Die Nase voll von nörgelnden Eltern, Bild: Georgios Kefalas
Basler Lehrer fordern Hilfe gegen nörgelnde Eltern, 20 Minuten, 25.6.
«Der Lehrerjob ist nicht mehr, was er einmal war», seufzt Dominik
Heinz*, der die Sekundarstufe in Liestal unterrichtet. Täglich habe er mit
Eltern seiner Schüler zu tun, die sich bei ihm beklagen. «Mal wende ich falsche
Methoden an, dann ist es der Unterrichtsstil, der nicht passt, oder das Gefühl
übermannt sie, dass ihr Kind von mir ungerecht behandelt wird», erzählt Heinz.
Als er vor 35 Jahren seine erste Klasse übernommen habe, seien
reklamierende Eltern eine Seltenheit gewesen. Mittlerweile habe er sich damit
abgefunden, dass die gehässigen Telefonate, Mails und Briefe zum Allltag
gehören: «Nörgelnde Eltern sind im Lehrerzimmer ein Dauerthema.»
Bildungsweg wird scharf beobachtet
Roger von Wartburg, Präsident des Lehrervereins Baselland «LVB», ist mit der
Problematik vertraut. Früher sei es schlichtweg nicht üblich gewesen, dass sich
die Eltern in die Schulkarriere ihrer Kindern eingemischt haben. «Heute ist für
Eltern die Bildung ihrer Kinder ein wichtiges Thema. Die Ansprüche an die Schüler
sind gestiegen und der Bildungsweg des Nachwuchses wird scharf beobachtet», so
von Wartburg. Die Eltern würden oftmals bereits sehr aufgebracht zum Hörer
greifen und sich die Seite der Lehrperson gar nicht erst anhören. «Wichtig ist,
dass die Eltern dazu bereit sind, auch die Sichtweise des Lehrers verstehen zu
wollen.»
Studenten sollen auf Eltern-Problematik vorbereitet werden
Eltern, die sich beklagen, seien eine Herausforderung und können schnell
zur Belastung werden. «Viele Lehrer kommen an ihre Grenzen», betont Jean-Michel
Héritier vom Berufsverband der Lehrer im Kanton
Basel-Stadt. Er fordert, dass zukünftige Lehrpersonen bereits während ihrer
Ausbildung auf die teils komplizierten Arbeitsbedingungen vorbereitet werden.
Während dem Studium müsse das Thema Elternkommunikation behandelt werden.
«Eine obligatorische und praxisnahe Lerneinheit sowie anschliessende
Weiterbildungen, die den Kontakt zu den Eltern thematisieren, erachte ich als
sinnvoll», sagt Héritier, der seit rund zwei Jahrzehnten unterrichtet. Obwohl
in Basel-Stadt ein niederschwelliges Unterstützungsangebot besteht, sei dieses
andernorts sicher noch ausbaufähig: «Denn wenn die Schulleitung nicht weiterhilft,
heisst es: Pech gehabt», sagt Héritier und betont die Notwendigkeit von
Stellen, an die sich die Lehrkräfte wenden können, um auch kurzfristig Hilfe zu
erhalten.
Wegen klagenden Eltern Job an den Nagel gehängt
Simon Thiriet, Leiter Kommunikation des Erziehungsdepartements (ED),
nimmt die Forderungen gerne entgegen: «Wir passen unser Kursangebot regelmässig
an und sind deshalb auf solche Inputs aus der Lehrerschaft angewiesen.»
Weiterbildungen zu der Thematik würden zurzeit bereits angeboten. Er betont zudem,
dass das ED Lehrern nicht nur einen attraktiven Unterricht zutraue, «sondern
auch die Fähigkeit, mit herausfordernden Eltern-Situationen umzugehen».
Für Kilian Schuller*, der bald seit einem Jahr eine erste Klasse in
Pratteln unterrichtet, kommt jede Hilfe zu spät: «Das ist wirklich unglaublich
mühsam und mit dem habe ich auch nicht gerechnet.» Man kann es den Eltern nie
recht machen, das Telefon würde ununterbrochen klingeln und eine Besserung sei
nicht in Sicht. «Für tägliche Auseinandersetzungen mit Eltern bin ich jedoch
nicht Lehrer geworden», sagt der 25-Jährige. «Das ist auch der Grund, wieso ich
mich jetzt beruflich bereits wieder neu orientieren werde», sagt er.
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