Ein Mädchen isst seinen Znüni im Kindergarten, Bild: Georgios Kefalas
"Lehrer sollen nicht über den Znüni bestimmen", 20 Minuten, 3.7. von Annette Hirschberg
Lehrer in Grossbritannien konfiszierten kürzlich ein Minipic und ein
Scotch Egg (Ei in Wurstbrät und das Ganze frittiert) aus Essensboxen von
Schülern. Dies führte zu einem Aufschrei unter den Eltern, weil die Schule sich
ihrer Meinung nach zu sehr in Privates einmische. Aber das
Erziehungsministerium hat nun offiziell bestätigt, dass Lehrer berechtigt sind,
die Boxen zu durchsuchen und ungesundes Essen wegzunehmen.
Auch in der Schweiz ist das Essen, das Kinder in die Schule mitbringen,
ein wichtiges Thema. Es geht vor allem um den Znüni. Dieser solle möglichst
wenig Fett und Zucker enthalten und vor allem aus Vollkorngetreide, Früchten
oder Gemüse bestehen, sagt Sprecher Simon Thiriet vom Erziehungsdepartement
Basel-Stadt.
Gesunde Ernährung als Ziel
Halten sich die Eltern nicht daran, wird interveniert. «Wenn Kinder
regelmässig Essen mitbringen, das nicht den Empfehlungen entspricht, sprechen
die Lehrpersonen dies zuerst bei den Eltern an», so Thiriet. Damit die Eltern
verstehen würden, was sich die Schule vorstelle, werde im ersten Kindergarten
auch eine Box mit einem Beispiel-Znüni abgegeben. Mit dabei sei ein Flyer
voller Tipps, was gesund sei. Thiriet: «Ziel ist, dass sich alle Schulkinder
vom Kindergarten bis zum Ende der Schulzeit gesund ernähren.»
Die Lehrpersonen dürfen laut Ralph Kreuzer, Sprecher des Stadtzürcher
Schul- und Sportdepartements, die Eltern aber nicht zwingen, das passende Essen
mitzugeben. «Die Znüni-Tipps an die Eltern sind nur Empfehlungen, keine
Weisungen.» Und: Man nehme den Kindern kein Essen weg.
Die Madeleine kam wieder nach Hause
Die Idee sei aber schon, dass die Kinder nicht Mars, Chips oder
Früchtequarks mitbringen würden. «Wenn es gar nicht klappt, werden die Eltern
auch mal auf die Seite genommen oder der Znüni in einem Elterngespräch
thematisiert», so Kreuzer. Die allermeisten Eltern würden das Konzept aber
schnell begreifen und sich auch daran halten. «Schliesslich geht es um gesunde
Zähne und die Verhinderung von Fettleibigkeit.»
Roger M.* und seine Partnerin haben die Situation mit ihrer Tochter im
Kanton St. Gallen anders erlebt. Sie hätten der 5-Jährigen an einem Morgen eine
Madeleine mit in den Kindergarten gegeben. M.: «Diese brachte sie unberührt
wieder nach Hause.» Die Kindergartenlehrerin habe seiner Tochter verboten, die
Madeleine zu essen, so M.
«Essen ist Sache der Eltern und nicht der Schule»
Ihn ärgert, dass sich die Lehrer so einmischen. «Es ist unsere
Entscheidung, was unsere Tochter isst, und es ihr zu verbieten, geht gar
nicht.» Die Fünfjährige sei spindeldürr und dürfe sehr wohl hin und wieder mal
etwas Süsses essen. Ausserdem trifft es ihn, dass man Druck auf seine Tochter
ausübt, statt das Gespräch mit ihm zu suchen. «Es gibt kein Znüni-Gesetz und
auch kein Reglement, nur einen Flyer mit empfohlenen Speisen. Aber der
Kindergarten duldet nichts, was nicht dieser Empfehlung entspricht.»
Auch Andrea Caroni, Vater und FDP-Nationalrat, kritisiert das Vorgehen
der Schulen. «Was gesund ist und was nicht, ist eine Frage des Masses.»
Ausserdem sei Essen Privatsache, solange das Wohl des Kindes nicht gefährdet
sei. «Die Eltern sollen entscheiden, was das Kind isst. Es wird nicht zur Sache
der Schule, nur weil sich das Kind in der Schule befindet.»
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