25. August 2015

Schulen sollen Lehrern den Rücken stärken

Der Kommentator der Südostschweiz fordert eine "Aufwertung der Schulleiterfunktion", damit sich die Lehrer wieder vermehrt aufs Unterrichten konzentrieren können. Doch sorgen noch höhere Schulleiterpensen wirklich für eine Entlastung der Lehrkräfte? Zweifel sind berechtigt. In meiner Lehrerlaufbahn konnte ich miterleben, wie die Pensen für Schulleitungen kontinuierlich ausgebaut wurden und werden. Was früher im Kollegium und im direkten Kontakt mit der Schulbehörde (Schulrat/Schulpflege) entschieden wurde, läuft heute grösstenteils über die Schulleitung. Die zwischen Lehrern und den Schulbehörden operierende Schulleitung nimmt den Lehrkräften letztlich Verantwortung und Macht weg, ohne dass die Lehrer spürbar entlastet werden. Denn mehr Administration führt auch zu mehr Legitimationsdruck seitens der Schulleitung. Die von den PH und der Bildungsbürokratie gefeierte Einführung der Schulleitungen verdiente eine kritischere Würdigung. Denn letztlich zählt, was am Ende für die Schüler herausspringt. (uk)
Die Schulbehörden in Graubünden könnten und müssten mehr für ihre Lehrer tun, Südostschweiz, 25.8. Kommentar von Stefan Bisculm


Der erste Schultag steht für einen Neubeginn. ­Eltern, Schüler, Lehrer und Behörden erhalten die Gelegenheit, Geschehenes zu analysieren und Verbesserungen einzuleiten. Ähnlich einem Unternehmen muss sich auch die Schule immer wieder die Frage stellen, wie sie ihren Auftrag – die Entwicklung der Schüler zu mündigen und verantwortungsvollen Persönlichkeiten – in einem sich stets verändernden Umfeld bestmöglich ­erfüllen kann.
Bei der Erfüllung dieses Auftrags kommt der Lehrerin und dem Lehrer zweifellos eine Schlüsselrolle zu. Mit ihnen steht und fällt die Qualität der Schule. Den grössten Verbesserungsbedarf scheint es in Graubünden aber vor allem eine Stufe weiter oben zu geben. Spricht man hier nämlich mit Lehrern, die ausserhalb der Kantonsgrenzen Erfahrungen im Schulwesen sammeln konnten – etwa in Zürich oder St. Gallen –, zeigen sich diese oft ernüchtert ob der Unter­stützung, die sie nun von «oben» erfahren. Den Organisationsgrad in den Bündner Schulhäusern erleben sie als kleineren Kulturschock, und insbesondere in Konfliktsituationen vermissen sie die Rückendeckung der Behörden.
Die Arbeit der Lehrer ist aus unterschiedlichen Gründen an­spruchs­voller geworden. Massgebenden An­teil daran hat die aufwendigere Zu­sammenarbeit mit den Eltern. Es ist grundsätzlich nicht verkehrt, wenn sich Eltern mehr für die Qualität der schulischen Ausbildung ihrer Kinder interessieren und diese darin be­stärken, sich gegen Machtmissbräuche von Lehrern zur Wehr zu setzen. Wenn dieses neue Selbstbewusstsein der Eltern und Schüler aber immer häufiger den Beizug von juristisch ausgebildetem Personal nach sich zieht, sind die Schulbehörden ge­fordert, Gegensteuer zu geben und den Lehrern stärker beizustehen.


Mit dem neuen Schulgesetz haben der Grosse Rat und die Bündner Volksschule die Weichen gestellt, damit das Arbeitsumfeld der Bündner Lehrer nachhaltig verbessert werden kann. Insbesondere die Einführung und Aufwertung der Schulleiterfunktion in den Schulhäusern muss dazu führen, dass die Bündner Volksschule auf der Führungsebene professioneller nach aussen auftritt und ihren Lehrern damit wieder mehr Zeit für ihre Hauptaufgabe, das Unterrichten, freimacht.

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