14. Mai 2014

Wegwischen kritischer Beiträge

Die IG Kindgerechte Schule weist den Versuch einer totalen Bildungssteuerung durch die EDK zurück und verlangt eine vollständige Überarbeitung des Lehrplans in einem offenen Verfahren.



"Projekt stoppen und umfassend überarbeiten", Bild: Kindgerechte Schule

Stopp mit der unverantwortlichen Lehrplanhektik, IG Kindgerechte Schule, Hanspeter Amstutz, 13.5.


Der Zeitplan der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) sieht vor, den neuen Lehrplan trotz vieler offener Fragen bis im Herbst abschliessend zu überarbeiten. Bis Ende September sollen all die gewichtigen Einwände, die eine eingehende Prüfung verschiedener Lehrplanbereiche verlangen, in einem Schnellverfahren hinter weitgehend verschlossenen Türen erledigt werden. Auf generelle Kritik wie der Feststellung, dass aus einem ursprünglich einfachen Harmonisierungsprojekt eine detaillierte Steuerung des Bildungssystems entstanden ist, wird gar nicht eingetreten. Dieses Wegwischen kritischer Beiträge erachten wir als keine gute Voraussetzung für einen richtungsweisenden gemeinsamen Lehrplan für die Volksschule.  

Wir sind der Auffassung, dass die beim Lehrplan gewählte Form der Kompetenzsteuerung mit den Vorstellungen von einer inhaltlichen Harmonisierung der Bildung weit entfernt ist. Mit dem vorliegenden Lehrplanentwurf würde  in hohem Mass in die pädagogische Arbeit der Lehrpersonen eingegriffen und deren bisheriger Gestaltungsspielraum stark eingeschränkt. Sicher entspricht diese neue Stossrichtung nicht dem ursprünglichen Willen der Lehrerschaft. Wer ist denn beim Vorentscheid zugunsten eines Kompetenzenmodells schon davon ausgegangen, dass am Schluss ein 570-seitiger Lehrplan mit über 4700 Kompetenzzielen vorliegen würde? Das vorliegende Resultat befriedigt in keiner Weise und gleicht bezüglich der möglichen Folgen einer verschlossenen Blackbox mit vielen Unbekannten. Die Hoffnung, dass auf der Ebene der Kantone die grossen Korrekturen am Lehrplan noch durchgeführt werden könnten, ist absolut trügerisch. Vielmehr zeigt die EDK mit ihrem forschen Vorgehen, dass ihr eine umfassende Steuerung des Bildungswesens ein zentrales Anliegen ist, das keine längere Grundsatzdebatte erlaubt.
Aus diesen Gründen verlangen wir einen Marschhalt beim Zeitplan und eine breite Diskussion der Grundsatzfragen.

Wenig Verständnis haben wir für die Darstellung der D-EDK, dass die Lehrerschaft von Anfang an bestens in die Entwicklungsprozess eingebunden worden sei. Wie unterdessen bekannt ist, hätte der LCH einem Rahmenlehrplan den Vorzug gegeben, doch fand die Lehrervertretung für ihr Anliegen wie in vielen andern Fragen keine Mehrheit. Mit der Ablehnung eines Rahmenlehrplans und dem Einschwenken auf ein umfangreiches Reformprojekt, das nicht im Dialog mit der Lehrerschaft entwickelt werden sollte, nahm das Projekt eine neue Dimension an. Diese Abschottung des Lehrplanprozesses hatte zur Folge, dass das aktuelle Wissen der Lehrerschaft über das geplante Reformvorhaben im allgemeinen rudimentär ist. Dass unterdessen viel Kritik aus Lehrerkreisen zu vernehmen ist, zeigt klar, dass die wenigen, die im Bild sind, das gewählte Vorgehen missbilligen und eine grundlegende Überarbeitung des Lehrplans verlangen.


Die Interessengemeinschaft Kindgerechte Schule weist den Zeitplan der Deutschschweizer EDK zurück und erwartet, dass vor der definitiven Festlegung des Lehrplans die vielen offenen Fragen diskutiert und sorgfältig geklärt werden. Dazu zählen  die Überprüfung des Grundauftrags mit der Harmonisierung der Bildungsinhalte, eine vereinfachte Koordination über praxisnahe Grundkompetenzen und ein möglicher Verzicht auf ein aufwändiges Controlling mit seinen unabsehbaren Kosten. Wir erwarten, dass trotz grosser Vorleistungen der Lehrplangruppen das Projekt vorübergehend gestoppt und in einer Phase des offenen Dialogs eine umfassende Überarbeitung des Projekts vorgenommen wird. Nur so lässt sich eine teure Übung ohne ausreichenden pädagogischen Mehrwert vermeiden. 

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