11. Juli 2015

Positive Beurteilung der Aargauer integrativen Schule

Funktioniert es, schwierige, lernschwache oder behinderte Schüler in normalen Klassen unterzubringen? Eine Studie zeigt nun: Die Aargauer Schulen beurteilen die integrative Schule mehrheitlich positiv.
Studie zeichnet positives Bild der integrativen Schule im Aargau, SRF Regional, 7.7.


Die Studie kommt von der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz. Sie arbeitet mit ersten Ergebnissen aus einer Dissertation zum Stand der integrativen Schule im Aargau. Dafür wurden Lehrpersonen, Heilpädagogen und Schulleiter befragt. Insgesamt 285 Personen.
Die Mehrheit von ihnen findet grundsätzlich: Die integrative Schule wurde erfolgreich umgesetzt. Weiter geben die Befragten an, dass dieses Schulmodell Vorteile habe für alle Schülerinnen und Schüler. Also für diejenigen ohne Probleme, aber auch für diejenigen mit einer Behinderung, Verhaltensauffälligkeit oder Lernschwierigkeit.
Drei Viertel der Befragten finden, die Leistung in den Regelklassen sei nicht geringer geworden seit der Einführung der integrativen Schule. Und fast 80 Prozent sind der Meinung, dass die behinderten, lernschwachen und verhaltensauffälligen Schüler gut integriert seien in den normalen Klassen.
Auch die Zusammenarbeit zwischen den Lehrerinnen und den Heilpädagoginnen, welche Kinder mit Problemen zusätzlich unterstützen, wird mehrheitlich positiv beurteilt. Mehr als 70 Prozent sind zufrieden damit.
Dennoch: die integrative Schule ist für zwei Drittel der Befragten eine Herausforderung, für einen Drittel gar eine Belastung. Der Kanton stelle zu wenig Ressourcen zur Verfügung, ist einer der Kritikpunkte der Lehrer, Schulleiter und Heilpädagogen.
Die Heilpädagoginnen ihrerseits fühlen sich vermehrt durch die Lehrpersonen eingeschränkt. Ausserdem geben sie in der Studie mehrheitlich an, dass ihr Verständnis von Integration nicht identisch ist mit demjenigen der Lehrpersonen.
Bedenken äussern die Befragten in der Studie bei der Realschule. Mehr als die Hälfte befürchten, dass die Realklassen zu Kleinklassen werden. Ruth Füglistaler von der Sektion Heilpädagogik beim Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (ALV) versteht diese Bedenken.
In der Primarschule verteilten sich die Schüler mit Probleme auf viele verschiedene Klassen, in der Oberstufe kämen sie praktisch alle in der Realschule zusammen, so Füglistaler. Es sei eine grosse Herausforderung für die Heilpädagogen und Lehrpersonen, dafür zu sorgen, dass die guten Realschüler dabei nicht zu kurz kämen.
Auch Manfred Dubach, Geschäftsführer des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverband alv, sagt: «Die grössten Probleme mit dem integrativen Schulmodell haben wir in der Realschule». In der Realschule müsste man fünf Mal mehr Schüler mit Problemen integrieren als in der Primarschule.
Die Lösung sieht Dubach darin, dass man die Realklassen vergrössert, dafür aber ständig von zwei Lehrpersonen betreuen lässt, im Idealfall von einem Lehrer oder einer Lehrerin und einem Heilpädagogen oder einer Heilpädagogin.
Trotz dieser Kritikpunkte: Die meisten Befragten möchten gemäss Studie nicht mehr zurück zum alten Schulmodell mit Kleinklassen. Sie empfinden das neue integrative System als eine Verbesserung.


1 Kommentar:

  1. Cyril Beritkov hat auf der Webseite von SRF den folgenden Kommentar hinterlassen:
    Wenn man sich diese Studie ansieht, fällt methodisch gleich die problematische Auswahl der Teilnehmer auf: Diese wurden über eine Website gefunden und sind nicht repräsentativ für den Aargau (das stellen die Autoren selber fest). Es handelt sich also eher um eine Bestandesaufnahme bei mutmasslichen Integrations-Fans. Mit ähnlichen Methoden wurden von der Pharmaindustrie in den 90ern Antidepressiva hochgeschrieben. In der Pädagogik funktionieren diese Tricksereien offenbar noch gut.

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