Die Initiative wurde von 34,5 Prozent angenommen, Bild: Klassengrössen-Initiative
Hilfe, wo es wirklich brennt, NZZ, 1.12. von Walter Bernet
Mit der Klassengrössen-Initiative wollte die EVP
definitiv zu viel. Über 1000 zusätzliche Lehrerstellen hätten geschaffen werden
müssen, um in der Zürcher Volksschule ausschliesslich Klassen mit 20 oder
weniger Schülern zu erreichen. Nur SP und AL hatten sich der Forderung
angeschlossen - und die organisierte Lehrerschaft. Neben pädagogischen
Argumenten rückte dadurch die entlastende Wirkung der Initiative für die
Lehrkräfte in den Vordergrund. Die Mischung ist nicht gut angekommen: Nur 34,5
Prozent der Stimmberechtigten befürworteten die Initiative.
Unbestritten ist aber, dass die Schule dort
Unterstützung braucht, wo tatsächlich Problemsituationen entstehen. Ohne
nennenswerte Kampagne hat der Gegenvorschlag des Kantonsrats, der nicht bei der
Klassengrösse ansetzt, sondern ins System etwas mehr personelle Ressourcen
einschleusen will, eine Mehrheit von 53,3 Prozent der Stimmen erhalten. Diese
ist vor allem den Städten Zürich (61,5 Prozent Ja-Stimmen) und Winterthur (55,8
Prozent) zu verdanken. Aber auch die Bezirke Affoltern, Horgen und Uster
stimmten zu.
Die Initiative fand in keiner Gemeinde Zustimmung.
In Schwamendingen unterstützten sie immerhin 44,7 Prozent und in Sternenberg
gar 49,2. Sternenberg ist die einzige Gemeinde im Kanton, die wenigstens bei
der Stichfrage der Initiative den Vorzug vor dem Gegenvorschlag gegeben hätte.
Letzteren lehnten die Sternenberger allerdings ebenfalls ganz knapp ab.
Bildungsdirektorin Regine Aeppli zeigte sich vor
den Medien am Sonntag froh darüber, dass die Initiative verworfen wurde. Sie
hätte grosse Umsetzungsschwierigkeiten und hohe Kosten mit sich gebracht.
Persönlich freute sie sich über die Annahme des von der Regierung abgelehnten
Gegenvorschlags. Sie wertete diese als Zeichen der Anerkennung der Bedeutung
der Volksschule. Wann der Gegenvorschlag in Kraft tritt, konnte Aeppli noch
nicht sagen. Die Umsetzung sei aber einfach, weil keine Gesetzesänderungen
nötig seien. Es wird lediglich der bestehende Reserve-Pool um 100 auf 260
Stellen aufgestockt. Diese Stellen müssten nicht ausgeschöpft werden, wenn sich
zeige, dass kein Bedarf herrsche.
Während sich der Sekundarlehrerverband SekZH
enttäuscht über die verweigerte Entlastung äusserte, sieht der Zürcher
Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) das Ergebnis als ersten Schritt Richtung
kleinere Klassen. Der Kampf gegen die Sparpolitik gehe aber weiter. Die Zürcher
Kantonale Mittelstufe (ZKM) fordert wieder Kleinklassen. Unter den nun nicht
verbesserten Rahmenbedingungen sei die Integration zum Scheitern verurteilt.
Für Theo Meier, Vizepräsident des Verbands Zürcher Schulpräsidien (VZS), kann
das Ja zum Gegenvorschlag das Abschieben von Schülern in die Sonderschulung
mildern. Von den Parteien sieht einzig die CVP im Gegenvorschlag mehr als einen
Tropfen auf den heissen Stein: Nur dank ihm sei es nun möglich, in schwierigen
Fällen Lösungen zu finden, sagte Kantonsrätin Corinne Thomet. Die EVP als
Initiantin freute sich, dass die Initiative wenigstens zu einer kleinen
Verbesserung beigetragen habe. Man habe aber gehofft, eine intensivere
Diskussion der Thematik auszulösen, sagte der ehemalige Kantons- und
Bildungsrat Hanspeter Amstutz.

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen