Weniger Lohn für Heilpädagogen, St. Galler Tagblatt, 23.3. von Barbara Hettich
Der Grosse Rat sehe in seiner derzeitigen Sparhysterie nur die
kurzfristigen Sparmöglichkeiten, schreibt Kantonsrat Christian Koch (SP,
Matzingen) in einem Leserbrief. Er bedauert, dass Regierungsrat und
Kantonsparlament mit der Besoldungsrevision den Lohn der Heilpädagogen
zurückgestuft haben. Dies werde sich rächen, denn bereits heute sei es
schwierig, offene Stellen zu besetzen, zumal in den Nachbarkantonen besser
bezahlt würde.
Antrag abgelehnt
In einem Antrag im Auftrag der SP-Fraktion hatte Koch im Februar vom
Kantonsrat gefordert, Lehrpersonen für schulische Heilpädagogik mit einer von
der EDK anerkannten Ausbildung sollen im Lohnband 6 (höchste Lohnstufe)
eingestuft werden, während für Lehrpersonen für schulische Heilpädagogik ohne
eine von der EDK anerkannten Ausbildung Lohnband 4 oder 5 gelten soll. Auf eine
Rückstufung von Lehrpersonen mit einer von der EDK anerkannten Ausbildung in
schulischer Heilpädagogik auf der Primarstufe von Lohnband 6 in das Lohnband 5
sei zu verzichten.
Diesem Antrag wollte der Grosse Rat mehrheitlich nicht folgen und lehnte
ihn ab. Es wurde argumentiert, dass mit 87 000 Franken Einstiegslohn (statt 93
000 Franken) ein Heilpädagoge immer noch mehr als ein Primarlehrer verdiene.
Zudem könnten Heilpädagogen, die schon angestellt sind, ihren heutigen Lohn
behalten.
Der zu tiefe Lohn werde dazu führen, dass Abgänge nicht ersetzt werden
können, ist Christian Koch überzeugt. Darunter hätten auch die
Klassenlehrpersonen zu leiden, welche auf Unterstützung der Heilpädagogen
angewiesen sind. Mittelfristig werde das System der Integration im Speziellen
und der sonderpädagogischen Massnahmen im Allgemeinen in Frage gestellt. Denn
auch bei den Arbeitsbedingungen sei der Kanton Thurgau nicht konkurrenzfähig.
Die Lektionen am Kind sind in den Nachbarkantonen tiefer. Wie andernorts im
Kanton setzt die Schule Kreuzlingen mit einem Förderprogramm auf Integration
und beschäftigt eine Anzahl Heilpädagogen auf Primar- und Sekundarstufe. «Bald
jede 10. Lehrkraft ist mittlerweile Heilpädagoge», sagt Jürg Schenkel,
Schulpräsident und Kantonsrat FDP, auf Anfrage. Heilpädagoge sei auch nach der
Rückstufung nach wie vor ein sehr attraktiver Beruf. 50 Prozent ihres Pensums
würden sie am Kind arbeiten, 50 Prozent stünden für Vor- und Nachbereitung zur
Verfügung und dazu gibt es 12 Wochen schulfreie Zeit im Jahr. Im Vergleich zu
anderen Berufen mit ähnlichen Qualifikationen würden sie sehr gut bezahlt, ist
Jürg Schenkel der Ansicht. «Im Vergleich zum Ausland haben wir in diesem
Bereich paradiesische Zustände», sagt er. Demnach befürchtet der Kreuzlinger
Schulpräsident keine Abwanderung? «Es werden vielleicht diejenigen abwandern,
die eh schon unzufrieden sind.»
Wer davon ausgehe, dass schlechtere Arbeitsbedingungen bei tieferem Lohn
die Entscheidung, wo eine Stelle angetreten wird, nicht berücksichtigt werde,
sei blauäugig, hält Christian Koch in seinem Leserbrief entgegen. In seinem
Antrag hatte er argumentiert, dass nach der vorgesehenen Rückstufung eine
ausgebildete Heilpädagogin nach 10 Dienstjahren im Kanton St. Gallen bei einem
100-Prozent-Pensum 850 Franken mehr pro Monat verdiene, im Kanton Zürich 1836
Franken.
Lohndifferenz zu gross
Regierungsrätin Monika Knill hatte im Grossen Rat die Ablehnung des
Antrags Koch empfohlen. Denn liesse sich das Rad zurückdrehen, hätte man der
Kategorie «Lehrpersonen für schulische Heilpädagogik» kaum die Einstufung im
höchsten Lohnband der Volksschulstufe, Lohnband 6, zugewiesen, sagte sie. Die
Erfahrungen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die Lohndifferenz
zwischen der Primarlehrkraft und der Lehrperson für schulische Heilpädagogik zu
gross sei. Auch nach der Rückstufung befinde sich der Schulische Heilpädagoge
noch immer zwei Lohnbänder über der Primarlehrkraft.
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