"Projekt stoppen und umfassend überarbeiten", Bild: Kindgerechte Schule
Stopp mit der unverantwortlichen Lehrplanhektik, IG Kindgerechte Schule, Hanspeter Amstutz, 13.5.
Der Zeitplan der Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) sieht vor, den neuen Lehrplan trotz
vieler offener Fragen bis im Herbst abschliessend zu überarbeiten. Bis Ende
September sollen all die gewichtigen Einwände, die eine eingehende Prüfung
verschiedener Lehrplanbereiche verlangen, in einem Schnellverfahren hinter
weitgehend verschlossenen Türen erledigt werden. Auf generelle Kritik wie der
Feststellung, dass aus einem ursprünglich einfachen Harmonisierungsprojekt eine
detaillierte Steuerung des Bildungssystems entstanden ist, wird gar nicht
eingetreten. Dieses Wegwischen kritischer Beiträge erachten wir als keine gute
Voraussetzung für einen richtungsweisenden gemeinsamen Lehrplan für die
Volksschule.
Wir sind der Auffassung, dass die beim
Lehrplan gewählte Form der Kompetenzsteuerung mit den Vorstellungen von einer
inhaltlichen Harmonisierung der Bildung weit entfernt ist. Mit dem vorliegenden
Lehrplanentwurf würde in hohem Mass in die pädagogische Arbeit der
Lehrpersonen eingegriffen und deren bisheriger Gestaltungsspielraum stark
eingeschränkt. Sicher entspricht diese neue Stossrichtung nicht dem
ursprünglichen Willen der Lehrerschaft. Wer ist denn beim Vorentscheid
zugunsten eines Kompetenzenmodells schon davon ausgegangen, dass am Schluss ein
570-seitiger Lehrplan mit über 4700 Kompetenzzielen vorliegen würde? Das
vorliegende Resultat befriedigt in keiner Weise und gleicht bezüglich der
möglichen Folgen einer verschlossenen Blackbox mit vielen Unbekannten. Die
Hoffnung, dass auf der Ebene der Kantone die grossen Korrekturen am Lehrplan
noch durchgeführt werden könnten, ist absolut trügerisch. Vielmehr zeigt die
EDK mit ihrem forschen Vorgehen, dass ihr eine umfassende Steuerung des
Bildungswesens ein zentrales Anliegen ist, das keine längere Grundsatzdebatte
erlaubt.
Aus diesen Gründen verlangen wir einen
Marschhalt beim Zeitplan und eine breite Diskussion der Grundsatzfragen.
Wenig Verständnis haben wir für die
Darstellung der D-EDK, dass die Lehrerschaft von Anfang an bestens in die
Entwicklungsprozess eingebunden worden sei. Wie unterdessen bekannt ist,
hätte der LCH einem Rahmenlehrplan den Vorzug gegeben, doch fand die
Lehrervertretung für ihr Anliegen wie in vielen andern Fragen keine Mehrheit.
Mit der Ablehnung eines Rahmenlehrplans und dem Einschwenken auf ein
umfangreiches Reformprojekt, das nicht im Dialog mit der Lehrerschaft
entwickelt werden sollte, nahm das Projekt eine neue Dimension an. Diese
Abschottung des Lehrplanprozesses hatte zur Folge, dass das aktuelle Wissen der
Lehrerschaft über das geplante Reformvorhaben im allgemeinen rudimentär ist.
Dass unterdessen viel Kritik aus Lehrerkreisen zu vernehmen ist, zeigt klar,
dass die wenigen, die im Bild sind, das gewählte Vorgehen missbilligen und eine
grundlegende Überarbeitung des Lehrplans verlangen.
Die Interessengemeinschaft Kindgerechte
Schule weist den Zeitplan der Deutschschweizer EDK zurück und erwartet, dass
vor der definitiven Festlegung des Lehrplans die vielen offenen Fragen
diskutiert und sorgfältig geklärt werden. Dazu zählen die Überprüfung des
Grundauftrags mit der Harmonisierung der Bildungsinhalte, eine vereinfachte
Koordination über praxisnahe Grundkompetenzen und ein möglicher Verzicht auf
ein aufwändiges Controlling mit seinen unabsehbaren Kosten. Wir erwarten, dass
trotz grosser Vorleistungen der Lehrplangruppen das Projekt vorübergehend
gestoppt und in einer Phase des offenen Dialogs eine umfassende Überarbeitung
des Projekts vorgenommen wird. Nur so lässt sich eine teure Übung ohne
ausreichenden pädagogischen Mehrwert vermeiden.
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