4. September 2015

Zug will Maturitätsquote senken und damit die Sekundarstufe stärken

Die Zuger Regierung will weniger Gymnasiasten und dafür die Sekundarschule stärken. Die Lehrer sehen darin eine Sparmassnahme.


Der Kanton Zug senkt seine Maturitätquote, Tages Anzeiger, 2.9. von Michael Soukup
Eine hohe Maturitätsquote ist oder zumindest war bis vor kurzem politisch erwünscht. Im Februar stellte der Walliser Bildungsdirektor Oskar Freysinger (SVP) besorgt fest, dass die Quote in seinem Kanton von 20 auf 17 Prozent gesunken sei und deshalb wieder erhöht werden müsse. Im Mai gab die St. Galler Regierung auf Wunsch der BDP, CVP, FDP und SP einen Bericht in Auftrag, um die Gründe für die tiefe Maturitätsquote zu erfahren. Uri wiederum bildete 1995 mit 7,5 Prozent Maturanden den Schluss der interkantonalen Rangliste. Im Jahre 2010 waren es dann 19,8 Prozent, was die Urner Regierung mit Stolz erfüllte.
Der Kanton Zug hat ganz andere Probleme. Auch er hat mit einem Anstieg der Quote von 14,3 auf 22,1 Prozent (1995–2014) eine beeindruckende Aufholjagd hinter sich. Mittlerweile weist Zug nach Basel-Stadt (30,5 Prozent) die höchste gymnasiale Maturitätsquote der Deutschschweiz auf. So fragte sich denn auch die «Basler Zeitung»: «Lässt sich dieser Anstieg mit dem Wandel vom Agrarkanton zum Standort von Brief­kastenfirmen und Ablegern von Weltkonzernen erklären?»
Schuld sei der nationale Finanzausgleich
Darüber zerbricht sich heute niemand mehr den Kopf. «Der Kanton hat Interesse zu sparen und die Schülerzahl an den Kantonsschulen zu senken», sagt Simon Brugger, Vorstandsmitglied des Lehrerkonvents der Kantonsschule Zug, zu Tagesanzeiger.ch/Newsnet. Die vom Bildungsdirektor gewünschte Reduktion der Eintrittsquote ins Gymnasium von heute 20,5 auf künftig 18 Prozent würde unausweichlich zu einer tieferen Maturitätsquote führen. Und: «Ich gehe davon aus, dass sich diese dem schweizerischen Durchschnittswert von 20 Prozent angleichen wird.»Der reichste und steuergünstigste Kanton der Schweiz hat im März letzten Jahres ein schmerzhaftes Sparpaket vorgelegt. Dieses soll ab 2018 den Haushalt um jährlich 111 Millionen Franken oder rund 7,5 Prozent entlasten. Begründet hat dies die Regierung mit den rasant steigenden Zahlungen an den nationalen Finanzausgleich (NFA). Dazu bemerkte Urs Leisinger, Co-Präsident des Lehrerkonvents, im regionalen Onlineportal «Zentralplus»: «Der NFA lässt sich natürlich nur im Sinne Zugs umgestalten, wenn der Kanton auch eine angespannte finanzielle Situation ausweist.»
Überdurchschnittlich hart treffen die Sparmassnahmen die Bildung. 15 Millionen sollen alleine auf dem Buckel der kantonalen Schulen gespart werden. «Das sind rund 15 Prozent der Budgets dieser Schulen», stellt Leisinger fest. Konkret heisse das: Abbau von 40 Vollzeitstellen, Senkung der Budgets für Unterrichtsmaterial, weniger Unterrichtszeit sowie Reduktion der Eintrittsquote ins Gymnasium und damit der Maturitätsquote. In den Sommerferien begann die Lehrerschaft aus Protest, online ­Unterschriften dagegen zu sammeln.
Der für die Bildung zuständige SVP-Regierungsrat Stephan Schleiss hält fest, dass es keinen Abbau von 40 Vollzeitstellen gäbe. Diese Sicht sei auf den Standort Zug verkürzt. 24 Stellen würden nicht abgebaut, sondern mit den Klassen von Zug nach Menzingen verschoben, wo ein neues Langzeitgymnasium aufgebaut werde.
«Keine Katastrophe»
Der Leiter des Amts für Mittelschulen, Michael Truniger, betont zudem: «Im Rahmen des Entlastungsprogramms wurde beschlossen, dass bei den Übertrittsverfahren von der Primarschule an die Langzeitgymnasien und von der Sek-Schule in die Kantonsschulen stärker zu steuern und zu selektionieren sei.» Die Massnahme stehe aber im Zusammenhang mit dem Legislaturziel 2015–2018, die Sek-Schule zu stärken und das Langzeitgymnasium zu entlasten. Dieses Ziel sei vor dem Sparpaket formuliert worden: «Weil die Verlagerung entlastend wirkt, wurde sie dem Entlastungsprogramm zugerechnet», so Truniger.
Sukkurs erhält die Regierung von Urs Moser, Bildungsforscher an der Uni ­Zürich: «Aus einer bildungspolitischen Perspektive ist die Reduktion der Zuger Maturitätsquote keine Katastrophe, denn dadurch wird das duale Bildungssystem eher gestärkt und die Maturität bestimmt nicht geschwächt.»

1 Kommentar:

  1. Das sogenannte Stärken der Sekundarschule ist ein Trug und Betrug. Man müsste dann in eine qualitativ bessere Ausbildung dort investieren, dies passiert aber nicht.

    AntwortenLöschen