Will das momentane Parallelsystem verbessern: Gerold Lauber. Bild: Blick.
Schulbehörden auf Augenhöhe, NZZ, 26.4. von Natalie Avanzino
Der Zürcher
Stadtrat Gerold Lauber hält die zweigleisige Behördenstruktur im Zürcher
Schulsystem für grundsätzlich falsch. Neben Lauber, der dem Schul- und
Sportdepartement vorsteht, amten in den sieben Stadtzürcher Schulkreisen
zusätzlich Schulpräsidentinnen und -präsidenten. Am 18. Mai können die
Wahlberechtigten neben der 25-köpfigen Kreisschulpflege auch deren Präsidien
für die nächsten vier Jahre bestellen. Ginge es nach dem Gusto von
Schulvorsteher Lauber, wären es die letzten Wahlen dieser Art. In den
vergangenen Tagen liess er verlauten, er wolle sich von den überholten
Strukturen verabschieden und Wege zu einer handlungsfähigeren, effizienten
Organisation finden. Entsprechende Vorschläge will er in der nächsten
Legislaturperiode in die politische Diskussion einbringen. Tatsächlich sind in
den letzten Jahren ähnlich aufgestellte Behördenstrukturen erfolgreich
reformiert worden, allen voran die Zürcher Sozialbehörde.
Dominante
Sozialdemokraten
Das
nostalgisch anmutende Schweizer Milizmodell in der Volksschule hat schon viele
Angriffe überlebt. Bei Kommunikations- und Kompetenzgerangel im Stadtzürcher
Schulbetrieb gibt es regelmässig emotionale Diskussionen. Läuft etwas aus dem
Ruder, kommt am Ende meist Lauber in die Kritik, er habe seine Schulpflegen
nicht im Griff. Es ist allerdings so, dass der Schulvorsteher gegenüber den
Kreisschulpräsidenten nicht weisungsberechtigt ist. Bereits 2010 lieferte ein
von Lauber und der Präsidentenkonferenz in Auftrag gegebener Expertenbericht
Ideen zur Verbesserung des Parallelsystems. Der Bericht favorisierte eine
Schulbehörde ohne demokratisch legitimierte Kreisschulpflegen und deren
vollamtliche Präsidien, und er war für eine klare Trennung der Kompetenzen.
Eine Legislaturperiode hat Lauber seither verstreichen lassen, unternommen hat
er nicht viel. Festzuhalten ist, dass so umfassend, wie es der Bericht
suggerierte, demokratische Legitimation und Effizienz sich nicht ausschliessen
– sonst ginge es unserem Bildungswesen schlechter.
Bei der
jetzigen Besetzung der Schulpräsidien ist die Dominanz der Sozialdemokraten
augenfällig. Ist die SP, die zurzeit fünf der sieben Präsidien innehat, nur
wählerstark oder einfach alerter, wenn es um die Besetzung der Schulpflege
geht? Wo sind die Kandidaten der Bürgerlichen? Sind gewisse Parteien – wie etwa
die Grünliberalen – noch nicht so weit, entsprechendes Personal aufzustellen,
oder interessiert die Volksschule zu wenig? Wenn die Mitbestimmung im
Schulwesen kein drängendes Anliegen der Parteien sein sollte, dann ist das
System nicht mehr zeitgemäss und gehört abgeschafft. Demokratische Strukturen
funktionieren nur so gut, wie sich politisch motivierte Menschen finden lassen,
die sich einbringen und engagieren möchten. Glaubt man allerdings an die
politischen Kräfte in diesem Land, muss man am Milizsystem der Volksschule
festhalten. Die Möglichkeit des Einzelnen, mitzugestalten und nicht nur zu
beobachten, muss erhalten bleiben.
Fragwürdige
Zentralisierung der Macht
Es stellt
sich die Frage, ob es zeitgemäss ist, dass die Schulpflegen und deren Präsidien
von den Parteien aufgestellt werden. Ein durchlässigeres System wäre dem
Wettbewerb zuträglicher. Für eine mit 190 000 Franken Jahreslohn dotierte
Stelle liessen sich auch geeignete Kandidaten ohne Parteibuch finden. Eine
andere Frage ist, ob diese Machtkumulation, die eine einschneidende Änderung
ins Bildungswesen brächte, nicht bedenklich stimmen müsste. Lauber muss im
jetzigen System mit sieben Kreisschulpräsidenten um Lösungen ringen. Das ist
demokratisch orientierten Ansätzen zuträglicher als eine Zentralisierung der
Macht. Der Stadtrat würde bei der Abschaffung der Schulpflegen starke Gegenüber
verlieren. Es ist aber die Diskussion auf Augenhöhe, was die Schweizer
Demokratie ausmacht – und was unsere Volksschule braucht.
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