10. August 2014

Zwei linke Hände

Medienwirksam und begünstigt durch das Sommerloch, setzte sich eine Arbeitsgruppe der SPSchweiz um den Berner Nationalrat Matthias Aebischer am vergangenen Dienstag in Szene. An einer Medienkonferenz präsentierte sie ihre Forderungen für die Volksschule. Im Zentrum stand dabei ein flammendes Plädoyer für den Lehrplan 21 und dessen Kerninhalt: das individuelle, kompetenzorientierte Lernen.


"Diametral Widersprüchliches kommuniziert", Bild: Zwetschgenmann


Zwei linke Hände, NZZ, 9.8. von Jan Flückiger


Am Freitag nun, nur drei Tage später, sagt der Berner SP-Kantonalpräsident Roland Näf - selber Lehrer - der «Berner Zeitung», die individuelle, kompetenzorientierte Förderung verunmögliche den Lehrpersonen, ihrem Auftrag nachzukommen, die Schüler adäquat zu beurteilen. Näf und seine Kantonalpartei rufen deshalb die Berner Lehrkräfte zum zivilen Ungehorsam auf. In einem offenen Brief werden diese aufgefordert, auf eine Beurteilung der Schüler im Fach Französisch zu verzichten. Mit dem neuen Lehrmittel «Mille feuilles» sei das nicht möglich, heisst es darin.
Pikant dabei ist nicht nur, dass Näf und seine Kantonalpartei ausgerechnet ihrem eigenen Nationalrat in den Rücken fallen. Interessant ist auch, dass an der eingangs erwähnten Medienkonferenz just das nun kritisierte Lehrmittel «Mille feuilles» als positives Beispiel für das kompetenzorientierte Lernen erwähnt wurde. Dazu hatte man eigens eine Französischlehrerin und SP-Kommunalpolitikerin aus dem Kanton Solothurn eingeladen, die bereits mit diesem Lehrmittel unterrichtet und damit nur gute Erfahrungen gemacht habe.
Nun ist es durchaus ein gesundes Zeichen für die innerparteiliche Demokratie, wenn divergierende Meinungen möglich sind. Doch ob es dem Ziel der Sozialdemokraten dient, «die Partei der Lehrerinnen und Lehrer» zu werden (oder - je nach Lesart - zu bleiben), wie es Aebischer formulierte, wenn innerhalb von nur drei Tagen diametral Widersprüchliches kommuniziert wird?

Vielleicht sollte die SP solche Diskussionen künftig zuerst parteiintern führen, bevor sie an die Öffentlichkeit tritt - auch mit dem Risiko, dass das Sommerloch dann vorbei und die Aufmerksamkeit weniger garantiert ist. Andernfalls könnte der Eindruck entstehen, die Partei agiere in ihrer Kommunikation mit zwei linken Händen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen