Elsbeth Schaffner, 10.3.
Der Fachbereich „Natur, Mensch, Gesellschaft“(NMG)
soll in der Primarschule um 50% aufgestockt werden: Neu würden dafür in jedem
Schuljahr 5 Wochenlektionen, eingesetzt. Bisher sind es in der 1. und 2. Klasse
je 2 Lektionen pro Woche. Es würde also eine massive Umgewichtung vorgenommen!
Gleichzeitig soll in der 3. Oberstufe der Fachbereich
„Natur und Technik“ um eine Lektion gekürzt werden. Ist das richtig? Sollten
Oberstufenschüler, die meist für naturwissenschaftliche Themen sehr gut
ansprechbar sind, nicht eben gerade in diesem Bereich eher noch mehr gefördert
werden?
Einer der Kritikpunkte am Lehrplan 21 weist auf das
Problem hin, dass z.T. Schulstoff der Oberstufe vorweggenommen wird. Zwei
Zitate aus dem überarbeiteten Lehrplan 21 machen die Berechtigung dieser Kritik
deutlich (siehe NMG.3 Grundansprüche des 2. Zyklus, also für 9 bis 12-Jährige).:
„Schülerinnen und Schüler können Energieumwandler erkennen und deren
Wirkung ohne genaue Kenntnis von Bau und Funktion erläutern “
„...können Informationen zu Stoffen erschliessen (z.B. durch eigene
Untersuchungen, mithilfe von Medien) und die Ergebnisse dokumentieren (z.B.
Steckbriefe zu Stoffen: Farbe, Glanz, Härte, Verformungen, Grösse,
Leitfähigkeit, Temperatur, Aggregatszustand).“
Hier werden Themen aufgegriffen, die zu einem späteren
Zeitpunkt zu spannenden Erkenntnissen führen könnten. Bei jüngeren Kindern fehlen
meist noch Verständnis und Grundlagen für komplexe naturwissenschaftliche
Phänomene. Im besten Fall haben sie Freude am Experimentieren und machen sich
ein paar Gedanken dazu. Aber kann damit ein nachhaltiger Lerneffekt erzeugt
werden?
Auch einige Grundansprüche für 6 bis 8-Jährige würden
in einer Diskussion sicher Fragen aufwerfen:
„...können Gemeinsamkeiten und Unterschiede von
Hausarbeit, Erwerbsarbeit und Freiwilligenarbeit beschreiben (z.B. Leistung,
Lohn).“. siehe NMG.6.1
„...erkunden Tauschbeziehungen (z.B. auf dem
Wochenmarkt, im Supermarkt, im Hofladen) und können Regeln und deren Bedeutung
erkennen (z.B. Angebot, Nachfrage, Ware gegen Geld, Interessenskonflikte,
Kooperation der Tauschpartnerschaft).“ Siehe NMG.6.4
Ist bei solchen Ansprüchen nicht zu befürchten, dass
der massiv aufgestockte Anteil von NMG-Lektionen verpuffen wird? Was ist, wenn die dafür eingesetzte Zeit auf
Kosten von grundlegenden Inhalten geht, die für den Aufbau eines sicheren schulischen
Fundamentes dringender wären? Dies wären neben Lesen, Rechnen und Schreiben
auch Musik , Zeichnen und Werken.
Da schon heute viele Kinder die Grundlagen in der
Mathematik nicht mehr richtig beherrschen, würde ich mir als erfahrene
Primarlehrerin wünschen, dass die 2. und 3. Klässler wieder wie früher 5
Lektionen Mathematik erhalten, also an jedem Schultag in der Woche eine.
Gerade der Stoff der 2. und 3. Klasse ist nämlich grundlegend
und bildet die Basis für den Mathematikunterricht in der Mittelstufe. Dazu
gehören das 1x1 und der Zehnerübergang sowie eine sichere Vorstellung des
Zahlenraums bis 1000. Es bleibt doch schon jetzt oft zuwenig Zeit für ein
sorgfältiges Einführen der Grundlagen und noch weniger zum Üben in der Schule.
Mit der Einführung des Lehrplans 21 soll jedoch ausgerechnet
in der 2. Klasse eine Wochenlektion im Fach „Mathematik“ gestrichen werden. Dann hätten zukünftig auch die 2. Klässler,
wie bereits heute die 3. Klässler, nur noch 4 Mathematiklektionen pro Woche. Das
genügt für dieses Fach einfach nicht!
Dass auch in der 3. Oberstufenklasse eine
Mathematiklektion gestrichen werden soll, verschärft die Situation ev. zusätzlich.
Können so die Voraussetzungen für eine Berufslehre noch gesichert werden?
Die geplante Kürzung im Fach „Deutsch“ um eine Lektion
in der 6. Klasse und in der Kleinklasse Oberstufe dürfte schwächere Kinder,
insbesondere diejenigen mit fremdsprachigem Hintergrund, zusätzlich
benachteiligen. Ist die Chancengleichheit so noch annähernd erreichbar?
Der musische Bereich wird ebenfalls geschwächt, was
ich sehr bedauere. So sollen in der 3.
Klasse eine Lektion in „Gestaltung“ und in der 1. und 5. Klasse je eine
Musiklektion gestrichen werden.
Die Vernehmlassung der Lektionentafel wirft einige
Fragen nach der Gewichtung der Ziele und Inhalte in der Schule auf. Es wäre sehr
zu begrüssen, diese Diskussion breit und in Ruhe zu führen und auch kritische
Stimmen nicht auszuschliessen. Der Konsens,
der so gefunden wird, soll tragfähig sein!
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