Lehrplan 21, Harmos, geleitete Schulen,
Fremdsprachenunterricht in der Primarschule, Individualisierung - nur schon
diese wenigen Baustellen zeigen: Unsere Schulen kommen nicht zur Ruhe.
Forderungen von links bis rechts, unterschiedliche Vorstellungen, was denn nun
wichtige Lernziele sind, wie eine gute Schule aussieht oder welche Aufgaben
Lehrpersonen zu übernehmen haben, prägen die Diskussion. Das ist gut so. Schule
ist ein öffentliches Gut, die Qualität des Bildungswesens ist sowohl für die
Entwicklung der jungen Menschen wie auch für die Gesellschaft und die
Volkswirtschaft von zentraler Bedeutung. Es ist daher notwendig, die Eckwerte
unseres Bildungswesens intensiv und öffentlich zu diskutieren. Besser werden
ist nicht nur ein Ziel für Schülerinnen und Schüler, sondern auch für
Lehrpersonen und Schulen.
Verwirrung rund um die Grossbaustelle Schule, Bild: haertle.de
Grossbaustelle Schule, NZZ, 6.11. von Katharina Maag Merki
Schulen sind aber keine Selbstläufer. Schulen
können die an sie gestellten komplexen und oftmals auch widersprüchlichen
Aufgaben nur dann erfolgreich realisieren, wenn bestimmte interne und externe
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen erfüllt sind. Zudem zeigen viele Studien
im In- und Ausland: Eine erfolgreiche und nachhaltige Entwicklung von Schulen
erfordert ein optimales Zusammenspiel zwischen Politik und Praxis. Nicht ein
einziger Faktor ist zentral, sondern die Kombination vieler Faktoren. Welches
sind nun die wichtigsten Faktoren, die durch die Bildungsforschung gut belegt
sind? Zum einen zeigen viele Studien, dass erfolgreiche Schulen einen starken
Fokus auf den Unterricht und die Unterrichtsentwicklung sowie auf das Lernen
der Schüler legen. Damit dies möglich ist, braucht es ein unterstützendes und
wertschätzendes Schul- und Klassenklima, das auch die Partizipation durch die
Schüler und Eltern einschliesst. Ebenso zentral ist eine enge und auf Vertrauen
basierende Zusammenarbeit zwischen Schulleitung und Lehr- und Fachpersonen,
wobei die Schulleitung insbesondere darauf bedacht sein sollte, die Lehr- und
Fachpersonen in ihrem Kerngeschäft, dem Unterrichten und Fördern von Kindern,
zu unterstützen. Dazu gehören eine regelmässige Analyse der eigenen Stärken und
das Identifizieren von Verbesserungspotenzial, das Festlegen gemeinsamer Strategien
für die Unterrichts- und Schulgestaltung sowie das Suchen nach den besten
Lösungen vor Ort und das Schritt-für-Schritt-Verfolgen dieser Strategien.
Hierzu müssen die Rahmenbedingungen stimmen.
Zu den bedeutsamen schulexternen Faktoren zählen
zum andern sodann eine kompetente externe Unterstützung und Beratung durch
Fachpersonen sowie finanzielle Ressourcen. Diese Unterstützungen sind vor allem
auch für Schulen wesentlich, die besondere Herausforderungen zu bewältigen
haben, etwa, weil sie viele Kinder mit Migrationshintergrund oder aus
bildungsfernen Familien unterrichten. Ergänzend dazu sind schulexterne
Rückmeldesysteme wesentlich, die allerdings förder- und nicht
sanktionsorientiert ausgerichtet sind. Diese haben zum Ziel, den Schulen «von
aussen» relevante Informationen zur eigenen Schule, zum Unterricht und zum
Lernen der Schüler zu geben und eine verbindliche Qualitätsentwicklung der
Schulen einzufordern. Darüber hinaus sind transparente und fachlich konsistente
Regelungen notwendig, die klären, welche Kompetenzen Schulen bzw.
Schulleitungen sowie Schulbehörden in welchen Bereichen haben.
Ressourcen sind bereitzustellen
Was bedeutet dies nun für die Grossbaustellen?
Reformprojekte wie beispielsweise die Einführung des Lehrplans 21 können nur
dann für das Lernen der Schüler ertragreich sein, wenn es gelingt, die Arbeit
mit dem neuen Lehrplan in den einzelnen Schulen und Klassenzimmern zu
verankern. Hierzu müssen finanzielle Ressourcen bereitgestellt,
kontinuierliche, am besten vor Ort durchgeführte Weiterbildungen für
Lehrpersonen realisiert und muss die Professionalität der einzelnen Schule
insgesamt gefördert werden. Mit der Freigabe und der Einführung des neuen
Lehrplans alleine ist somit die Arbeit nicht zu Ende, sondern sie beginnt erst
richtig.
Schulen, die aufgrund der Zusammensetzung der
Schüler besonders herausgefordert sind, brauchen eine zusätzliche Unterstützung
in finanzieller und fachlicher Hinsicht. Programme wie QUIMS (Qualität in
multikulturellen Schulen) im Kanton Zürich zeigen, dass es so gelingen kann,
sowohl einen spezifischen Fokus auf das Lernen der Schüler wie auch auf die
professionelle Weiterentwicklung der Schulen zu legen. Das Programm QUIMS ist
ein guter Ansatz, den Schülern und ihren unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht
zu werden. Das erfolgreiche Meistern der Grossbaustellen erfordert damit immer
mindestens drei Dinge: den Blick auf die einzelne Schule, auf die Schüler sowie
auf die Politik. Eine nachhaltige Förderung der Schüler ist nicht möglich ohne
die Weiterentwicklung der Schule als ganzer. In dieser setzen sich die
Lehrpersonen und das ganze Fachteam intensiv damit auseinander, welches
optimale Unterrichtskonzepte sind, wie diese im Schulalltag realisiert werden
und wie die Schüler am besten lernen können. Und die Politik? Sie hat die dafür
notwendigen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen.
Katharina
Maag Merki ist
Professorin für Pädagogik an der Universität Zürich.
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