22. September 2015

Keine unterschiedlichen Lektionstafeln an Zürcher Oberstufe

Das Anliegen lässt sich kurz fassen, die Diskussion darüber flammt aber immer wieder auf: Soll die Lektionentafel der Sekundarschule, welche regelt, wie die Unterrichtszeit auf die Fächer verteilt wird, in den Abteilungen A, B und C unterschiedlich aussehen? Ja, sagen die Sekundarlehrer Christoph Ziegler (glp., Elgg) und Matthias Hauser (svp., Hüntwangen) zusammen mit dem Wädenswiler Stadtrat und Schulpräsidenten Johannes Zollinger (evp.). Sie wollen namentlich den Fremdsprachenunterricht in den Abteilungen B und C zugunsten des Faches Deutsch reduzieren. Dafür könnten allenfalls in der Abteilung A Handarbeit und Haushaltkunde reduziert werden.
Die Sekundarstufe soll flexibel bleiben, NZZ, 22.9. von Walter Bernet


Sie vertreten damit auch viele (handwerklich ausgerichtete) Lehrmeister, welche auf Lehrlinge angewiesen sind, die Deutsch und die Dreisatzrechnung können, aber keine Fremdsprachen beherrschen müssen. Motivieren könne nur eine Ausbildung, in der man Chancen habe, zu den Guten zu gehören, sagte Hauser. Einem Sek-C-Schüler werde das kaum gelingen. Er hätte hingegen bessere Chancen, eine Lehrstelle zu finden, wenn er seine praktischen Fertigkeiten besser hätte entwickeln können und dazu geometrisches Zeichnen gelernt hätte.

Individuell statt generell
Es genüge nicht, innerhalb eines Faches nach Leistungsniveau zu differenzieren. Und auch die heute möglichen Dispensationen reichten nicht aus, sagte Hauser. Ziegler ergänzte, es fehle heute in der Sekundarstufe die Zeit, die Schwächere benötigten, um basale Fähigkeiten einzuüben und zu festigen. Zudem gebe es in der Oberstufe schon eine Differenzierung der Lektionentafeln - beim Langgymnasium.
In der Kommission für Bildung und Kultur (KBIK) war die Initiative auf Ablehnung gestossen. Die Dispensation von einem Fach, um Defizite in einem andern aufzuholen, sei heute individuell möglich und werde auch praktiziert, sagte der ehemalige KBIK-Präsident Ralf Margreiter. Ersetze man stattdessen die heutige Lektionentafel durch unterschiedliche neue, löse man ein starres System durch ein anderes starres System ab. Richtig sei individuelle Förderung, auch im Rahmen des Wahlfachsystems. Das Problem mangelnder Deutschkenntnisse der Schulabgänger betreffe im Übrigen die ganze Volksschule und bedürfe anderer Lösungen.
Damit war eine intensive Debatte mit klaren Fronten angestossen. Markus Schaaf (evp., Zell) setzte sich für mehr Differenzierung ein mit dem Argument, ein Sek-C-Schüler habe in seiner Schulkarriere so viele Niederlagen einstecken müssen, dass man ihm zu Selbstvertrauen, nicht zum Begreifen des Subjonctif verhelfen müsse. Es sei auch nicht gerecht, Elefant und Eichhörnchen in einem Wettkampf nach den gleichen Regeln antreten zu lassen.
Diese Ziele seien löblich, sagte dagegen Jacqueline Peter (sp., Zürich), aber es gebe auch B- und C-Schüler, die sprachlich nicht unbegabt, dafür schlecht im Werken seien. Ihnen würde man die Wege in nicht handwerkliche Berufe verbauen, ergänzte Cäcilia Hänni (fdp., Zürich). Karin Fehr (gp., Uster) warnte davor, den Fremdsprachenstreit auf dem Buckel der Schwächeren auszutragen. Judith Stofer (al., Zürich) warf der Gegenseite vor, die B- und C-Schüler als nicht bildungsfähig abzustempeln.

Wie viel Bildung soll es sein?

Stefan Hunger (bdp., Mönchaltorf) hält die Befreiung von einzelnen Fächern für sinnvoll, aber nur individuell. Die Sekundarstufe sei auf Durchlässigkeit angelegt; wenn schon, müsste man eine Reform der Stufe systematisch angehen. Für Esther Guyer (gp., Zürich) steckt hinter der Initiative die Vorstellung, schwächere Schüler sollten weniger Bildung erhalten. Die Schule dürfe sich nicht nur an den Bedürfnissen der Lehrmeister orientieren. Ziegler replizierte, nicht weniger Bildung, sondern solche, die den Schwächeren nütze, sei das Ziel. Ähnliche frühere Vorstösse seien zu Recht abgelehnt worden, schloss Bildungsdirektorin Silvia Steiner. Der Rat folgte ihr und lehnte die Initiative mit 91 zu 71 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

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