6. Juni 2015

Lehrereinschätzungen klischeebehaftet

Lehrer trauen bestimmten Schülern beim Übertritt in die Oberstufe zu wenig zu - weil ihre Einschätzung von Klischees beeinflusst wird.





Ein Kind strengt sich mehr an, wenn seine Lehrerin ihm viel zutraut, Bild: colourbox

Lehrer täuschen sich bei gewissen Schülern, 20 Minuten, 5.6. von Stéphane Praz


Wenn Primarschüler in die Oberstufe wechseln, werden Weichen fürs Leben gestellt. Welche Einteilung in die Sekundarstufe ist die richtige? Für diese Entscheidung müssen Lehrer nicht nur die aktuellen Noten kennen, sondern auch die Leistung abschätzen, die sie von einem Schüler künftig erwarten.
Wie zutreffend ihr Urteil ist, hat ein Team der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz untersucht. Dazu liessen die Wissenschaftler fast 1700 Fünftklässler aus den Kantonen Aargau, Basel-Landschaft, Bern und Luzern einen Test in Deutsch und Mathe absolvieren. Deren Lehrer wiederum mussten bei jedem Schüler voraussagen, welche Leistungen er ihrer Ansicht nach erbringen werde.

Das Resultat: Die Lehrer unterschätzten auffallend oft Schüler aus sozial niedrigen Schichten, darunter viele mit Migrationshintergrund. Für böse Absicht hält das Studienleiter Markus Neuenschwander zwar nicht. Aber: «Viele Lehrer berücksichtigen bei ihren Einschätzungen den familiären Hintergrund zu stark.»

Dies kann für Schüler weitreichende Folgen haben. Denn wie weitere Ergebnisse aus der Studie belegen, hängt die Leistungsentwicklung eines Kindes von den Einschätzungen seiner Lehrer ab. Sind die Erwartungen hoch, leistet es mehr. Sind sie tief, gibt es sich mit weniger zufrieden – mit Folgen für seine schulische Laufbahn.

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