23. Juni 2015

Buben sind schlechtere Schüler

Buben mit traditionellen Rollenvorstellungen schreiben laut einer Studie schlechtere Noten. Männer-Organisationen sehen das Problem bei den weiblich geprägten Schulen. 





"Machos" vernachlässigen das Lesen und Schreiben, Bild: Martin Ruetschi

Junge Macker sind miese Schüler, 20 Minuten, 23.6. von B. Zanni



In der Schule fallen Buben gegenüber Mädchen immer weiter zurück. Gemäss einer aktuellen Studie der Universität Luxemburg und der Fachhochschule Nordwestschweiz sind daran auch Rollenklischees schuld: So erzielen Schüler, die die Frau am Herd und den Mann als Ernährer sehen, markant schlechtere Schulnoten als jene, die sich nicht an einem traditionellen Rollenbild orientieren. Untersucht haben die Forscher die Leistungen von rund 900 Berner Schülern der achten Klasse aus der Real- und Sekundarschule sowie dem Gymnasium.
Formularende
Machos verweigern sich dem Lesen und Schreiben
Ein Grund für das schlechtere Abschneiden der Macho-Jungs liegt laut den Studienautoren darin, dass diese wegen ihres draufgängerischen Verhaltens eher aus der Reihe tanzen würden, was sich negativ auf den schulischen Erfolg auswirke.
Hinzu kommt, dass sich die Macho-Schüler auch gewissen Fächern aus Prinzip verweigern, wie die beteiligten Wissenschaftlerin Elisabeth Grünewald von der Pädagogischen Hochschule Bern sagt: «Die Buben vernachlässigen das Lesen und Schreiben, weil sie diese Fähigkeiten als unmännlich wahrnehmen.» Doch damit legten sie sich selbst ein Ei. «Die sprachlichen Kompetenzen sind die Grundlage für den Erfolg in allen anderen Fächern», sagt Grünewald. Ohne gute Lese- und Schreibkenntnisse kämen die Buben auch in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern schnell an ihre Grenzen.
«Ein Gerangel ist nicht sofort ein Problem»
Die Männerorganisationen sehen das Resultat als Folge der gesellschaftlichen Entwicklung. «Der Arbeitsmarkt verlangt immer mehr Kompetenzen, die traditionell als weiblich gelten», sagt Markus Theunert, Präsident des Dachverbandes. Buben, die sich am Männerbild von gestern orientierten, liefen deshalb Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Das Schulversagen könne darum zumindest teilweise Ausdruck von Rebellion und Zukunftsangst sein. «Wenn Buben das Gefühl haben, mit den Mädchen nicht mehr mithalten zu können, reagieren sie mit Verweigerung», sagt Theunert.
Erschwerend komme hinzu, dass an den Primarschulen zu über 80 Prozent weibliche Lehrkräfte tätig sind. «Dies macht es schwierig, den Jungen realistische und vielschichtige Männerbilder zu vermitteln.» Damit die Knaben in der Schule wieder mithalten können, fordert Theunert mehr männliche Lehrpersonen und mehr Verständnis der Lehrer. «Wenn die Jungen lebendig und laut sind oder miteinander rangeln, darf das nicht grundsätzlich sofort als Problem angesehen werden.»
«Buben sind häufig kindlicher»
Dagegen bezweifeln die Lehrer, dass traditionelle Rollenbilder einen Einfluss auf den schulischen Erfolg der Knaben haben. «Die Buben halten schlechter mit, weil sie einfach häufig kindlicher und auch kindischer sind als die Mädchen», sagt Lilo Lätzsch, Sekundarlehrerin und Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands.
Ausserdem falle ihr auf, dass die Schüler weniger strebsam seien als ihre weiblichen Kolleginnen – und sich gerne zurücklehnten. Spätestens dann kommt der Macho ins Spiel: «In der Sek sind die Buben ziemlich raffiniert. Sie wissen, dass sie die Mädchen gut einspannen können, um für sie etwas zu erledigen», sagt Lätzsch. 


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