1. Dezember 2014

Zürcher Klassengrössen-Initiative abgelehnt

Die Zürcher Stimmbürger lehnten am Wochenende die Klassengrössen-Initiative der EVP ab. Angenommen wurde hingegen der Gegenvorschlag des Parlaments. Dieser stellt rund 100 zusätzliche Lehrerstellen für die Hilfe in schwierigen Situationen zur Verfügung. 

Die Initiative wurde von 34,5 Prozent angenommen, Bild: Klassengrössen-Initiative

Hilfe, wo es wirklich brennt, NZZ, 1.12. von Walter Bernet


Mit der Klassengrössen-Initiative wollte die EVP definitiv zu viel. Über 1000 zusätzliche Lehrerstellen hätten geschaffen werden müssen, um in der Zürcher Volksschule ausschliesslich Klassen mit 20 oder weniger Schülern zu erreichen. Nur SP und AL hatten sich der Forderung angeschlossen - und die organisierte Lehrerschaft. Neben pädagogischen Argumenten rückte dadurch die entlastende Wirkung der Initiative für die Lehrkräfte in den Vordergrund. Die Mischung ist nicht gut angekommen: Nur 34,5 Prozent der Stimmberechtigten befürworteten die Initiative.
Unbestritten ist aber, dass die Schule dort Unterstützung braucht, wo tatsächlich Problemsituationen entstehen. Ohne nennenswerte Kampagne hat der Gegenvorschlag des Kantonsrats, der nicht bei der Klassengrösse ansetzt, sondern ins System etwas mehr personelle Ressourcen einschleusen will, eine Mehrheit von 53,3 Prozent der Stimmen erhalten. Diese ist vor allem den Städten Zürich (61,5 Prozent Ja-Stimmen) und Winterthur (55,8 Prozent) zu verdanken. Aber auch die Bezirke Affoltern, Horgen und Uster stimmten zu.
Die Initiative fand in keiner Gemeinde Zustimmung. In Schwamendingen unterstützten sie immerhin 44,7 Prozent und in Sternenberg gar 49,2. Sternenberg ist die einzige Gemeinde im Kanton, die wenigstens bei der Stichfrage der Initiative den Vorzug vor dem Gegenvorschlag gegeben hätte. Letzteren lehnten die Sternenberger allerdings ebenfalls ganz knapp ab.
Bildungsdirektorin Regine Aeppli zeigte sich vor den Medien am Sonntag froh darüber, dass die Initiative verworfen wurde. Sie hätte grosse Umsetzungsschwierigkeiten und hohe Kosten mit sich gebracht. Persönlich freute sie sich über die Annahme des von der Regierung abgelehnten Gegenvorschlags. Sie wertete diese als Zeichen der Anerkennung der Bedeutung der Volksschule. Wann der Gegenvorschlag in Kraft tritt, konnte Aeppli noch nicht sagen. Die Umsetzung sei aber einfach, weil keine Gesetzesänderungen nötig seien. Es wird lediglich der bestehende Reserve-Pool um 100 auf 260 Stellen aufgestockt. Diese Stellen müssten nicht ausgeschöpft werden, wenn sich zeige, dass kein Bedarf herrsche.

Während sich der Sekundarlehrerverband SekZH enttäuscht über die verweigerte Entlastung äusserte, sieht der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) das Ergebnis als ersten Schritt Richtung kleinere Klassen. Der Kampf gegen die Sparpolitik gehe aber weiter. Die Zürcher Kantonale Mittelstufe (ZKM) fordert wieder Kleinklassen. Unter den nun nicht verbesserten Rahmenbedingungen sei die Integration zum Scheitern verurteilt. Für Theo Meier, Vizepräsident des Verbands Zürcher Schulpräsidien (VZS), kann das Ja zum Gegenvorschlag das Abschieben von Schülern in die Sonderschulung mildern. Von den Parteien sieht einzig die CVP im Gegenvorschlag mehr als einen Tropfen auf den heissen Stein: Nur dank ihm sei es nun möglich, in schwierigen Fällen Lösungen zu finden, sagte Kantonsrätin Corinne Thomet. Die EVP als Initiantin freute sich, dass die Initiative wenigstens zu einer kleinen Verbesserung beigetragen habe. Man habe aber gehofft, eine intensivere Diskussion der Thematik auszulösen, sagte der ehemalige Kantons- und Bildungsrat Hanspeter Amstutz.

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