18. September 2014

Gerber tritt als Präsident der Zürcher Schulleiter zurück

Als Präsident des kantonalen Schulleiter-Verbandes war Peter Gerber an der Entwicklung des neuen Berufsbildes beteiligt. "Die Rolle der Schulleitungen ist heute etabliert", findet er.



"Nicht jeder gute Lehrer wird automatisch ein guter Schulleiter", Bild: Zürcher Unterländer

"Die Rolle der Schulleitungen ist heute etabliert", Zürcher Unterländer, 18.9. von Andrea Söldi


Als Peter Gerber vor 16 Jahren im Bülacher Sekundarschulhaus Mettmenriet Schulleiter wurde, gab es noch kein klares Stellenprofil. Im Kanton Zürich war er einer der Ersten in dieser Funktion. Ein Jahr später gründeten er und einige Kollegen den kantonalen Schulleiterverband, dem Gerber seitdem als Präsident vorsteht. Nun tritt er von diesem Amt zurück, bleibt jedoch Schulleiter sowie Mitglied des Verbandes. An der heutigen Generalversammlung wird voraussichtlich Sarah Knüsel, Schulleiterin der Primarschule Dorf und Volken, als neue Präsidentin gewählt.
Im Kanton Zürich haben die letzten Schulen erst vor wenigen Jahren Leitungen eingesetzt. Mit der neuen Funktion haben sich die Aufgaben der Lehrer und Schulpflegen stark gewandelt. Gegenüber dem ZU spricht Peter Gerber, der vor gut 30 Jahren als Lehrer begann, über die Entwicklung der verschiedenen Rollen.

Noch vor kurzem haben Schulen auch ohne Leitung funktioniert. Wieso braucht es diese heute?

Peter Gerber: Die Schule ist viel komplexer geworden. Es gibt mehr Fächer, mehr Lehrer pro Klasse, eine stärkere Mitwirkung der Eltern und Projekte wie zum Beispiel die Neugestaltung der dritten Sekundarstufe. Auch die Einführung des Lehrplanes 21 ist ohne Schulleitung undenkbar.

Welches sind Ihre Aufgaben?
Wir sind für die Qualität und Entwicklung des gesamten Schulhauses zuständig, sind sozusagen Experten in pädagogischen Fragen, führen Mitarbeitende, verwalten die zugeteilten Mittel und vertreten die Schule gegen aussen. Das Mettmenriet mit rund 500 Schülern gleicht einem kleinen bis mittleren Betrieb. Eine Schule leiten ist fast wie eine Firma führen.

Neuerdings können ja auch Personen ohne Lehrerausbildung Schulleiter werden. Wie sinnvoll ist das in Ihren Augen?
Eine Schule ist keine Büchsenfabrik. Meine Mitarbeiter arbeiten wiederum mit Menschen, nicht an Maschinen. Es braucht eine Affinität zur Institution und ein Verständnis für das System. Doch mit den nötigen Weiterbildungen halte ich es nicht für ausgeschlossen. Nicht-Lehrer müssen sich Kenntnisse über pädagogische Konzepte aneignen, so wie ich mich mit der Führungsfunktion vertraut machen musste. Nun könnte ich auch einer technischen Firma vorstehen, wenn ich einen technischen Leiter unter mir hätte, der für das Fachliche zuständig ist.

Ist Schulleiter eine gute Option für Lehrer, die etwas müde geworden sind, jeden Tag vor einer Klasse zu stehen?
Nicht jeder gute Lehrer wird automatisch ein guter Schulleiter. Und mit den Schülern hat man auch in dieser Funktion noch viel zu tun. Vor allem mit den schwierigen. Disziplinarische Probleme landen immer bei mir. Aber die Schüler klopfen auch an meine Tür, wenn sie Schwierigkeiten auf dem Pausenplatz haben oder mit den Eltern. Oder sie schimpfen über die Lehrer.

Schulleiter ist aber auch ein Stressjob, wie man hört.
Ja. Wenn noch ein Elternabend stattfindet, sind meine Arbeitstage gerne 13 oder 14 Stunden lang. Doch damit kann ich umgehen. Wichtig ist, dass man vom Lehrerteam und den Schulpflegen akzeptiert wird. Dann ist es ein sehr interessanter und abwechslungsreicher Beruf.

Früher waren Lehrer mehr Einzelkämpfer. Heute verstehen sie sich eher als Team, das ganze Schulhaus ist wichtiger geworden. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Ich finde das im Grossen und Ganzen eine gute Sache. Aber ich verstehe auch, dass sich ältere Lehrer zum Teil schwer tun mit den Veränderungen.

Plötzlich hatten sie einen Vorgesetzten vor der Nase.
Ja, das passte nicht allen. Früher gab es diese Hierarchie nicht. Auch die Rolle der Schulpflegen hat sich geändert.

Wie?
Früher war zum Beispiel die lohnwirksame Mitarbeiterbeurteilung (MAB) in ihrer Verantwortung, ebenso die Auf- und Abstufung von Schülern. Heute sind sie bei den MAB noch dabei, aber wir Schulleiter übernehmen eine führende Rolle. Doch es gibt immer noch Überschneidungen der operativen und strategischen Aufgaben. In Zukunft soll eine saubere Trennung stattfinden. Aber das ist noch ein langer politischer Prozess, der bestimmt zu Machtkämpfen führen wird.
Als Schulleiter übernehmen Sie doch auch viele Aufgaben und entlasten dadurch andere Beteiligte. Ist das willkommen?
Arbeit geben alle gerne ab, das stimmt. Aber ich musste mir jede einzelne Kompetenz erkämpfen. Das war manchmal schwierig.

Ein ziemlich einsamer Job?
Ja. Wir stehen zwischen Lehrern, Eltern und Schulpflegen. Wenn ich ins Lehrerzimmer komme, wird manchmal das Thema gewechselt.

Wie gehen Sie damit um?
Die schwierige Stellung war ein Grund, weshalb wir Schulleiter uns zu einem Verband zusammengeschlossen haben. Die Idee entstand 1998 bei einem Bier, nach einem langen Kurstag. Der soziale Aspekt ist im Verband sehr wichtig. Nach jedem Treffen gibt es einen Apéro, damit man sich gegenseitig kennen lernt. So ist es einfacher, bei einem Anliegen kurz den Kollegen im anderen Dorf anzurufen und sich auszutauschen.

Was für Aufgaben nimmt der Verband sonst noch wahr?
Sehr wichtig war es, ein Berufsleitbild zu erarbeiten, das unsere Aufgaben definiert. Dieses wurde nun vom Schweizerische Dachverband mit kleinen Anpassungen übernommen. Zudem sind wir Ansprechpartner für Behörden, Politik und Medien geworden. Vorher redete man vor allem über die Schulleiter. Heute weiss man, wohin man sich wenden muss.

Und wieso treten Sie nun zurück?
Wir haben viel erreicht: Unsere Rolle ist nun etabliert. Nun steht die Ära der Konsolidierung an. Das ist ein guter Zeitpunkt, um die Aufgabe in neue Hände zu legen. Das Amt war sehr aufwendig. Ich erhielt dafür keine zeitliche Kompensation. Es war sozusagen mein Hobby.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen