Die Regierung stützt sich auf Umfragen unter Lehrkräften, Eltern und Lehrbetrieben, Bild: Keystone
Erste Regierung sagt "Non merci", Tages Anzeiger, 27.8. von Anja Burri
Der Entscheid des Thurgauer Parlaments, den
Französischunterricht aus der Primarschule zu streichen, sorgt in der ganzen
Schweiz für Debatten. Nun hat sich gestern zum ersten Mal eine Kantonsregierung
gegen das Frühfranzösisch ausgesprochen: Der Nidwaldner Regierungsrat empfiehlt
die dort hängige Fremdspracheninitiative der SVP zur Annahme. Er stellt sich
damit gegen den Fremdsprachenkompromiss der Konferenz der kantonalen
Erziehungsdirektoren. Publiziert werden soll der Entscheid voraussichtlich
heute – auf Deutsch und Französisch. Ebenfalls geplant ist die Veröffentlichung
eines Berichts, der die Situation rund um den Französischunterricht an der
Primarschule analysiert.
Das im April eingereichte SVP-Volksbegehren verlangt eine
Teilrevision des Nidwaldner Volksschulgesetzes. Demnach soll auf der
Primarstufe nur noch eine Fremdsprache statt wie heute Französisch und Englisch
unterrichtet werden. Die Nidwaldner Regierung will dem Englischunterricht den
Vorzug geben. Sie stützt sich dabei auf Umfragen unter den Lehrkräften, Eltern
und Lehrbetrieben. Die Lehrbetriebe beispielsweise stuften die Sprachkenntnisse
in Englisch als wichtiger ein als die Französischkompetenzen. Und die Eltern
und Lehrkräfte zeigten sich gegenüber dem Französischunterricht in der
Primarschule kritisch eingestellt. Die Urheber der Fremdspracheninitiative
machen vier Hauptargumente, die gegen das Frühfranzösisch sprächen, geltend:
Die Kinder seien häufig über- und die Lehrer zu stark gefordert, Deutsch als
Erstsprache dürfe nicht vernachlässigt werden, und schliesslich dürfe die
Primarschule nicht auf Kosten der Naturwissenschaften einseitig auf Sprachen
ausgerichtet sein. Diesen Punkten schliesst sich die Nidwaldner Regierung, die
aus je zwei SVP- und CVP- sowie drei FDP-Vertretern besteht, an.
Stärken statt Schwächen
Allerdings will sie nach eigenen Angaben das Französisch nicht
schwächen, sondern den Unterricht neu ausrichten: Die Regierung schlägt vor, in
der Orientierungsschule (Sekundarstufe) die Französischlektionen aufzustocken.
Zudem möchte sie alle Schüler zu einem Sprachaufenthalt in der Westschweiz
verpflichten. Am Ende der obligatorischen Schulzeit könnten die Nidwaldner
deshalb das gleiche oder sogar ein höheres Französisch-Niveau erreichen als die
Schüler in anderen Kantonen, ist die Nidwaldner Regierung überzeugt. Sie hofft,
dass man ihren Entscheid auch in der Westschweiz so interpretieren wird.
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