6. November 2014

Morgen kommt der Weihnachtsmann ...

Zu früh für den Weihnachtsmann zwar, doch morgen könnte der Samichlaus und der Schmutzli Arbeit bekommen. Der überarbeitete Lehrplan 21-Entwurf wird nämlich vorgestellt und seine vielen Kritiker stehen bereit. Ich wage die Prognose, dass die Überarbeitung ebenso durchfallen wird wie die ursprüngliche Version. Zu stark wurde die Konsultation gegängelt, zu selektiv wurden die Rückmeldungen entgegengenommen, zu knapp ist die Zeit für eine wirkliche Überarbeitung. Alles andere als Kosmetik würde mich überraschen. Wer weiss, vielleicht nimmt ihn der Samichlaus wieder mit in den tiefen und dunklen Tannenwald. Und für die Verantwortlichen hat der Schmutzli sicher noch die eine oder andere Rute auf Lager. (uk)

Morgen kommt der Weihnachtsmann,
Kommt mit seinen Gaben.
Fahn und Säbel und noch mehr,
Ja ein ganzes Kriegesheer,
Möcht’ ich gerne haben.

Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) 

Die Kritik am Lehrplan 21 wird lauter, Basler Zeitung, 6.11. von Thomas Dähler

Von Woche zu Woche verstärkt sich die Kritik am Lehrplan 21 für die Deutschschweizer Volksschule. Dabei ist noch nicht einmal klar, was genau in dem Kompetenzenverzeichnis steht. Gespannt wartet deshalb auch das Baselbiet darauf, was bei der Überarbeitung des Lehrplans 21 herauskommt: Morgen Freitag wird die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkon­ferenz den Schleier lüften. In Zürich wird das Werk vorgestellt, das die Volksschulen verändern soll. «Jeder Kanton der Deutschschweiz bleibt frei, ob und wie er den Lehrplan 21 anwendet», diktierte zwar kürzlich Hans Ambühl, Generalsekretär der Erziehungsdirektorenkonferenz, der NZZ. Doch selbst wenn einzelne Kantone den Lehrplan 21 nicht einführen sollten, sind sie verpflichtet, die mit dem Lehrplan 21 angestrebten Harmonisierungsziele zu erfüllen, wie dies der Bildungs­rahmenartikel in der Bundesverfassung festlegt.
Schon vor dem morgigen Freitag steht allerdings fest, dass der viel kritisierte Kern des Lehrplans 21 von den Erziehungsdirektoren nicht infrage gestellt wird: Der Lehrplan 21 legt Kompetenzen fest, die die Schülerinnen und Schüler in der Schweiz erfüllen sollen, nicht aber das Wissen, das sie sich dazu aneignen können. Die Erziehungsdirektoren der 21 Deutschschweizer Kantone haben den Rahmen der Überarbeitung begrenzt: Gegenüber dem Entwurf soll der Lehrplan um 20 Prozent gekürzt werden. Statt Mindestansprüche sollen Grundansprüche formuliert werden. Die Kompetenzen sollen weniger detailliert festgelegt, die Anforderungen in einigen Bereichen gesenkt und Einstellungen den Schülerinnen und Schülern nicht aufgezwungen werden.
Widerstand in vielen Kantonen
Im Kanton Baselland kann davon ausgegangen werden, dass es zu Volksabstimmungen über den Lehrplan 21 kommt. Der Landrat hat zwei Parlamentarischen Initiativen zugestimmt, mit denen die Kompetenz zur Einführung dem Parlament übertragen und die ­Einführung von Sammelfächern anstelle traditioneller Fächer wie Geografie, Geschichte oder Chemie verhindert wird. Ausserdem ist inzwischen die Volksinitiative der Starken Schule Baselland für den Austritt aus dem Harmos-Konkordat eingereicht. Der Widerstand gegen das Kompetenzenverzeichnis des Lehrplans im Kanton Baselland ist nicht aussergewöhnlich. In zahlreichen anderen Kantonen wehren sich Lehrkräfte oder politische Komitees gegen das Regelwerk. In den nächsten Jahren werden vielerorts dank den lancierten Initiativen Volksabstimmungen anstehen.
Speziell im Kanton Baselland ist die Polarisierung: Die SP profiliert sich als Anwältin des Lehrplans und verteidigt diesen schon heute gegen alle Widerstände. Im Landrat stellte sich die SP-Fraktion bisher stets geschlossen zusammen mit ihrem Bildungsdirektor Urs Wüthrich hinter den Lehrplan 21. Diese Links-­rechts-Polarisierung ist in den meisten anderen Kantonen weniger ausgeprägt.
Widerstand auch aus der SP
Auch mehrere prominente Sozial­demokraten greifen den Lehrplan 21 frontal an. Unter den Kritikern der ersten Stunde war bereits der Basler SP-Grossrat Daniel Goepfert, Mitglied der Gruppierung 550 gegen 550, die das heutige, erfolgreiche Schulsystem gegen die Reformpläne verteidigt. «In der Schule sollten Sachverhalte geklärt, nicht bequatscht werden», zitiert die Gruppierung den Basler SP-Grossrat. Letzte Woche hat SP-Ständerätin Anita Fetz nachgedoppelt: «Harmos in der heutigen Form ist gescheitert», schreibt die Baslerin in der Wochenzeitung Die Zeit. Das Fuder sei mit der Kompetenzausrichtung und mit viel bürokratischem Fleiss überladen worden. Fetz fordert «weniger pseudopädagogische Reformen und weniger Projektitis» und wendet sich «gegen Benchmarking-Gleichmacherei und andere der Wirtschaft abgeschaute Instrumente».
Mit Benedikt Weibel hat auch ein anderer prominenter Sozialdemokrat den Lehrplan 21 kritisiert. Unter dem Titel «Bildungspolitik auf Abwegen» kritisierte der frühere CEO der SBB in der Zeitung Schweiz am Sonntag die Abkehr von der Wissensvermittlung. Wissen sei entscheidend, schreibt Weibel und bedauert die bereits heute feststellbaren eklatanten Wissenslücken bei Studierenden. Er könne nicht folgen, wenn er im Lehrplan 21 etwa lese, Schülerinnen und Schüler müssten «ihr Leseverhalten und ihr Leseinteresse reflektieren».

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