Der Lehrplan 21 legt
für alle Deutschschweizer Schüler dieselben Lernziele fest. Dass dieses
Pionierwerk Diskussionen auslöst, war klar. Die Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) ist mit Forderungen, Lob und Kritik
eingedeckt worden.
Daraus
die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist anspruchsvoll. Die D-EDK will den
Lehrplan 21 entschärfen. Der in konservativen Kreisen umstrittene Begriff
für unterschiedliche Geschlechterrollen «Gender» soll gestrichen, moralisch
aufgeladene Themen wie Nachhaltigkeit oder Menschenrechte möglichst
neutralisiert werden. Statt von «Mindestanforderungen» ist künftig nur noch
von «Grundanforderungen» die Rede. Zudem wird das 550-seitige Werk um ein
Fünftel gekürzt. Mit diesen knallig tönenden Massnahmen will die D-EDK die
lautesten Kritiker besänftigen – ohne an den Grundprinzipien des
kompetenzorientierten Lehrplans zu rütteln.
Diese
Strategie ist falsch: Erstens dürfen zentrale Werte unserer Gesellschaft nicht
geopfert werden. Lehrer sind ausgebildete Pädagogen, denen wir zutrauen
können, die Themen angemessen zu behandeln. Nur eine politisierte Jugend wird
sich künftig wieder häufiger an Abstimmungen beteiligen. Dass gewisse Kritiker
sich so nicht besänftigen lassen, zeigt die Stellungnahme der SVP unter dem
Titel «Die D-EDK wurstelt weiter auf Kosten des Steuerzahlers».
Zweitens
behindern oberflächliche Begriffsdebatten die Diskussion um das Herzstück des
Lehrplans, die Kompetenzorientierung. Die Verschiebung weg von Wissensinhalten
hin zur Anwendung von Wissen werde das Bildungssystem schleichend, aber
nachhaltig verändern, sagen Wissenschaftler aus dem angelsächsischen Raum. Dort
gibt es die Kompetenzorientierung schon länger. Die Lehrergruppe «550 gegen
550» und einige Wissenschaftler verlangen deshalb eine öffentliche Diskussion.
Doch diese findet bisher kaum statt. Vielleicht, weil das Thema komplexer ist
als Gender-Bashing. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass die Kritiker
nicht an den Lehrplanarbeiten beteiligt sind. Sie werden von der Streichung des
Gender-Begriffes lernen: Wer laut genug schreit, wird gehört.
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