Kein Hitzefrei für Zürcher Schüler, Bild: Karin Hofer
Hitzefrei? Von wegen! NZZ, 3.7. von Florian Schoop
Zürich ächzt in diesen Tagen unter Temperaturen bis
zu 35 Grad. Doch wenn das Thermometer schier zu bersten droht, freuen sich
nicht nur die Besitzer der Glacestände. Auch die Schulkinder können hitzefrei
machen, sagt man, und auf einen freien Tag in der Sonne hoffen - fern von
lästigem Bruchrechnen und zermürbendem Aufsatzschreiben. Nur: Stimmt das
überhaupt? Gibt es wirklich eine Regelung für Zürcher Schulen, um die Kinder
bei Höchsttemperaturen nach Hause zu schicken?
Schulärzte raten davon ab
«Davon habe ich sicher seit 20 Jahren nichts mehr
gehört», sagt Martin Wendelspiess, Amtschef des Zürcher Volksschulamts. Im
Schulrecht gebe es jedenfalls keine Regelung, um hitzefrei zu machen. «In
einzelnen Schulgemeinden wurde aber die Vereinbarung zum Gewohnheitsrecht.»
Wäre schulfrei bei Hitze mit dem durchgeplanten Schulalltag heute überhaupt
noch möglich?
«Nein, man kann den Tagesplan nicht einfach nach
dem Thermometer richten», erklärt Wendelspiess. Denn die Planbarkeit des Schulalltags
sei vor allem für Kinder von berufstätigen Eltern enorm wichtig. «Sie müssen
sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder unter dem Tag betreut sind.»
Zudem würde die Regelung gegen das Prinzip verstossen, dass die Schule von
Unterrichtsbeginn bis zu dessen Ende verantwortlich ist. Es gebe aber noch
einen zweiten Grund, der gegen schulfrei bei Hitze spreche, sagt Wendelspiess:
«Werden die Kinder nach Hause geschickt, spielen viele eben in der prallen
Sonne.» Deshalb haben sich auch die Schulärzte gegen die Regelung
ausgesprochen. «Denn zu Hause ist es nicht weniger heiss.»
Vor längerer Zeit aber gab es in der Stadt Zürich
eine Regelung, wie Schulen mit hitzigen Tagen umzugehen hatten. «Wenn es
morgens um 10 Uhr 30 Grad heiss war, wurden die Kinder nach Hause geschickt»,
erklärt Ralph Kreuzer, Mediensprecher des städtischen Schul- und
Sportdepartements. Diese Vereinbarung war aber spätestens gegen Ende der 1980er
Jahre Geschichte. Mit der Abschaffung der hitzefreien Schultage habe man aber
nicht die Kinder schikanieren wollen, versichert Kreuzer. «Es ging lediglich
darum, dass die Schüler zu Hause nicht vor verschlossener Tür stehen, weil
beide Elternteile arbeiten müssen.»
«Kein Diktat am Nachmittag»
Eine Schule macht trotz allem hitzefrei: Das Freie
Gymnasium Zürich. «Am Donnerstag- und Freitagnachmittag ab 14 Uhr 30 fallen die
Stunden aus», erklärt Thomas Bernet, der Rektor der Schule. Am Morgen finde der
Unterricht jedoch normal statt. Die Eltern habe man am Mittwoch über die
Massnahme informiert. Eine starre Regelung, um hitzefrei zu machen, gebe es
aber nicht. «Wir ergreifen diese Massnahme nur bei anhaltend hohen Temperaturen
über 35 Grad und wenn nicht viele Prüfungen anfallen.»
Für alle anderen Kinder, die diese Woche trotzdem
in die Schule müssen, sät Martin Wendelspiess etwas Hoffnung: «Ein Diktat um
zwei Uhr nachmittags wäre sicher nicht die richtige Antwort auf die
Hitzewelle.» Deshalb empfiehlt er, den Schulunterricht am Nachmittag dem Wetter
anzupassen. So könnten Lehrer beispielsweise unter einem schattigen Baum eine
Geschichte erzählen oder den Gestaltungsunterricht ins kühlere Untergeschoss
verlegen. «Aber auch Wasserspiele auf dem Pausenhof oder ein Besuch in der Badi
können am Nachmittag etwas Kühle bringen.»
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