Ob der neue Lehrplan in Baselland eingeführt wird, ist unsicher, Bild: Chris Iseli
Harmos-Gegner wollen erst nach Wüthrich-Rücktritt zuschlagen, Basellandschaftliche Zeitung, 13.8. von Leif Simonsen
Die Verunsicherung bei den Baselbieter Lehrern ist gross: Wann
kommt der umstrittene Lehrplan 21? Kommt er überhaupt? Die Kritiker gewinnen an
Boden – und die Harmos-Kritiker wollen gar Schlupflöcher im politischen System
nutzen, um ihre Ausstiegsinitiative durchzubringen.
Nachdem
die Aargauer Regierung eine Verschiebung des Lehrplans auf das Schuljahr
2020/21 beschlossen hat, bröckelt die angestrebte Harmonisierung der
Deutschschweizer Bildungslandschaft. Im Fokus steht jetzt der Kanton Baselland,
in dem die Kritik gegenüber des mehrere Hundert Seiten schweren Ungetüms
besonders gross ist – auch wenn der Lehrplan in der neuen Fassung gekürzt
worden ist. Der Bildungsdirektor Urs Wüthrich hat unlängst auf die Kritik der
Lehrer reagiert und in Aussicht gestellt, dass die Einführung des Lehrplans 21
um ein Jahr auf 2016/2017 verschoben wird. Das Komitee «Starke Schule
Baselland» hat eine Initiative für den Ausstieg aus dem Bildungskonkordat
Harmos lanciert und bereits genügend Unterschriften gesammelt, wie
Geschäftsführerin Saskia Olsson bestätigt.
Derweil
sieht sich der Basler Erziehungsdirektor auch nach dem Entscheid der Aargauer
nicht veranlasst, seinen Fahrplan zu ändern. «Ich bedaure, dass der Kanton Aargau
diesen Entscheid gefällt hat, weil wir einen grösstmöglichen einheitlichen
Bildungsraum anstreben», sagt Christoph Eymann zwar. Er halte aber am
Einführungstermin 2015 fest.
Abstimmung wird verzögert
Im
September wird der Baselbieter Bildungsrat tagen: Er wird letztlich darüber
entscheiden, wie es im Landkanton mit dem Lehrplan 21 weitergeht. Michael
Weiss, der als Lehrervereinspräsident dem Gremium angehört, räumt ein: «Es ist
komplex und es gilt, verschiedene Erwägungen zu machen.» Zum einen hält der
Lehrerverein bekanntlich den Einführungstermin im nächsten Jahr für verfrüht –
dies, zumal die definitive Fassung des Lehrplans noch gar nicht vorliegt.
Andererseits, so Weiss, müsse man Schritt halten mit der Umstellung auf sechs
Primar- und drei Sekundarschuljahre. Zum ersten Mal sind die sechsten Klassen
im nächsten Jahr nicht mehr niveaugetrennt – ein neuer Lehrplan ist also
zwingend. Weiss bringt nun den Vorschlag ins Spiel, den Lehrplan 21 für
diese Stufe schon im nächsten Sommer einzuführen. «Ansonsten müsste man einen
Übergangslehrplan entwerfen. Das wäre wiederum mit grossem Aufwand verbunden.»
Wüthrich
bestätigt, dass der Einführungstermin derzeit im Bildungsrat ein Thema ist.
Daneben seien aber auch inhaltliche Fragen zu diskutieren – wobei einige
Vorentscheide gefallen seien. Nicht zu rütteln sei am Fremdsprachenkonzept,
also der Einführung von Französisch in der 3. und Englisch in der
5. Klasse.
Weiss’
Vorschlag findet bei Wüthrich wenig Anklang: «Idealerweise wird die Umsetzung
als Gesamtpaket realisiert, wobei gemäss ursprünglichem Fahrplan für die
Sek I eine aufsteigende Implementierung vorgesehen ist.» Zur Spekulation
darüber, dass der Lehrplan 21 womöglich ganz versenkt wird, will er nichts sagen.
«Diese Entscheide werden in nächster Zeit von der Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz gefällt, und anschliessend beschliesst der
Bildungsrat über die Einführung im Kanton Baselland.» Den endgültigen Entscheid
über den Lehrplan 21, ja über den Baselbieter Verbleib im Bildungskonkordat im
Allgemeinen, wird Wüthrich dann wohl aus dem Ruhestand mitverfolgen müssen. Das
Komitee «Starke Schule» nämlich zögert die Abstimmung aus taktischen Gründen
heraus. «Wir wollen nicht, dass die Initiative unter dem jetzigen
Bildungsdirektor zur Abstimmung gelangt», sagt Olsson. Dies in der Hoffnung,
dass der Nachfolger Wüthrichs, der sein Amt im nächsten Sommer antritt, Harmos
kritischer gegenübersteht als der SPler.
Das
Zuwarten ist aus juristischer Sicht unbedenklich: «Die Unterschriften haben
keine Verfallsfrist, solange sie beglaubigt werden können», bestätigt der
Baselbieter Landschreiber Peter Vetter.
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