Gute Schule Graubünden - Mitsprache des Volkes bei Lehrplänen, 1.10.
Der Beschluss des
Grossen Rates „über die grundlegenden Inhalte und Ziele des Unterrichts in den
einzelnen Fächern und über die Jahresziele der Klassen untersteht dem
fakultativen Referendum.“ Marlies Klesse erörterte in ihrem Statement die
Problematik des konstruktivistisch orientierten Unterrichts. Sie zeigte die
Veränderungen im Schulwesen aus Elternsicht auf. Die schleichend eingeführte
Systemänderung zeigt sich im Vorfeld des Lehrplans 21 immer mehr. Die Lehrer
erklären und unterrichten kaum mehr, mit dem Ziel, dass die Kinder sich den Stoff
„selbstbestimmt“ aneignen sollen. Ein grosser Mangel an solidem Wissen ist das
Resultat. Man kann nicht auf dem Buckel unserer Kinder eine Schule umkrempeln,
ohne die Eltern zu informieren. Es ist Zeit, dass Eltern über die Volksschule
mitentscheiden können.
Für Elisabeth
Calcagnini sind Chancengerechtigkeit und die Förderung schwächerer Kinder
zentrale Anliegen. Als Heilpädagogin erlebte sie in den letzten zwanzig Jahren
die belastende Unruhe durch Reformen und Neurungen im Volksschulwesen. Die neue
Unterrichtsdoktrin wird nicht erst mit der Umsetzung des Lehrplans 21 in die
Schulen drängen, die wichtigsten Veränderungen sind schon heute fast
flächendeckend vollzogen und die negativen Folgen bereits allgegenwärtig. Die
Formen des konstruktivistisch geprägten Unterrichts führen zur Schmälerung der
pädagogisch unverzichtbaren Lehrer-Schüler Beziehung; der weitgehend
individualisierte Unterricht lässt die Kinder im Stich. Allein gelassen mit
einem Wochenplan oder in einer Lernlandschaft verlieren mittlere und schwächere
Kinder die Motivation. Ihre Lücken im grundlegenden Wissen vergrössern sich von
Jahr zu Jahr. Am Ende der Schulzeit haben sie kaum mehr die Chance, eine
Berufslehre absolvieren zu können. Elisabeth Calcagnini kommt zum Schluss, dass
jeder in sozialen Fragen Engagierte gegen eine von der Regierung verordneten
Festschreibung des Lehrplans 21 protestieren sollte, andernfalls gerate die
Idee der Chancengerechtigkeit vollends zur Makulatur.
Fritz Tschudi richtet
seine Aufmerksamkeit als ehemaliger Oberstufenlehrer auf die bildungspolitisch
gesteuerten Abläufe. Die Verknüpfung der Kompetenzorientierung mit der
konstruktivistischen Unterrichtsideologie (Abschaffung der effizienten
Unterrichtsformen) ist ein weltweit nirgends bewährter Unfug. Nicht ohne Grund
verzichtet die D-EDK bis heute auf die vollständige Offenlegung der politischen
Absichten, welche der Übernahme des OECD-Konzeptes zugrunde liegen, obwohl man
sich ursprünglich lediglich auf eine sinnvolle Harmonisierung der Lerninhalte
(Lernziele) in einem gemeinsamen „Deutschschweizer Lehrplan“ einigen wollte.
Damals, vor ca. 10 Jahren, war keine Rede von der nun vollzogenen Abkehr von
der Lernzielorientierung zugunsten des Kompetenzkonzepts. Niemand sprach damals
von einem faktischen Verbot des klassischen, von Lehrpersonen geführten und
vielfältig gestalteten Unterrichts im Klassenverband, in Gruppen oder
individuell.
Die Verbreitung des
wissenschaftlich ungeklärten Lehrplan- bzw. Unterrichtskonzeptes mit dem
Lehrplan 21 zeigt Merkmale von Propaganda. Unredlich auch das oft zu hörende
Verdikt, der Lehrplan 21 sei absolut „unverzichtbar“, weil er die Bestimmungen
des Bildungsartikels (Art.62/4) in der Bundesverfassung umsetze. Das ist
deshalb unzutreffend, ja grob irreführend, weil der Bildungsartikel die
Harmonisierung der Schulsysteme verlangt, welche mit jedem beliebigen Konzept
gleichermassen erreicht werden könnte. Der Bildungsartikel fordert aber mit
keinem Wort ein bestimmtes Lehrplankonzept. Er verlangt weder
Kompetenzorientierung noch „selbstbestimmtes Lernen“ in einem
konstruktivistisch ausgerichteten Unterricht. Es ist deshalb fahrlässig, die
reale Ausrichtung und die Gestaltung unseres Volksschulwesens allein dem
Belieben der Bildungsbürokratie, dem verwirrenden Aktionismus vieler Lehrmittelproduzenten
oder gar dem zeitgeistigen Belieben der Pädagogischen Hochschulen zu
überlassen. Wer in heutigen Lehrmitteln nach strukturierten Lernhilfe
(Repetition, Vertiefung, Systematik) sucht, sieht sich krass enttäuscht. Der
Abschied von der Fachlichkeit im Unterricht und der Faszination durch
Lerninhalte droht Realität zu werden.
Individualisiertes
Lernen ohne die „Einmischung“ aktiv unterrichtender Lehrpersonen gilt als neuer
Standard und wird seit Jahren von den Pädagogischen Hochschulen und in Weiterbildungen
– unwidersprochen(!) - verordnet. Eigenständig denkende und agierende
Lehrerinnen und Lehrer, welche sich dieser Doktrin widersetzen, gelten als
bedauernswerte Relikte, die sich mit Vorteil einen andern Beruf suchen sollten.
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