24. Juni 2015

Thurgauer SVP-Parteileitung steht grundsätzlich hinter LP 21

Obwohl SVP-Mitglieder den Lehrplan 21 bekämpfen, stellt sich die kantonale Parteileitung im Grundsatz hinter das Werk, fordert aber Ergänzungen: Sie vermisst darin Tugenden wie Ausdauer, Fleiss, Sorgfalt, Ordnung, Zuverlässigkeit und Sauberkeit. Das macht die Partei in einem Positionspapier deutlich.




Verena Herzog, Ruedi Zbinden und Erich Schaffer (vlnr), Bild: Reto Marin

Lehrplan: Zaghaftes Bekenntnis der SVP-Leitung, St. Galler Tagblatt, 24.6. von Silvan Meile


«Als staatstragende Partei ist der SVP Thurgau Bildung ein Anliegen», sagt Ruedi Zbinden, Präsident der kantonalen SVP. Deshalb präsentierte er gestern zusammen mit Nationalrätin Verena Herzog und Kantonsrat Erich Schaffer ein elfseitiges Positionspapier zum Thema Bildung.
Darin ist etwa beschrieben, welche Tugenden für die SVP in den Lehrplan 21 gehören: «Wir vermissen die Umschreibung von Ausdauer, Fleiss, Sorgfalt, Ordnung, Zuverlässigkeit und Sauberkeit wie auch das beharrliche Üben der Lerninhalte», erklärt Kantonsrat Erich Schaffer, der auch als Präsident der Primarschulgemeinde Pfyn amtet. Trotzdem seien die vier Thurgauer SVP-Kantonsräte, die gleichzeitig die Funktion eines Schulpräsidenten bekleiden, der Meinung, dass die nun vorliegende Form des für die deutschsprachigen Kantone harmonisierten Lehrplans akzeptiert werden könne, fügt Erich Schaffer hinzu.
Dolmetscher am Elternabend
Doch innerhalb der Thurgauer SVP gibt es auch Gegner des Lehrplans 21. Verschiedene Parteiexponenten gehören etwa der Interessengemeinschaft für eine gute Thurgauer Volksschule an. Sie unterstützen eine Volksinitiative, um das Stimmvolk über die Einführung des Lehrplans abstimmen zu lassen. Die Meinung ist klar: «Der Lehrplan 21 ist hirnverbrannt», sagte etwa IG-Sprecher Felix Huwiler bei der Lancierung der Initiative.
Zur Frage, ob die SVP die Initiative unterstütze, sagt Parteipräsident Ruedi Zbinden nur: «Das muss die Delegiertenversammlung behandeln.»
Vielmehr will Ruedi Zbinden mit dem gestern vorgestellten Positionspapier den Thurgauern die Sicht seiner Partei verdeutlichen: Gewalt- und drogenfrei soll die Schule sein und Platz haben für christliche Werte. «Minimalste Deutschkenntnisse» müssten fremdsprachige Kinder an den Schulstart mitbringen. Da seien besonders die Migranteneltern in der Pflicht. Bei der Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen sieht Nationalrätin Herzog diesbezüglich spontan auch denkbare Sanktionsmassnahmen. Besorgt denkt sie an Dolmetscher, die an Elternabenden das Gesagte übersetzen müssten.
Ruedi Zbinden spricht in seinen Ausführungen einen weiteren Punkt an: «Es braucht gesetzliche Grundlagen, die lokalen Behörden den Erlass von Kleidervorschriften ermöglichen.» Hinter dieser Formulierung verbirgt sich auch weiterhin die Forderung nach einem Kopftuchverbot. Vergangenen September sprach sich der Thurgauer Grosse Rat gegen eine entsprechende gesetzliche Grundlage aus, nachdem das Bundesgericht im Fall Bürglen für den Eingriff in die Glaubens- und Gewissensfreiheit eine solche vermisste.
Es gehe bei dieser Forderung nach Kleidervorschriften aber auch etwa um freizügig gekleidete Mädchen, stellte Zbinden klar. Den demokratischen Entscheid des Grossen Rates bezüglich Kopftuch akzeptiere er. Von einer möglichen Initiative, um in dieser Angelegenheit das Volk zu fragen, war gestern nicht die Rede.
Der Werklehrer stirbt aus
Für die drei SVP-Vertreter ist ausserdem klar: Fächer wie Werken, Handarbeit oder Hauswirtschaftslehre müssten wieder aufgewertet werden. «Das duale Bildungssystem muss wieder ins Zentrum rücken», sagt Verena Herzog. Das brauche auch ein Umdenken in der Bevölkerung: «Wir brauchen Handwerker genauso wie Akademiker.» Deshalb seien in erster Linie die pädagogischen Hochschulen gefordert, «die handwerkliche Ausbildung zu reanimieren». Denn schon in wenigen Jahren würde die Generation jener Lehrkräfte, die noch fundierten handwerklichen Unterricht genossen hat, den Schuldienst verlassen. Derzeit komme dieser Bereich bei der Lehrerausbildung viel zu kurz.


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