13. August 2014

Berner Schulamt verliert Übersicht

Man könnte meinen, die Schweiz sei ein durchorganisiertes Land. Ein durchorganisiertes Land braucht Beamte. Beamte kosten Geld. Doch manchmal reichen auch viele Beamte nicht aus. Die Stadt Bern zeigt, wie es bei uns nicht laufen sollte: Jede Gemeinde ist für eine saubere Schulplanung verantwortlich. Damit kann festgestellt werden, wie viel Schulraum benötigt wird. Gerade beim Kindergarten ist es dieses Jahr aber zu unerwarteten Problemen gekommen.

Provisorischer Kindergarten mitten im Freibad Marzili, Bild: SRF

Der Kindergarten im Marzilibad, SRF Regional, 11.8.
Den Überblick über die Anzahl neuer Schüler verloren, Rendez-vous, Radio SRF, 13.8. von Michael Sahli



Das augenfälligste Provisorium ist im Marzili. Dort haben die Behörden ein Häuschen auf dem Areal des Freibades zum Kindergarten umfunktioniert. Als Spielplatz dient ein Teil der Liegewiese, der mit einem Zaun umfriedet wurde.
Bruno Rufibach hat am Nachmittag seine Tochter hier zum ersten Mal in den Kindergarten gebracht. Er könne mit dem Provisorium leben, seine Tochter habe sogar Spass am Kindergarten im Freibad. Rufibach erwartet ein konfliktfreies Nebeneinander von Badegästen und Kindergartenkinder.
«Der Kindergarten ist ja sowieso vor allem am Morgen, wenn noch wenig Gäste im Bad sind», sagt Bruno Rufibach, der bald zum Präsidenten des Schulstandortes Marzili-Sulgenbach gewählt werden soll.
Noch im Frühling hat im Schulkreis Mattenhof-Weissenbühl grosser Notstand an Schulräumen geherrscht. Allein für fünf Kindergartenklassen mussten die Behörden Räume suchen. Die Lage war so unklar, dass die Schulkommission den Eltern einen Brief geschickt hat, sie sollten doch freie private Räume den Behörden melden.
Das Verhalten der Stadt sei unbefriedigend gewesen, sagt Stefan Schönenberger, der abtretende Präsident des Elternrates. «Die Stadt hat etwas geschlafen.» Schon ein Jahr zuvor habe man gewusst, dass die Schülerzahlen massiv ansteigen würden. Die Stadt müsse ihre Erhebungsmethoden ganz klar verfeinern.
Bei diesem Punkt hakt auch Claudia Luder von der Quartierorganisation Mattenhof-Weissenbühl ein. Die Stadt müsse ihre Prognose breiter abstützen, es gebe zum Beispiel genügend Immobilienfachleute, die Entwicklungen voraussähen. Zudem habe die Quartierorganisation die «ganz klare Forderung an den Gemeinderat, dass die Schulraumplanung strategischer wird».

Die Stadt müsse Schulraum und Landreserven bereit halten, um auf Enwicklungen reagieren zu können. Die Prognose von Schülerzahlen insbesondere der Kindergartenklassen sei enorm schwierig, sagt Irene Hänsenberger, die Leiterin des Städtischen Schulamtes. Man habe seit vier Jahren ein Instrument, um Schülerzahlen zu errechnen. Grundlage seien die Schülerprognosen, Geburtenzahlen und die Wohnbauentwicklung als Grundlage. Aber wer wann wo hinziehe, und in welchen Quartieren allenfalls grösse Generationenwechsel stattfänden, da fischten die Behörden immer in Dunkeln.

Das Schulamt will aber nun trotz der Schwierigkeiten die Kontakte zu den Schulen, zur stätischen Immobilienverwaltung, zu den Planern und Statistikern vertiefen, um nicht nächstes Jahr vor den gleichen Problemen zu stehen. Und bereits hat der Stadtrat Kredite für Modulbauten gesprochen, die auf nächstes Jahr aufgestellt werden können und die man für spätere Jahre als eiserne Raumreserve aktivieren kann.

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