13. August 2014

Baselbieter Harmos-Gegner warten Rücktritt des Bildungschefs ab

Die eidgenössische Bildungsharmonisierung gerät ins Stocken. Nach der Ankündigung der Aargauer Regierung, die Einführung des Lehrplans 21 auf 2020 zu verschieben, wird auch im Baselbiet diskutiert. Bei den Harmos-Gegner wartet man vorerst den Rücktritt von Bildungschef Urs Wüthrich (SP) ab.

Ob der neue Lehrplan in Baselland eingeführt wird, ist unsicher, Bild: Chris Iseli

Harmos-Gegner wollen erst nach Wüthrich-Rücktritt zuschlagen, Basellandschaftliche Zeitung, 13.8. von Leif Simonsen


Die Verunsicherung bei den Baselbieter Lehrern ist gross: Wann kommt der umstrittene Lehrplan 21? Kommt er überhaupt? Die Kritiker gewinnen an Boden – und die Harmos-Kritiker wollen gar Schlupflöcher im politischen System nutzen, um ihre Ausstiegsinitiative durchzubringen.
Nachdem die Aargauer Regierung eine Verschiebung des Lehrplans auf das Schuljahr 2020/21 beschlossen hat, bröckelt die angestrebte Harmonisierung der Deutschschweizer Bildungslandschaft. Im Fokus steht jetzt der Kanton Baselland, in dem die Kritik gegenüber des mehrere Hundert Seiten schweren Ungetüms besonders gross ist – auch wenn der Lehrplan in der neuen Fassung gekürzt worden ist. Der Bildungsdirektor Urs Wüthrich hat unlängst auf die Kritik der Lehrer reagiert und in Aussicht gestellt, dass die Einführung des Lehrplans 21 um ein Jahr auf 2016/2017 verschoben wird. Das Komitee «Starke Schule Baselland» hat eine Initiative für den Ausstieg aus dem Bildungskonkordat Harmos lanciert und bereits genügend Unterschriften gesammelt, wie Geschäftsführerin Saskia Olsson bestätigt.
Derweil sieht sich der Basler Erziehungsdirektor auch nach dem Entscheid der Aargauer nicht veranlasst, seinen Fahrplan zu ändern. «Ich bedaure, dass der Kanton Aargau diesen Entscheid gefällt hat, weil wir einen grösstmöglichen einheitlichen Bildungsraum anstreben», sagt Christoph Eymann zwar. Er halte aber am Einführungstermin 2015 fest.
Abstimmung wird verzögert
Im September wird der Baselbieter Bildungsrat tagen: Er wird letztlich darüber entscheiden, wie es im Landkanton mit dem Lehrplan 21 weitergeht. Michael Weiss, der als Lehrervereinspräsident dem Gremium angehört, räumt ein: «Es ist komplex und es gilt, verschiedene Erwägungen zu machen.» Zum einen hält der Lehrerverein bekanntlich den Einführungstermin im nächsten Jahr für verfrüht – dies, zumal die definitive Fassung des Lehrplans noch gar nicht vorliegt. Andererseits, so Weiss, müsse man Schritt halten mit der Umstellung auf sechs Primar- und drei Sekundarschuljahre. Zum ersten Mal sind die sechsten Klassen im nächsten Jahr nicht mehr niveaugetrennt – ein neuer Lehrplan ist also zwingend. Weiss bringt nun den Vorschlag ins Spiel, den Lehrplan 21 für diese Stufe schon im nächsten Sommer einzuführen. «Ansonsten müsste man einen Übergangslehrplan entwerfen. Das wäre wiederum mit grossem Aufwand verbunden.»
Wüthrich bestätigt, dass der Einführungstermin derzeit im Bildungsrat ein Thema ist. Daneben seien aber auch inhaltliche Fragen zu diskutieren – wobei einige Vorentscheide gefallen seien. Nicht zu rütteln sei am Fremdsprachenkonzept, also der Einführung von Französisch in der 3. und Englisch in der 5. Klasse.
Weiss’ Vorschlag findet bei Wüthrich wenig Anklang: «Idealerweise wird die Umsetzung als Gesamtpaket realisiert, wobei gemäss ursprünglichem Fahrplan für die Sek I eine aufsteigende Implementierung vorgesehen ist.» Zur Spekulation darüber, dass der Lehrplan 21 womöglich ganz versenkt wird, will er nichts sagen. «Diese Entscheide werden in nächster Zeit von der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz gefällt, und anschliessend beschliesst der Bildungsrat über die Einführung im Kanton Baselland.» Den endgültigen Entscheid über den Lehrplan 21, ja über den Baselbieter Verbleib im Bildungskonkordat im Allgemeinen, wird Wüthrich dann wohl aus dem Ruhestand mitverfolgen müssen. Das Komitee «Starke Schule» nämlich zögert die Abstimmung aus taktischen Gründen heraus. «Wir wollen nicht, dass die Initiative unter dem jetzigen Bildungsdirektor zur Abstimmung gelangt», sagt Olsson. Dies in der Hoffnung, dass der Nachfolger Wüthrichs, der sein Amt im nächsten Sommer antritt, Harmos kritischer gegenübersteht als der SPler.
Das Zuwarten ist aus juristischer Sicht unbedenklich: «Die Unterschriften haben keine Verfallsfrist, solange sie beglaubigt werden können», bestätigt der Baselbieter Landschreiber Peter Vetter.


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