6. Juli 2015

Auch bei heissem Wetter in die Schule

Bei sengender Hitze müssen Kinder nicht in die Schule, heisst es. Aber stimmt das wirklich? Die Zürcher Schulen machen jedenfalls trotz hohen Temperaturen Unterricht - bis auf eine Ausnahme. 





Kein Hitzefrei für Zürcher Schüler, Bild: Karin Hofer


Hitzefrei? Von wegen! NZZ, 3.7. von Florian Schoop



Zürich ächzt in diesen Tagen unter Temperaturen bis zu 35 Grad. Doch wenn das Thermometer schier zu bersten droht, freuen sich nicht nur die Besitzer der Glacestände. Auch die Schulkinder können hitzefrei machen, sagt man, und auf einen freien Tag in der Sonne hoffen - fern von lästigem Bruchrechnen und zermürbendem Aufsatzschreiben. Nur: Stimmt das überhaupt? Gibt es wirklich eine Regelung für Zürcher Schulen, um die Kinder bei Höchsttemperaturen nach Hause zu schicken?

Schulärzte raten davon ab
«Davon habe ich sicher seit 20 Jahren nichts mehr gehört», sagt Martin Wendelspiess, Amtschef des Zürcher Volksschulamts. Im Schulrecht gebe es jedenfalls keine Regelung, um hitzefrei zu machen. «In einzelnen Schulgemeinden wurde aber die Vereinbarung zum Gewohnheitsrecht.» Wäre schulfrei bei Hitze mit dem durchgeplanten Schulalltag heute überhaupt noch möglich?
«Nein, man kann den Tagesplan nicht einfach nach dem Thermometer richten», erklärt Wendelspiess. Denn die Planbarkeit des Schulalltags sei vor allem für Kinder von berufstätigen Eltern enorm wichtig. «Sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder unter dem Tag betreut sind.» Zudem würde die Regelung gegen das Prinzip verstossen, dass die Schule von Unterrichtsbeginn bis zu dessen Ende verantwortlich ist. Es gebe aber noch einen zweiten Grund, der gegen schulfrei bei Hitze spreche, sagt Wendelspiess: «Werden die Kinder nach Hause geschickt, spielen viele eben in der prallen Sonne.» Deshalb haben sich auch die Schulärzte gegen die Regelung ausgesprochen. «Denn zu Hause ist es nicht weniger heiss.»
Vor längerer Zeit aber gab es in der Stadt Zürich eine Regelung, wie Schulen mit hitzigen Tagen umzugehen hatten. «Wenn es morgens um 10 Uhr 30 Grad heiss war, wurden die Kinder nach Hause geschickt», erklärt Ralph Kreuzer, Mediensprecher des städtischen Schul- und Sportdepartements. Diese Vereinbarung war aber spätestens gegen Ende der 1980er Jahre Geschichte. Mit der Abschaffung der hitzefreien Schultage habe man aber nicht die Kinder schikanieren wollen, versichert Kreuzer. «Es ging lediglich darum, dass die Schüler zu Hause nicht vor verschlossener Tür stehen, weil beide Elternteile arbeiten müssen.»

«Kein Diktat am Nachmittag»
Eine Schule macht trotz allem hitzefrei: Das Freie Gymnasium Zürich. «Am Donnerstag- und Freitagnachmittag ab 14 Uhr 30 fallen die Stunden aus», erklärt Thomas Bernet, der Rektor der Schule. Am Morgen finde der Unterricht jedoch normal statt. Die Eltern habe man am Mittwoch über die Massnahme informiert. Eine starre Regelung, um hitzefrei zu machen, gebe es aber nicht. «Wir ergreifen diese Massnahme nur bei anhaltend hohen Temperaturen über 35 Grad und wenn nicht viele Prüfungen anfallen.»

Für alle anderen Kinder, die diese Woche trotzdem in die Schule müssen, sät Martin Wendelspiess etwas Hoffnung: «Ein Diktat um zwei Uhr nachmittags wäre sicher nicht die richtige Antwort auf die Hitzewelle.» Deshalb empfiehlt er, den Schulunterricht am Nachmittag dem Wetter anzupassen. So könnten Lehrer beispielsweise unter einem schattigen Baum eine Geschichte erzählen oder den Gestaltungsunterricht ins kühlere Untergeschoss verlegen. «Aber auch Wasserspiele auf dem Pausenhof oder ein Besuch in der Badi können am Nachmittag etwas Kühle bringen.»

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