Der Bundesrat möchte die zweite
Fremdsprache in der Primarschule allen Kantonen aufzwingen. Die Begründung
gemäss Bundesrat Berset ist die Kohäsion der Schweiz (NZZ 11. 3. 14). Einmal
mehr wird also zulasten der Primarschüler Politik betrieben. Primarschüler sind
nicht nur für Integration, sondern nun auch für Kohäsion verantwortlich. Ist es
nicht fahrlässig, die Verantwortung für den Zusammenhalt der Schweiz auf
Primarschüler abzuschieben?
Ich war früher auch für Fremdsprachen
in der Primarschule - bis ich dies an den eigenen Kindern erlebte. Es ist in
keinem Verhältnis, mit welchem Aufwand Primarschüler zwei Fremdsprachen lernen.
Die Fähigkeiten nach mehreren Jahren Unterricht sind dürftig. Das ist aber auch
nicht weiter erstaunlich: Sie müssen Grammatik in Fremdsprachen lernen, bevor
sie diese in der Muttersprache wirklich verstehen. Gleichzeitig mangelt es auch
an entsprechend ausgebildeten Lehrpersonen.
Mit einem Sprachaufenthalt oder ein
paar Austauschwochen in höherem Alter würde innert kürzester Zeit das bessere
Resultat erzielt. Das Kennenlernen der Sprachregion würde zudem den
Zusammenhalt wirklich fördern und die Freude an der Sprache wecken. Dies diente
der Kohäsion weit mehr als eine gehasste Fremdsprache in frühen Jahren. Mit
weniger Fremdsprachen bliebe in der Primarschule wieder etwas mehr Raum für die
wesentlichen Grundlagen: Mathematik (Kopfrechnen!) und Muttersprache. Es wäre
an der Zeit, dass in der Bildungspolitik wieder an die Interessen und Ziele der
Kinder gedacht wird. Weniger ist oft mehr - was auch für den Lehrplan 21 gilt.
Reto Fehr, Oberrieden
Alain Berset will die Kantone dazu
verpflichten, an der Primarschule zwingend zwei Fremdsprachen zu unterrichten.
Französisch dürfe nicht aus der Primarschule gekippt werden, weil sonst der
nationale Zusammenhalt gefährdet sei. Davon kann aber keine Rede sein, da
Französisch ja weiterhin unbestritten zum Grundangebot jeder Schule gehören
wird. Die Fixierung Bersets auf die Primarschule ist unangebracht, denn
Primarschüler lernen weniger schnell als Oberstufenschüler. Es ist unsinning,
wenn haltlose staatspolitische Begründungen bemüht werden, um pädagogische
Argumente zu verdrängen. Der Fremdsprachenunterricht ist für die Kinder und
nicht für den Staat.
Die Drohungen des Kulturministers
sollen angesichts der Angriffe auf zwei Primarfremdsprachen die Reihen im
Harmos-Konkordat schliessen. Doch es handelt sich um leere Drohungen: Die
Mehrheit der Deutschschweizer Kantone macht bei Harmos gar nicht mit. Und dies
mit gutem Grund: Was uns Harmos mit seinem Sprachenchaos vorlegt und woran
Berset unbedingt festhalten will, ist alles andere als die Umsetzung des
Volkswillens.
Urs Kalberer, Malans
Quelle: NZZ, 17.3.
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