22. Juni 2014

Werkstattbericht zu Schulversuch

Seit 10 Monaten läuft der Schulversuch «Fokus starke Lernbeziehungen». Am Freitag erstatteten Bildungsdirektorin Regine Aeppli und Urs Meier, stellvertretender Chef des Volksschulamts, zusammen mit vier beteiligten Lehrerinnen einen ersten Werkstattbericht. Die Idee hinter dem Versuch ist einfach: Im Kindergarten und in der Primarschule unterrichten nur noch zwei Lehrpersonen eine Klasse. Diese übernehmen auch das Fach Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und die integrative Förderung (IF). DaZ- und IF-Fachpersonen haben nur noch beratende und unterstützende Aufgaben.
Ziel ist es, die Lernbeziehungen zu stärken, mehr Ruhe und Konzentration ins Klassenzimmer zu bringen und den Koordinationsaufwand zu senken. Alle bisher verstreut eingesetzten Ressourcen werden für die Regelklasse eingesetzt. Damit stehen durchschnittlich 140 Stellenprozente pro Klasse zur Verfügung. Teamteaching und Halbklassenunterricht werden in weit umfangreicherem Ausmass als bisher möglich. Damit können die Schüler individueller gefördert werden. Aepplis erstes Fazit: Der Aufwand ist am Anfang gross, aber er lohnt sich. Mit Willen und Überzeugung kann ein pädagogischer Mehrwert und mehr Zufriedenheit bei den pädagogischen Akteuren erreicht werden.
Mehr Zeit und mehr Ruhe dank weniger Lehrern, NZZ, 21.6. von Walter Bernet

Der Versuch läuft noch bis 2019 und wird einer wissenschaftlichen Evaluation unterzogen. Bis jetzt sind 5 Schulen mit 56 Klassen beteiligt, ab Sommer kommen weitere 4 Schulen mit 54 Klassen dazu. Eine dritte Staffel startet ein Jahr später. Dafür können sich Schulen noch bis im November melden. Das Ziel wären mindestens 200 teilnehmende Klassen. Warum sich die Schulen nicht um die Teilnahme reissen, ist am Freitag deutlich geworden aus den Berichten von Cornelia Battaglia, Schulleiterin in Wetzikon, Natalie Meienberg und Eva Durisch-Simioni, Klassenlehrerin bzw. Schulische Heilpädagogin in Schlieren, und Elsbeth Fässler, Projektleiterin für die Einführung des Schulversuchs in den 18 Klotener Kindergärten, nach den Sommerferien.
Je nach Voraussetzungen ist die Etablierung des Versuchs mit starken Eingriffen in bisherige Teamstrukturen verbunden. Kleinpensen müssen neu gebündelt werden, es kommt zu Abgängen, neue und bisherige Lehrpersonen müssen sich in harmonierenden Zweierteams finden. Das klappt letztlich nach den Aussagen der Beteiligten nur, wenn die Schule als ganze den Entscheid zur Teilnahme mitträgt. Ein sorgfältig gestalteter Teambildungsprozess zahlt sich aus, reicht aber noch nicht. Zusätzlich müssen die Kompetenzen der Lehrpersonen gestärkt werden. Dafür kann das Fachwissen der Heilpädagogen und der DaZ-Lehrpersonen angezapft werden, es ist aber auch gezielte Weiterbildung in den neu übernommenen Aufgabenbereichen nötig.
Ist das System einmal etabliert, wirkt es nach den bisherigen Erfahrungen der Beteiligten auf die ganze Schule beruhigend. Die Zuständigkeiten sind klarer, auch für die Eltern, das Kommen und Gehen im Klassenzimmer verringert sich, man hat mehr Zeit für den Unterricht und für das einzelne Kind. Im Klassenzimmer sinkt der Lärmpegel.

Eine Herausforderung stellt das veränderte Berufsbild der Schulischen Heilpädagogen dar. Sie arbeiten nicht mehr direkt mit den Kindern. Für Eva Durisch-Simioni ist es schwieriger, das fachliche Know-how indirekt über die Lehrkräfte in die Klassen zu transferieren, als direkt selber anzuwenden. Es brauche deshalb auf beiden Seiten Weiterbildung, um Überforderung zuvorzukommen. Die Hochschule für Heilpädagogik beobachtet die Veränderungen offenbar wohlwollend, aber genau.

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