20. Januar 2016

Das Fach Geschichte im Lehrplan 21

Der Bündner Erziehungschef Martin Jäger nimmt Stellung zu Aussagen, wonach das Fach Geschichte im Lehrplan 21 an Bedeutung verliere. Jäger stellt dabei insbesondere klar, dass "Lehrpersonen, die entweder nur für Geschichte oder Geografie ausgebildet sind, ihren Bereich weiterhin als eigenständiges Fach unterrichten können".














In der Altsteinzeit, Bild aus der Ausstellung Urgeschichte, zVg von Christian Foppa
Das Fach Geschichte im Lehrplan 21, Blog Südostschweiz, 20.1. von Martin Jäger


Geschichte ist im Lehrplan 21 – wie in vielen Kantonen bereits in den aktuellen Lehrplänen – nicht mehr als gänzlich eigenständiger Teil abgebildet. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Geschichte im Lehrplan 21 fehlen würde. Geschichte ist auch in unserem Alltag – zum grossen Glück – immer wieder sehr präsent. Sie begegnet uns in Gebäuden, Denkmälern, Museen, aber auch in alltäglichen Gegenständen oder in Erzählungen über frühere Zeiten. Die Kenntnis der Vergangenheit ist ganz einfach Teil unserer Kultur. Es muss deshalb weiterhin eine der Aufgaben der Schule bleiben, die Schülerinnen und Schüler für Geschichte zu sensibilisieren und ihnen neben Inhalten auch einen kritischen Umgang mit Geschichte zu vermitteln. Zum Geschichtsunterricht gehört aus meiner Sicht auch zwingend und immer wieder eine Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Fragen.
Im Lehrplan 21 ist Geschichte auf der Primarschulstufe Teil des Fachbereichs «Natur, Mensch, Gesellschaft» und wird somit wie bisher ganzheitlich unterrichtet. Im Teilbereich «Zeit, Dauer und Wandel verstehen» lernen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel, die Epochen auf einem Zeitstrahl einzuordnen. Sie behandeln die Altsteinzeit oder erfahren, wie Funde, alte Gegenstände oder Karten dabei helfen, sich ein Bild über das Leben einer früheren Gesellschaft zu machen. Im Lehrplan für die Sekundarstufe I wird darauf aufbauend dann die Fachlichkeit stärker gewichtet, indem der Fachbereich «Natur, Mensch, Gesellschaft» in die vier Fächer «Natur und Technik (mit Physik, Chemie, Biologie)», «Wirtschaft, Arbeit, Haushalt (mit Hauswirtschaft)», «Ethik, Religionen, Gemeinschaft (mit Lebenskunde)» und «Räume, Zeiten, Gesellschaften (mit Geografie, Geschichte)» unterteilt wird.

In «Räume, Zeiten, Gesellschaften» beziehen sich je vier Bereiche im neuen interkantonalen Lehrplan auf Geografie resp. Geschichte. Die geschichtlichen Inhalte sind dabei klar ausgewiesen und mit der Überschrift «Geschichte» sogar gesondert gekennzeichnet. Lehrpersonen, die entweder nur für Geschichte oder Geografie ausgebildet sind, können ihren Bereich weiterhin als eigenständiges Fach unterrichten. Lehrpersonen, die beide Fächer unterrichten, können ideal fächerübergreifend planen und räumliche und zeitliche Perspektiven in Bezug zueinander setzen. So kann beispielsweise das uns aktuell so bewegende Thema der Mobilität und Flucht aus geschichtlicher wie auch aus geografischer Perspektive behandelt werden.

Das Lern- und Unterrichtsverständnis des Lehrplans 21 will bewusst nachhaltiges Lernen fördern. Der Lehrplan enthält fachliche Kernideen, lenkt den Blick aber auch auf Zusammenhänge und Prozesse. Er ermöglicht es, Inhalte stets aus unterschiedlichen Perspektiven zu bearbeiten. Das Konzept der Fachbereiche fördert ein fächerübergreifendes Denken und basiert auf der Grundidee, dass Alltagssituationen und -fragen selten nur an ein einziges Fach gebunden sind. Die Methodenfreiheit der Lehrpersonen bleibt allerdings stets gewahrt. Sie entscheiden, auf welchem Weg ihre Schülerinnen und Schülern die vorgegebenen Kompetenzen erreichen sollen.
Die vier gängigen Bereiche der Geschichte, in denen die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I Wissen und Fähigkeiten erwerben, sind Schweizer Geschichte, Weltgeschichte, Politische Bildung sowie Geschichtskultur. Bestimmte traditionell verankerte Bildungsinhalte sind dabei verbindlich vorgegeben (zum Beispiel bei der Schweizer Geschichte im 20. Jahrhundert: Schweiz während der Zeit der Weltkriege; Landesstreik; Schweiz im Kalten Krieg, in der Hochkonjunktur; Frauenstimmrecht). So ist gewährleistet, dass diese Inhalte wirklich allen Schülerinnen und Schüler flächendeckend in allen 21 beteiligten Kantonen vermittelt werden, was den Schulen der Sekundarstufe II erleichtert, an den obligatorischen Inhalten aus der Sekundarstufe I anzuknüpfen.

Ausschlaggebend für die Qualität jedes Faches bleiben aber weiterhin die Lehrpersonen. Sie gestalten auf der Grundlage des Lehrplans und der Lehrmittel auch in Zukunft einen fachlich fundierten und spannenden Geschichtsunterricht. 


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