Verena Herzog, Ruedi Zbinden und Erich Schaffer (vlnr), Bild: Reto Marin
Lehrplan: Zaghaftes Bekenntnis der SVP-Leitung, St. Galler Tagblatt, 24.6. von Silvan Meile
«Als staatstragende Partei ist der SVP Thurgau
Bildung ein Anliegen», sagt Ruedi Zbinden, Präsident der kantonalen SVP.
Deshalb präsentierte er gestern zusammen mit Nationalrätin Verena Herzog und
Kantonsrat Erich Schaffer ein elfseitiges Positionspapier zum Thema Bildung.
Darin ist etwa beschrieben, welche Tugenden für die
SVP in den Lehrplan 21 gehören: «Wir vermissen die Umschreibung von Ausdauer,
Fleiss, Sorgfalt, Ordnung, Zuverlässigkeit und Sauberkeit wie auch das
beharrliche Üben der Lerninhalte», erklärt Kantonsrat Erich Schaffer, der auch
als Präsident der Primarschulgemeinde Pfyn amtet. Trotzdem seien die vier
Thurgauer SVP-Kantonsräte, die gleichzeitig die Funktion eines Schulpräsidenten
bekleiden, der Meinung, dass die nun vorliegende Form des für die deutschsprachigen
Kantone harmonisierten Lehrplans akzeptiert werden könne, fügt Erich Schaffer
hinzu.
Dolmetscher am Elternabend
Doch innerhalb der Thurgauer SVP gibt es auch
Gegner des Lehrplans 21. Verschiedene Parteiexponenten gehören etwa der
Interessengemeinschaft für eine gute Thurgauer Volksschule an. Sie unterstützen
eine Volksinitiative, um das Stimmvolk über die Einführung des Lehrplans
abstimmen zu lassen. Die Meinung ist klar: «Der Lehrplan 21 ist hirnverbrannt»,
sagte etwa IG-Sprecher Felix Huwiler bei der Lancierung der Initiative.
Zur Frage, ob die SVP die Initiative unterstütze,
sagt Parteipräsident Ruedi Zbinden nur: «Das muss die Delegiertenversammlung
behandeln.»
Vielmehr will Ruedi Zbinden mit dem gestern
vorgestellten Positionspapier den Thurgauern die Sicht seiner Partei
verdeutlichen: Gewalt- und drogenfrei soll die Schule sein und Platz haben für
christliche Werte. «Minimalste Deutschkenntnisse» müssten fremdsprachige Kinder
an den Schulstart mitbringen. Da seien besonders die Migranteneltern in der
Pflicht. Bei der Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen sieht Nationalrätin
Herzog diesbezüglich spontan auch denkbare Sanktionsmassnahmen. Besorgt denkt
sie an Dolmetscher, die an Elternabenden das Gesagte übersetzen müssten.
Ruedi Zbinden spricht in seinen Ausführungen einen
weiteren Punkt an: «Es braucht gesetzliche Grundlagen, die lokalen Behörden den
Erlass von Kleidervorschriften ermöglichen.» Hinter dieser Formulierung
verbirgt sich auch weiterhin die Forderung nach einem Kopftuchverbot. Vergangenen
September sprach sich der Thurgauer Grosse Rat gegen eine entsprechende
gesetzliche Grundlage aus, nachdem das Bundesgericht im Fall Bürglen für den
Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit eine solche vermisste.
Es gehe bei dieser Forderung nach
Kleidervorschriften aber auch etwa um freizügig gekleidete Mädchen, stellte
Zbinden klar. Den demokratischen Entscheid des Grossen Rates bezüglich Kopftuch
akzeptiere er. Von einer möglichen Initiative, um in dieser Angelegenheit das
Volk zu fragen, war gestern nicht die Rede.
Der Werklehrer stirbt aus
Für die drei SVP-Vertreter ist ausserdem klar:
Fächer wie Werken, Handarbeit oder Hauswirtschaftslehre müssten wieder
aufgewertet werden. «Das duale Bildungssystem muss wieder ins Zentrum rücken»,
sagt Verena Herzog. Das brauche auch ein Umdenken in der Bevölkerung: «Wir
brauchen Handwerker genauso wie Akademiker.» Deshalb seien in erster Linie die
pädagogischen Hochschulen gefordert, «die handwerkliche Ausbildung zu
reanimieren». Denn schon in wenigen Jahren würde die Generation jener
Lehrkräfte, die noch fundierten handwerklichen Unterricht genossen hat, den
Schuldienst verlassen. Derzeit komme dieser Bereich bei der Lehrerausbildung
viel zu kurz.
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